yeah... wer diese zeitungen liest, kann auch mit dem hexenhammer
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yeah .. wir wissen das, obwohl wir das Zeug nie anfassen.
Aber, mal ehrlich, platte Hetzschriften sind sich alle ähnlich. Rund um den Globus.
magali
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Seid wann muß man die BILD Zeitung anfassen um sie zu lesen? Das geht in der Straßenbahn oder im Zug problemlos über drei Sitzreihen weg..
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Danke, Magali für Deinen Kommentar!
Du hast so treffende Worte gefunden und damit meine letzten Zweifel beseitigt. Das Buch kommt heuer noch dran, weil mich diese Gedankenwelt unserer Vorfahren schon immer fasziniert hat. Ich habe 2008 auch ein sehr gutes Buch zu dem Thema von Lyndal Roper mit dem Titel "Hexenwahn" gelesen. Sie beschreibt den geistigen Hintergrund sehr gut und weniger die grausigen Details, obwohl mir die, die sie geschildert hat, schon mehr als genug waren.
Da paßt nun "Der Hexenhammer" ganz gut dazu.Danke, Beowulf, für Deine Ausgabe-Empfehlung. Ich hab sie mir schon notiert. Deine Rezi dazu hat mir sehr gut gefallen. Jetzt weiß ich auch, worauf ich mich zeitlich einstellen muss. Wenn Du, als begnadeter Vielleser, nur ein paar Seiten pro Tag geschafft hast, wird mir nicht mal das gelingen, und ich kann mich gleich auf eine längere Beschäftigung mit dem Buch gefaßt machen.
Deine Art die BILD Zeitung zu lesen, finde ich ausgesprochen originell! Ich mach das bei uns in Österreich hin und wieder mit der Kronen-Zeitung so. -
drei sitze weiter... dafür seh ich zu schlecht: ach, man wird zwar angeblich davon besudelt, womit man umgeht, aber ich blättere gelegentlich mit spitzen fingern darin, denn großmuttern hat es ob des handlichen formats (Krone, definitiv nicht Bild) abonniert...
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Das kommt von relata dictu: anekdoten, die herum sind, werden einem oft bei nacherzählung zum verhängnis, demzufolge dringends nötige historische berichtigungen:
Der Mann, der einst mit Erzherzog Sigismund über kreuz kam war http://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_von_Kues - wie man am link sieht, war selbiger 1484 bereits verstorben
einer der helden des Innsbrucker hexenprozesses, gegen den der EHZ nix einzuwenden hatte, und dem eiferer Insistoris schon zu beginn skeptisch gegenüber stand war demnach Georg Golser: http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Golser
Im sommer 1484 begann der bereits aus anderen bistümern einschlägig bekannte Dominikaner Insistoris trotz starkem skeptizismus von Golser in tirol seine hexenpredigten zu halten, im august in Innsbruck, was zum einlangen von vorwürfen gegen über 50 personen führte (nur 2 männlich)
Die frau, die des liebeszaubers am erzherzog beschuldigt aber nicht verhaftet wurde, und dem ganzen politische dimension gab, war Anna Spießin aus Hall, tochter des Ratsherrn Sigmund Seng, ex-geliebte des EHZ.
Die sieben Innsbrucker angeklagten, Barbara Selachin, Barbara Hüfeyes, Rosina Hochwartin, Barbara Röslin, Agnes Sneiderin, Barbara Pfliegl und Helena Scheuberin wurden weil erreichbar von Insistoris sofort und widerrechtlich festgesetzt, und vor gericht gezerrt.
Barbara Selachin die öffentlich verfluchungen aussprach und schadenszauber wirkte, war per definition tatsächlich hexe; die aufmüpfige Helena Scheuberin, die Insistoris nach der ersten predigt beschimpfte, und bei seinen späteren predigten demonstrativ die kirche verliess, sobald er die kanzel betrat, und andere angeblich zum glaubensabfall - dem verlassen der kirche - anstiftete war diejenige, die Insistoris zum Hauptopfer erkor, und der er während dem prozess unziemliche fragen nach ihren sexuellen vorlieben stellte, was dem bischöflichen Kommisar und verhandlungsleiter Christian Turner zur unterbrechung des verfahrens veranlasste, damit Insistoris seine fragen nach priorität ordnete, in der pause trat ein rettender ritter auf das parkett, der jurist und arzt Johann Merwais von Wendingen (der Insistoris vermutlich als geistig abnorm erkannte) der sich von Helena Scheuberin und den anderen 6 angeklagten die vollmachten unterschreiben liess und vom gericht als verteidiger zugelassen wurde, und nach der pause nicht nur wegen verfahrensfehlern eine nichtigkeitsbeschwerde einlegte und die sofortige freilassung der angeklagten sondern auch die verhaftung von Insistoris selbst forderte, der prozeß wurde vertagt, der 31. okt. sah die eskalation des streites zwischen Insistoris und von Wendingen sah, letzterem wurde in den ersten beiden punkten recht gegeben, die nötige verhaftung und aufbewahrung Insistoris blieb jedoch aus... Der unermüdliche hexenjäger, der dachte, einen interessanten claim in malerischer umgebung gefunden zu haben (inquisitoren leben finanziell von schuldig gesprochenen opfern) liess sich trotz der aufforderung durch Golser nicht dazu erweichen, das land zu verlassen, erst die androhung von gewalt seitens der verwandten der beschuldigten frauen, von denen Insistoris zuvor seine unkosten einfordern wollte und ein erhebliches geldgeschenk durch den münzreichen EHZ beschleunigte die abreise.
ABER:
Der misserfolg spornte Insistoris an und das großzügige geldgeschenk ermöglichte ihm erst die veröffentlichung seines Hexenhammers. Da es in Tirol keine zauberei-prozessgebung gab, und man Insistoris zumindest für leicht verrückt hielt, beauftragte der EHZ seinen trabanten Ulrich Molitoris mit der verfassung einer eigenen abhandlung über magie, die dem weltlichen tiroler gericht in späteren prozessen als leitfaden diente. Obwohl sie den tatbestand der hexerei (die bislang in tirol ident mit giftmischerei war) als todeswürdiges verbrechen erkannte, erkannte sie auch den hexenflug und die teufelsbuhlschaft als produkt von träumen, und erklärte die zeugung von 'dämonenkindern' aus medizinsichen gründen für unwahrscheinlich.Der Prozeß von Cavallese, der 1501-1505 nach dem schema Molitoris stattfand, und gegen die als Hexer verschrieenen bewohner des Fleimstales geführt wurde, sah die ermordung aller angeklagten vor, betroffen waren männer und frauen, 20 von ihnen wurden verbrannt, die anderen ertränkt oder beid er folter ermordet... ausgelöst wurde die geschichte von einem gefolterten wandernden naturheiler Giovanni delle Piatte von Altei, der schon einmal von der obrigkeit aus dem tal verbannt, gefasst und nach seinen komplizen befragt worden war...
:wowes steht zum befürchten, dass es sich bei den opfern im Fleimstal sowie einiger der nachfolgenden hexenprozesse um angehörige von perchtengruppen handelt, die ähnlich wie die in ihrem gerichtsgebahren glücklicheren Benandanti (denen man abnahm, naive zaubernde bauern auf der seite des guten zu sein) mit tiermasken und wetterzaubern versuchten unwetter und unglück verursachende böse geister von ihrem tal ins nachbartal zu treiben... einen wunsch, den Molitoris genau wie Insistoris als todeswürdig erachtete...
ich hoffe, ich konnte dienen, Kirsten
prozesse nachzulesen hier: