Begegnung mit dem Serienmörder. Jetzt sprechen die Opfer - Stephan Harbort

  • Hallo alle miteinander,


    ich hoffe, es ist okay, wenn ich als ganz frisch angemeldetes Mitglied einfach so hier hereinschneie und gleich eine Rezension abgebe. Ich lese schon eine ganze Weile sporadisch mit, seit mir ein Freund diese Seite empfohlen hat. Heute möchte ich selbst mal ein Buch vorstellen, das mich schon eine Weile beschäftigt, obwohl es offiziell erst morgen, am 15.8.2008, erscheint. Der Grund: Ich hatte Gelegenheit, es während der Entstehungsphase bereits zu lesen.


    Bevor ich jetzt lange ins Erzählen komme, kopiere ich wohl einfach mal die Buchbesprechung, die ich so auch auf meiner Webseite habe, hier herein. Ich hoffe, der Buchtipp ist für den einen oder anderen nützlich. Stephan Harbort hat ja nun schon einige Bücher zum Thema Serienmörder veröffentlicht, die auch hier vorgestellt wurden - aber zum ersten mal beleuchtet er die Opferseite.


    Hier also meine Rezension:


    Er hat es wieder getan!
    Stephan Harbort wird mittlerweile zum Serientäter, was das Schreiben von Büchern angeht. Doch noch immer haben seine Bücher etwas Faszinierendes, Eindringliches, dem man sich kaum entziehen kann, das man nicht verpassen möchte.


    Ich hatte die Gelegenheit, das aktuelle Buch während der Entstehungsphase zu lesen und einmal mehr schaffte es Harbort, mich in den grausamen Sog hineinzuziehen. Der Text fesselte bis zum Schluss und büßte auch nach mehrmaligem Lesen nichts von seiner Spannung ein, denn bei Harbort geht es nicht um Fiktion, um Geschichten und Plots - er berichtet von der grausamen Wirklichkeit und versucht zu ergründen, ob es einen roten Faden gibt, etwas, womit man erklären kann, was eigentlich fassungslos macht und sich jedem Verständnis entzieht.


    Dieses Buch ist wirklich nichts für zarte Gemüter und dunkle Gewitternächte. Noch deutlicher als in seinen bisherigen Büchern kommt in diesem Werk ans Tageslicht, um was es geht: Gewalt, Angst, Tod.


    Dabei bin ich kein Freund von reißerischen Thrillern. Entsprechende Filme im Fernsehen klicke ich schnell weg, wenn sie überwiegend auf lautstarken Effekten basieren.


    Was dieses Buch zu etwas besonderem macht, das man nicht verpassen sollte: Endlich einmal kommt die andere Seite zu Wort. Berichte über die Täter gibt es zahlreich, über die Mörder erfahren wir sehr viel. Auch Stephan Harbort hat schon einige sehr lesenswerte Bücher zum Thema veröffentlicht. Aber was ist eigentlich mit den Opfern?


    Zahlreiche Fragen drängen sich da auf:


    Wer wird zum Opfer?
    Kann man (meist wohl eher frau) sich schützen?
    Kann man noch etwas tun, sich retten, wenn man sich bereits in der Gewalt eines Killers befindet?
    Was haben die Frauen getan, denen es geglückt ist, zu überleben?
    Was haben die Frauen getan, die es nicht schafften?


    Ein Patentrezept hat auch Harbort nicht an der Hand. Es gibt keine Gebrauchsanleitung für Serienkiller - genausowenig wie für jeden anderen Menschen. Jeder Täter und jedes Opfer ist unterschiedlich und die Interaktion zwischen den beiden Individuen bringt noch einmal eine Fülle an Möglichkeiten hervor. In jedem Einzelfall kann man nur ausloten, was am erfolgversprechendsten scheint. Mit ebensovielen Möglichkeiten richtig zu liegen wie sich zu täuschen.


    Dies ist ein Buch, das einem die Angst nicht nehmen kann, aber dennoch deutlich macht: Etwas bleibt immer noch zu tun, es zumindest zu versuchen, wo keine andere Wahl zu bleiben scheint...




    Liebe Grüße :wave
    Claudia

  • Zitat

    Original von licht
    grübelnd frage ich mich, wie die Opfer von Mördern sprechen können...


    Och ein Mordopfer ist zum einen nicht zwingend tot und zum anderen spricht auch eine Leiche noch eine teilweise sehr deutliche Sprache..... :grin


    Ich schleiche schon ewig um die Bücher von Harbot herum, meine Kollegen haben sie mir sämtlich ans Herz gelegt, aber so wenig Zeit, so viel zu tun seufz.....

  • Hallöchen,


    danke erstmal an alle für das nette Willkommen. :wave


    Zitat

    Original von licht
    grübelnd frage ich mich, wie die Opfer von Mördern sprechen können...


    Ein paar Opfer haben es durchaus geschafft, den Tätern durch verschiedene Strategien zu entkommen oder deren Attacken zu überleben. Mit einigen Opfern konnte Harbort sprechen und darauf basiert das Buch. Der Ansatz ist also ein anderer als in seinen bisherigen Büchern, die auf Interviews mit den Tätern basieren, die nur ihre Sicht der Dinge darstellen, sich aber naturgemäß nicht in die Opfer einfühlen können (sonst käme es kaum zu solchen Taten).


    Ich fand es sehr spannend, weil man eben sonst immer sehr viel über die Täter erfährt bis hin zu deren Kindheit und und warum, wieso, weshalb sie zu dem wurden, was sie heute sind. Für überlebende Opfer interessiert sich bis auf sehr pressewirksame Ausnahmen meist kein Mensch mehr.


    Die Frage, die Harbort in dem Buch auch versucht zu beleuchten ist, ob es Gemeinsamkeiten zwischen den Opfern gibt, also vielleicht so eine Art Verhaltensempfehlung für den Katastrophenfall. Das ist meiner Ansicht nach nicht wirklich möglich. Es gibt sicher Überschneidungen, aber jeder Einzelfall ist eben anders, weil Täter und Opfer sehr individuell sind und womöglich auch noch tagesformabhängig ist, was gelingen kann und was nicht. Und leider weiß man ja auch in den seltendsten Fällen, wem man da gerade in die Hände gefallen ist und wie man jetzt am besten reagieren muss, worauf er anspricht. Es kann also nur ein Versuch bleiben, der aber lohnt immer.


    Insgesamt ist es eine sehr beklemmende Lektüre, da die Fälle natürlich auch geschildert werden.


    Liebe Grüße
    Claudia