liebeskind Verlag, 2008, gebundene Ausgabe, 221 Seiten
Originalverlag: Éditions Verticales, Paris
OT: La disparition de Richard Taylor
Übersetzt von Holger Fock und Sabine Müller
Kurzbeschreibung (lt. Amazon):
Zehn Frauen reden über einen Mann, der sich selbst fremd geworden ist und geben alles von sich preis. Was sind die Gründe für Richard Taylors Verschwinden? Er ist scheinbar glücklich verheiratet und gerade Vater geworden, seine Arbeit füllt ihn aus, und seit Kurzem besitzt er eine Eigentumswohnung in einem schicken Londoner Vorort. Eigentlich unverständlich, dass er von einem Tag auf den anderen beschließt, alles hinter sich zu lassen, um ein neues Leben zu beginnen. Zehn Frauen ergreifen das Wort, um von Richard Taylor zu erzählen. Seine Frau Susan, die von ihrer Ehe berichtet und dem Problem, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Seine Mutter Jean, die es nicht verkraften kann, dass Richard ihr so wenig Zuneigung schenkt. Rebecca, eine Arbeitskollegin bei der BBC, die sich schon bei ihrer ersten Begegnung mit Richard vergeblich geschworen hatte, sich nie in ihn zu verlieben, aus Angst, ihn wieder zu verlieren. Die transsexuelle Besitzerin eines Nachtklubs, in dem Richard verkehrte, eine junge Schriftstellerin namens Sarah Kane ... sie alle haben ihre eigene Version vom Verschwinden des Richard Taylor.
Über den Autor (lt. liebeskind Verlag):
Arnaud Cathrine wurde 1973 im Burgund geboren. Er studierte Literaturwissenschaft und arbeitet anschließend als Aufnahmeleiter beim Radiosender France Culture. Sein Debütroman „Les yeux secs“ erschien 1998. Seitdem veröffentlichte er sechs Romane, darunter „Die Straße nach Midland“ sowei mehrere Kinderbücher. Arnaud Cathrine lebt in Paris.
Meine Meinung:
Arnaud Cathrine lässt in diesem Buch Frauen zu Wort kommen, die Richard Taylor mehr oder weniger gut kannten – ein Mann, der eines Tages verschwand.
1998 , als Richard und seine Ehefrau Susan gerade in eine neue Wohnung in London gezogen waren, eine Tochter bekommen hatten, verließ Richard eines Tages Frau und Kind und tauchte auch an seiner Arbeitsstelle bei der BBC nicht mehr auf.
Im ersten Teil (1998) berichten Richards Ehefrau Susan, seine Arbeitskollegin Rebecca, seine Mutter Jean, die Transsexuelle Vanessa und die Schriftstellerin Sarah über ihre Gedanken zu Richards Verschwinden.
Dabei bleibt Richard fast unsichtbar, die Frauen berichten über ihn, erzählen dabei aber mehr über sich – Rebecca, die aus Angst vor Verlust sich nicht mehr verlieben will, Sarah, die sich jeden Tag in der Londoner U-Bahn neu verliebt.
Im zweiten Teil (1998 – 2002) berichten Frauen, die Richard eher zufällig und flüchtig begegnen.
Richard taucht in Dover auf, in Minehead, seiner Geburtsstadt, und auch bei seiner ehemaligen Kollegin Rebecca in London. Alle diese Begegnungen bleiben flüchtig, Richard ist unstet, auf der Suche nach sich selbst.
Der dritte Teil, der zwischen 2005 und 2006 spielt, zeigt einen stark vom Leben gezeichneten Richard. Er scheint krank, lebt mal hier, mal da, scheint dies und jenes (nicht) zu tun.
Rebecca, die bei der BBC nun eine eigene Sendung hat, versucht ein Porträt über Richard zu machen, aber da ist dieser schon wieder verschwunden.
Der Epilog, erzählt von einer ehemaligen Nachbarin, bringt die Geschichte zum Abschluss und enthüllt einiges, was in den Jahren geschah.
Nur, wo ist Richard Taylor?
Arnaud Cathrine gelingt es durch die unterschiedlichen Perspektiven ein buntes Bild von Lebensentwürfen zu zeichnen. Die zentrale Figur Richard bleibt dabei immer bruchstückhaft, ihre Beurteilung subjektiv. Die Konsequenzen der Flucht Richards aus seinem Leben stehen offen, es wird nichts verurteilt, aber auch nichts beschönigt.
Dem Autor ist ein klug konstruierter Roman gelungen, sprachlich ausgefallen und sehr facettenreich.