Waterland - Graham Swift

  • (dt. "Wasserland"; die deutsche Ausgabe ist leider derzeit nicht mehr lieferbar und nur noch gebraucht erhältlich)


    Inhalt
    (von amazon)
    An einem strahlenden Sommertag im Jahre 1943 findet Henry Crick, Schleusenwärter an einem Fluß in den Marschen East Anglias, die Leiche eines 16jährigen Jungen. Das Ergebnis der offiziellen Untersuchung: Freddie Parr wurde Opfer eines tragischen Unfalls. Tatsächlich hängt sein Tod aber mit Vorgängen um Henry Cricks Sohn Tom und dessen schwangerer Freundin Mary zusammen, beide auf verhängnisvolle Weise schuldig und unschuldig zugleich ...
    Fast vierzig Jahre später wird Tom Crick, Lehrer für Geschichte, seine überraschten Schüler auffordern, Bücher und Hefte beiseite zu legen, und ihnen Geschichten erzählen:
    von den Marschen, von den Cricks und den Atkinsons, einfache Arbeiter die einen, Vertreter der aufstrebenden Bourgeoisie die anderen. Und schließlich von jenem verhängnisvollen Sommertag im Jahre 1943.


    Über den Autor
    (bei wiki herausgekramt)
    Graham Swift wurde 1949 in London geboren. Er studierte in Cambridge und York. Zentrale Themen seiner Werke sind Funktionen der Erinnerung und die Verknüpfung von persönlicher Erinnerung und Weltgeschichte. Besonderes Merkmal dabei ist die achronologische Erzähltechnik und der Einsatz eines unreliable narrators. Viele seiner Romane handeln unmittelbar oder mittelbar vom Zweiten Weltkrieg. 1996 erhielt er für seinen Roman "Letzte Runde" den Booker-Preis.


    Meine Meinung


    uaaahhhh, jetzt weiß ich, warum es bei mir so lange subbte - das ist ein Buch, mit dem einen nur eine Literatur-Professorin traktieren kann... :lache
    (Das Seminar hieß übrigens "History in Literature", soweit ich mich noch erinnern kann, ist doch schon eine Weile her).


    Das Buch spielt auf mehreren Zeitebenen, verbindet mehrere Handlungsstränge, die aber zeitlich aufeinander folgen.
    Der aktuellste (und eine Quasi-Rahmenhandlung) ist die Entlassung Tom Cricks in seinen 50ern als Lehrer. Offiziell aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen (Geschichte als Fach lohne sich nicht mehr, sei nicht mehr zeitgemäß im Vergleich zu Naturwissenschaften), inoffiziell wohl weil seine Ehefrau Mary nach einer Säuglingsentführung in der Psychiatrie ist.
    In einer letzten Unterrichtsstunde erzählt er seinen Schülern aus seinem Leben, aus der Geschichte der Umgebung, den fenlands, den Marschen Englands, und der Geschichte seiner beiden Herkunftsfamilien, den Cricks und den Atkinsons. Einen großen Raum nehmen dabei zwei Schilderungen aus Toms Jugend ein: der Tag, an dem er erfährt, dass seine Jugendliebe Mary ungewollt schwanger ist, und der Tag, an dem ein Schulfreund tot in der Schleuse des Flusses aufgefunden wird und er den Unfall als Mord aufklärt.


    Swift dröselt all diese Geschichten auf und setzt sie in nicht-chronologischer Folge neu zusammen, verbindet sie aber kunstvoll miteinander, z.T. auch durch kleine Exkurse in Geografie-, Technik- und Naturgeschichte, über Chroniken der Gegend und der zwei alteingessenen Familien Atkinson und Crick. Anfangs wirkt das noch skurril, mit der Zeit fand ich es aber etwas ermüdend. :-(


    Ich stehe dem Buch etwas zwiegespalten gegenüber. Ich mag Swifts Stil, ich war begeistert von den eingeflochteten Gedanken über Geschichte, und grundsätzlich finde ich die Idee für die Grundkonstruktion des Romans auch sehr originell.
    Trotzdem war es streckenweise eine zähe Lektüre; einige Handlungsabläufe schienen mir unglaubwürdig; einiges an Erzähltem stieß mich ab.


    Für mich ist es ein experimentelles Buch, mehr zum Durcharbeiten und Drüber-Meditieren geeignet denn als Unterhaltung.
    Wer sich gerne Gedanken über Geschichte macht, und experimentelle Romane mag, wird es aber sicher gerne lesen.

  • Vielen Dank für deine Rezension! Mich hast du jedenfalls sehr neugierig gemacht und für Buch-Experimente bin ich auch immer zu haben. Deswegen kommt es gleich mal auf die Wunschliste :grin


    Eine Frage noch: Sind diese Exkurse in Geografie-, Technik- und Naturgeschichte sehr speziell, ich meine, muss ich davon etwas verstehen um die Exkurse zu verstehen oder sind sie selbsterklärend? Ansonsten würde ich es mir doch nochmal überlegen. :gruebel

  • Mir ging es auch so, dass Graham Swift mir manchmal zu umständlich, oft sogar langatmig schreibt. Trotzdem interessieren mich seine Themen und sein Stil. Und bei den verfilmungen seiner Bücher habe ich dagegen nie Probleme.
    Der Film Waterland von Stephen Gyllenhal mit Jeremy Irons und Ethan Hawke von 1992 setzt Swifts Zeitsprünge und seinen Erzählstil ganz gelungen um.


    Bei der Verfilmung des Graham Swift Romans Last order (dt. Letzte Runde) mit Bob Hoskins, Ray Winstone und Michael Caine ging es mir ganz genauso.


    Ein Autor, dessen Literaturverfilmungen mir besser gefallen als seine Bücher: Das ist selten.

  • @ SueTown


    Die Exkurse sind selbsterklärend, kein spezielles Hintergrundwissen erforderlich. Besonders bizarr fand ich den Abriß zur Geschichte der Forschung auf dem Gebiet "wie pflanzen sich Aale" fort... :wow :lache


    @ Herr Palomar


    Interessant zu lesen war es auf jeden Fall!
    Mir war doch so, als gäbe es einen Film dazu - danke für den Hinweis, werd ich mir bei Gelegenheit mal anschauen! :wave

  • Habe es vor ca. 20 Jahren zu lesen begonnen unter dem deutschen Titel "Wasserland" und es gehört zu meinen ganz wenigen Büchern (ich glaube es waren bis jetzt 3-4), die ich abgebrochen habe, weil es mir zu langatmig war und ich nicht und nicht weiterkam. :wave