Alfons Zitterbacke - Gerhard Holtz-Baumert (ab 7 J.)

  • Alfons heißt tatsächlich Zitterbacke mit Nachnamen und natürlich ist er damit nicht einverstanden. Papa hat gut reden, wenn er sagt: „Schulze kann jeder heißen.“, denn Papa ist erwachsen. Alfons, ‚Alfi’, aber ist erst zehn und muß damit leben, daß die anderen Kinder entdeckt haben, wie gut sich ‚Zitterbacke’ auf ‚Hühnerk...’ reimt! Nein, mit seinem Nachnamen ist Alfons nicht zufrieden.
    Auch sonst hält das Leben vor allem Schwierigkeiten für ihn bereit. Ganz gleich, ob in der Schule, beim Sport, auf dem Rummelplatz, ja, sogar mitten auf der Straße, und das nur, weil jemand einen Kunstlederziegenhandschuh verloren hat. Dafür kann doch Alfons nichts. Wenn Putzi, der Wellensittich, einfach nicht dressiert werden will, kann Alfons auch nichts dafür, ganz gleich, was der Gasmann behauptet. Das Leben ist einfach nicht fair!
    Gut, daß Alfons ein sonniges Gemüt hat. Er geht die Dinge mit Schwung und Überzeugung an, im Großen wie im Kleinen. Daß es am Ende so häufig Scherben gibt, das ... muß Schicksal sein. Alfons hat wirklich nur das Beste gewollt. Immer.


    Die Geschichten des liebenswerten Pechvogels erschienen erstmals 1958, 1962 folgte ein zweiter Band mit seinen fatalen Abenteuern. Die Bücher wurden in kürzester Zeit zu Kinderbuchklassikern der DDR, es gab Hörspielfassungen und einen Film. 1995 erschien schließlich noch ein dritter Band mit Geschichten.


    Obwohl die Geschichten zum Teil fünfzig Jahre alt sind, lesen sie sich weitgehend überraschend frisch und unverbraucht. Man kann staunen, wie komisch die im Grund einfachen Alltagssituationen immer noch sind. Das liegt nicht nur daran, daß sie recht keck erzählt sind, sondern auch, daß der belehrende Zeigefinger völlig fehlt. Was immer Alfons zustößt, hat seine eigene Logik in der Gegebenheit der Dinge, und die hat nun wirklich nicht Alfons eingerichtet. Das ist auch für kleine Leserinnen und Leser gut verständlich.
    Zur Spannung trägt darüberhinaus bei, daß die einzelnen Ereignisse zwar zunächst vorhersehbar sind, daß die Geschichte dann aber zum Schluß noch eine eigene Wendung nimmt, nicht zuletzt durch Alfis hin und wieder recht mutige Einschätzung der Sachlage.


    Die Personen sind liebevoll gezeichnet, sie leben durch Dialog und Handlung, es gibt kaum Beschreibungen von Aussehen oder Lebenshintergrund. Da sind Mama, die so gern lacht, und Papa, der alles weiß, na, fast alles, aber so oft Sitzungen hat, Tante Anna, die nicht recht glücklich wird mit dem Wellensittich Putzi, Oma und Opa (an dem Tag, an dem Alfons zeigen will, wie höflich er sein kann), die Katze (die Alfons’ Eignung zum Tierpfleger infrage stellt), ein Maulwurf (als Reittier nicht geeignet), ein Karpfen und noch viele mehr, die offenbar ausgezogen sind, Alfons in Schwierigkeiten zu bringen. Ganz zu schweigen vom Raketenbügeleisen (nicht nachbauen!). Der Ton ist kindlich, Alfons erzählt uns die Geschichten selbst, aber nie kindisch. Überdies hat Alfi eine eigene Meinung zu allem und jedem, sein selbstbewußter Ton gibt dem Ganzen einen zusätzlichen vergnüglich-ironischen Dreh.


    Einiges aus den Büchern muß man heute wohl erklären, wer die Pioniere sind, zum Beispiel oder Kosmonauten oder was eine Timur-Aufgabe ist (die von Alfons Betreuten verdienen Mitgefühl, aber es gibt Schlimmeres im Leben, fragt nur mal Tante Paulette), das tut dem Vergnügen aber keinen Abbruch.


    Eine Spur bieder wirkte auf mich nur die Rahmengeschichte, wie es nämlich dazu kam, daß Alfons die Geschichten seiner Mißgeschicke erzählt. Allerdings knüpft das an die ältere Kinderbuchtradition an, Kästner, z.B., ist also legitim und tragbar.
    Die Einzelgeschichten sind fast alle recht kurz und eignen sich auch gut zum Vorlesen. Je nach Ausgabe sind die Bücher auch illustriert, von Franz Kerka (die vorliegenden Ausgaben) oder - meine eigene Taschenbuch - Ausgabe - , von Manfred Bofinger.


    Vergnügliche Lektüre, fein, daß die Bücher wiederaufgelegt wurden.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Da werden Kindheitserinnerungen wach. Alfons hab ich geliebt. :-]
    Ebenso andere Bücher von dessen Autor, der eine wunderbare Erzählweise hat. Kann ich nur empfehlen. :wave

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    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)