Sturmwarnung – Joe R. Lansdale

  • Verlag Shayol, 166 Seiten, broschiert, 2005


    Originaltitel: The big blow
    Übersetzt von Hannes Riffel


    Kurzbeschreibung
    Das 20. Jahrhundert ist noch kein ganzes Jahr alt, da bahnt sich vor der Ostküste der USA eine Katastrophe an, die als »Sturm des Jahrhunderts« in die Geschichte eingehen wird ... Auf der kleinen Insel Galveston, nur wenige Meilen vor Houston (Texas) im Atlantischen Ozean gelegen, geht der Alltag seinen gewohnten Gang. Nur der junge farbige Boxer »Li'l Arthur« will sich nicht mit den festgefahrenen Verhältnissen abfinden: Er trainiert, um sich in einer von den Weißen dominierten Welt nach oben zu kämpfen. Und er hat den Pokal des örtlichen »Sporting Club« gewonnen, eine Schmach, die die guten Bürger der Insel nicht auf sich sitzen lassen können. Sie bezahlen den berüchtigten Schläger John McBride, den »Nigger« ein für allemal fertig zu machen. Doch sie haben die Rechnung ohne den Tornado gemacht, der am Horizont aufzieht ...


    Zum Autor:
    Joe R. Lansdale hat über ein Dutzend Romane und zweihundert Stories in den Genres Krimi, Horror und Western verfasst und mehrere Anthologien herausgegeben. Er wurde mit dem British Fantasy Award, dem American Mystery Award, dem Edgar Award und sechsmal mit dem Bram Stoker Award ausgezeichnet. Er lebt mit seiner Familie in Nacogdoches, Texas.


    Meine Meinung:
    Der Verlag Shayol hat sehr gute Arbeit mit diesem Kurzroman des texanischen Autors gemacht. Es ist liebevoll illustriert (von Marcus Rössler) und insgesamt schön gestaltet.
    Auch die Übersetzung erscheint mir sehr gelungen.
    Lansdale kraftvoller Ton und seine manchmal auch rüde Sprache sind erhalten geblieben.
    Dieser Stil ist sehr gut lesbar, die Geschichte ist zudem spannend. Gelungenes Material für einige Stunden Lesesfutter fast am Stück.


    Eine frühere Fassung von der Geschichte ist in einer Anthologie erschienen. Lansdale hat Sturmwarnung aber noch überarbeitet und ergänzt.


    Es geht nicht nur um einen real belegten Sturm, der im Jahr 1900 zu einer Katastrophe in der Stadt Galveston führte, sondern ganz zentral auch um einen Boxkampf zwischen einem schwarzen und einem weißen Boxer. Die Hintermänner, die den weißen Schläger John McBride engagierten, haben rassistische Gründe. Der stolze schwarze Boxer Lil´Arthur sucht die Antwort im Kampf. Die Kämpfe zu dieser Zeit waren brutal. Der Autor beschreibt sie glaubwürdig.
    Lil´Arthur wird später ein bekannter Boxer sein, dessen Name auch heute noch bekannt ist. Den Namen verrate ich aber nicht, da heißt es selber lesen.


    Der Hurrikan führt zu einer Katastrophe. Die Stadt Galveston wird zerstört. Es gibt viele Todesopfer. Viele kurze Kapitel führen eine Vielzahl von Figuren ein. Lansdale ist ein Meister darin, Personen kurz aber eindringlich einzuführen. Und immer schafft es Lansdale nicht nur den äußeren, sondern auch den inneren Sturm der handelnden Personen zu zeigen.


    Ich finde Sturmwarnung fast genauso gut wie Lansdale Meisterwerk Die Wälder am Fluß.
    Der Shayol-Verlag in Berlin hat weitere Romane von Joe R.Lansdale herausgebracht. Ich werde sicherlich noch weitere davon lesen.

  • Danke für die Rezi. Über den Galveston-Hurrikan gibt es ja auch von Erik Larson ein Buch mit Titel "Isaacs Sturm", was mich sehr bewegt hat. Insofern würde mich eine andere Sichtweise auf diese Naturkatastrophe interessieren. Jedoch bin ich mir nicht sicher, ob hier der Boxkampf zu sehr im Vordergrund steht (was denn nichts für mich wäre). Mal sehen, ob noch weitere Meinungen kommen oder ich mal in einer Buchhandlung reinlesen kann.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Über die Jahre sind bei verschiedenen Verlagen Bücher von Joe Lansdale herausgekommen, ohne das sich dieser fabelhafte Autor durchsetzen konnte. Rowohlt hat es versucht, hat Lansdale aber nicht etablieren können, obwohl "Nightrunners" bei mir sehr gut lief. Wurde wohl nicht oft gelesen, was ich sehr schade finde! :fetch Sehr lesenswert ist auch sein Roman "Drive in" der dieses Jahr noch als NA im Maas Verlag ( glaube ich) erscheint. Und Heyne bringt "Nightrunners wieder raus, mit einigen neuen Kurzgeschichten. Jeder, der gute Horror-Geschichten mag, sollte mal bei Joe reinschauen!!! Auch seine "Hap und Leonard" reihe ist ein muss für jeden Hardboiled-Fan!!!

  • Hallo Bodo,
    eigentlich glaube ich, dass Lansdale in der Summe sich nicht so schlecht verkauft hat, wenn man sieht, bei wie vielen Verlagen seine Bücher im Laufe der Jahre in Deutschland erschienen sind.
    ich hatte den Eindruck, dass z.B. Die Wälder am Fluß von Lansdale, dass bei Dumont erschienen ist, ganz gut gelaufen ist.


    Im Dezember erscheint bei Heyne Lansdale "Der Gott der Klinge", aber über das Buch weiss ich nicht viel. Kenne den Originaltitel aber auch nicht.


    Insgesamt würde ich Lansdale aber auch eine noch größere Leseranzahl wünschen, da er sich schließlich trotz manch harter Szenen und ungemütlichen Themen auch sehr gut und flüssig lesen lässt.

  • Du hast schon Recht, über die Jaher sind einige Lansdales über den Tresen gewandert, aber er ist immer noch ein Geheimtipp. Ich glaube die großen Verlage wussten einfach nicht viel mit ihm anzufangen.
    "Gott der Klinge" ist eine NA von "Nightrunners" mit einigen neuen Kurzgeschichten. (Nightrunners war mein erfolgreichster Lansdale, leider hat Rowohlt den Roman dan vom Markt genommen)

  • Zitat

    Original von Bodo
    "Gott der Klinge" ist eine NA von "Nightrunners" mit einigen neuen Kurzgeschichten.


    Schade, ich dachte, es wäre ein neuer Roman.


    Dass Lansdale kein Bestseller-Autor in Deutschland ist, liegt auch am Autor selbst , der in seinen Büchern den Leser auch drastische Gewaltdarstellungen nicht erspart. Meistens geht es um rassistisch begründete Gewalt gegen Schwarze in den Südstaaten. Lansdale wird deutlich, dass rechne ich ihn hoch an. Ich lese ihn gerne.
    Genauso wie sein grimmiger Humor, der vielleicht auch nicht den gängigen Lesergeschmack aller Leser trifft.