What Jane Austen Ate and Dickens Knew - Daniel Pool

  • Das Buch mit diesem faszinierenden Titel, erstmals erschienen 1993, ist ein kulturgeschichtliches Lexikon für all die Dinge des täglichen Lebens, die in englischen Romanen des 19. Jahrhunderts erwähnt werden und heutigen Leserinnen und Lesern fast völlig fremd sind. Der Untertitel sagt es genauer:
    From Fox Hunting to Whist - the Facts of Daily Life in 19th Century England.


    Da geht es ums Geld, wieviel Shilling hat ein Pfund? Was ist eine Guinea? Man erfährt alles über die höfliche Anrede oder wer den höheren Rang hat, ein Earl oder ein Viscount?
    Man wird aufgeklärt über das Schulwesen, die Church of England, die Regeln des Kartenspiels Whist. Wer sich immer wieder gefragt hat, was dieser ‚Sack’ ist, den die Personen eines Romans im Glas haben, wird nun informiert, daß es sich um einen trockenen Weißwein handelt, aus Spanien oder von den Kanaren, wogegen ‚Port’ ein süßer portugiesischer Rotwein vornehmlich für die Gentlemen war, während das Bier ‚Porter’ durchaus beide Geschlechter genießen konnten.
    Damenkleider werden erklärt, ‚Frock’ (immer hinten geknöpft) oder ‚Pelisse’ (ein dreiviertellanger, ärmelloser Umhang) und ‚Pinafore’ (ein Schurz), die Beinamen von Häusern, wie ‚Court’, ‚Grange’ und ‚Hall’, es gibt eine Liste der Feiertage und der beliebtesten Kartenspiele. Ein kleines Kapitel schildert sehr anschaulich Gesellschaftstänze und Tanzgepflogenheiten.
    Wie lebten Gouvernanten, welches waren die Aufgaben eines Butlers, was ist der Unterschied zwischen ‚Housemaid’ und ‚Parlourmaid’? Manieren und Dienstboten, die englischen Landschaften, die Bedeutung von Oxford und Cambridge, Polizei und Straßenbeleuchtung, der Zustand der Straßen in London, das Buch läßt kaum eine Frage offen.


    Zwei Drittel des Buchs bestehen aus kurzen beschreibenden Kapiteln zu Einzelthemen, wobei jeweils Bezug genommen wird auf die Romane, aus denen die Ausdrücke stammen. Das letzte Drittel enthält ein Glossar, in dem man die einzelnen Stichworte von A bis Z nachschlagen kann. Dazu kommt ein Literaturverzeichnis mit all den kulturgeschichtlichen Titeln, die der Autor, Jurist und offenbar passionierter Romanleser wie Privatforscher in Sachen Alltagsgeschichte, durchstöbert hat, um das vorliegende kleine Lexikon zu schreiben.


    Das gesamte Material stammt aus den Romanen von Austen, den Brontes, Trollope, Dickens, Hardy, George Elliott und einigen mehr. Der Schwerpunkt liegt auf der Zeit ab 1840, also dem, was man als ‚Viktorianisch’ bezeichnet.
    Was fehlt, ist natürlich all das, was in den Romanen nicht erwähnt wird, es ist keine umfassende Kulturgeschichte. Es soll dem Verständnis der Romane und Erzählungen aus der Zeit dienen, es ist eine Sittengeschichte Englands nach den Romanen, nicht nach dem Leben.
    Eine Handvoll zeitgenössischer Abbildungen runden es ab.


    Geschrieben wurde es für ein US-amerikanisches Publikum, was sich in einigen wenigen Vergleichen mit amerikanischen Gegebenheiten zeigt, das Buch aber gerade für Nicht-Engländer so nützlich macht.
    Leider ist es nie übersetzt worden, obwohl es auch hierzulande sicher genügend AnhängerInnen des viktorianischen Romans gibt. Ein schönes, informatives und immer wieder spannendes kleines Nachschlagewerk, das ungemein hilft, die doch recht fremde Lebensweise einer längst vergangenen Zeit besser zu verstehen.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Ich wurde heute gefragt, was ich mir dieses Jahr zum Geburtstag wünsche, verbunden mit einem kleinen Wink mit dem Zaunpfahl, dass ich mir doch mal neue Schuhe kaufen könnte. :gruebel


    Ich glaube, ich hab da gerade eine bessere Idee...! :-]

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)