'Zeit der Freundinnen' - Kapitel 27 - 33

  • Ich habe mir die letzten Posts jetzt mehrmals durchgelesen. Ohne ins Detail gehen zu wollen (bzw. auf die Schnelle zu können), geht es doch letztlich um die alles entscheidende Sinnfrage. Welcher Sinn steht hinter allem? Steht überhaupt ein Sinn dahinter? Gibt es überhaupt einen Sinn in der Existenz des Universums?


    "Leben als Lernprozeß" ist eine Erklärung, aber keine Antwort auf die genannten Fragen. Die einzige Antwort, wenngleich auch sie nicht letztlich befriedigend ist, habe ich (ich erwähnte es schon) bei Joseph Campbell gefunden (entweder in "Die Kraft der Mythen" oder in "Das bist Du. Deutung und Be-deutung biblischer Geschichten, Wunder und Gleichnisse"): Das Leben ist. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Es ist die einzige halbwegs glaubhafte Antwort auf Schicksalsschläge und andere Fragen des Lebens, die mir bisher begegnet ist.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Ich habe mir die letzten Posts jetzt mehrmals durchgelesen. Ohne ins Detail gehen zu wollen (bzw. auf die Schnelle zu können), geht es doch letztlich um die alles entscheidende Sinnfrage. Welcher Sinn steht hinter allem? Steht überhaupt ein Sinn dahinter? Gibt es überhaupt einen Sinn in der Existenz des Universums?


    "Leben als Lernprozeß" ist eine Erklärung, aber keine Antwort auf die genannten Fragen.


    Das Leben ist. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Es ist die einzige halbwegs glaubhafte Antwort auf Schicksalsschläge und andere Fragen des Lebens, die mir bisher begegnet ist.


    Für mich ist das im Moment auch die zufriedenstellendste Antwort auf völlig unbegreifliche, viel zu grausame Schicksalsschläge: Das Leben ist.


    Um als Lernprozess zu fungieren, müsste und auch dürfte es in meinen Augen nicht sooo knüppelhart kommen, dass der Mensch vor Schmerz kaum mehr in der Lage ist "aufzustehen".

  • "Das Leben ist" klingt für mich ein bisschen wie Gottes Wort "Ich bin, (der) ich bin". Wahrscheinlich meint es auch dasselbe.
    Allerdings bin ich bis heute noch nicht ganz dahinter gestiegen, was genau damit gemeint ist. "Ich bin alles was ist" oder "Alles, was ich tue, ist gut und richtig" oder "Es ist nun mal so, also nehmt es hin".



    Ohne Sinnhaftigkeit, wäre mir das Leben ein sehr makaberes Spielchen. Das weigere ich mich einfach zu glauben.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Zitat

    Original von Britt
    Allerdings bin ich bis heute noch nicht ganz dahinter gestiegen, was genau damit gemeint ist.


    Okay, ich habe eine der Stellen, die ich im Sinn habe, gefunden. Es heißt wörtlich:

    Zitat

    Joseph Campbell „Die Kraft der Mythen“, Seite 17:
    Moyers: Sie haben den Mythos von einer Suche nach Sinn umdefiniert zu einer Erfahrung des Sinns.
    Campbell: Einer Erfahrung des Lebens. Sinn ist das, worauf das Denken aus ist. Was ist der Sinn einer Blume? Es gibt eine Zen-Geschichte über eine Predigt des Buddha, bei der er einfach eine Blume hochhob. Nur ein einziger gab ihm mit den Augen ein Zeichen, daß er verstanden habe. Der Buddha selbst wird der „So-Gekommene“ genannt. Es gibt keinen Sinn. Was ist der Sinn des Weltalls? Was ist der Sinn eines Flohs? Er ist einfach da. Mehr nicht. Und Ihr Sinn ist, daß Sie da sind. (...)


    Es gibt noch eine Stelle bei Campbell dazu, doch die habe ich jetzt nicht gefunden. Das ist bisher die einzige Erklärung für einen Sinn, die ich (auch intuitiv) akzeptieren konnte. Denn das Leben ist ein makaberes Spiel.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Das musste ich mir jetzt mehrmals durchlesen und hab's immer noch nicht ganz gerafft.


    Ich verstehe das so, dass es hier um die Definition des Wortes "Sinn" geht. Dass wir, wenn wir den "Sinn" definieren wollen, zwangsläufig an ihm vorbeireden. Weil wir es naturgemäß mit unserem Verstand bewerkstelligen wollen, der Verstand den Sinn aber nicht erfassen kann.


    Dass es definitiv keinen Sinn gibt, kann ich nicht glauben. Sollte Gott uns aus einer makaberen Laune heraus in die Welt geworfen haben? Als Experiment, um sich daran zu ergötzen, wie blöd wir uns anstellen? Das will ich mir gar nicht vorstellen.
    Und zu welchem Zweck wurden all die heiligen Schriften geschrieben? Welchen Zweck hätten denn die Bibel, die Veda, der Koran, der Tanach usw, wenn es keinen Sinn gäbe?


    Ich sehe schon, die Matheson-Leserunde wird ein hartes Stück Brot. :grin

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Zitat

    Original von Britt
    Dass es definitiv keinen Sinn gibt, kann ich nicht glauben.


    Ob es definitiv keinen gibt, vermag ich nicht zu sagen. Aber es gibt keinen anderen als den, daß das Leben ist (= existiert). Ich habe Campbell so verstanden, und ich selbst sehe auch keinen anderen Sinn. (Vereinfacht gesagt, wo nichts ist, kann man nichts sehen.) Vielleicht werden wir jenseits der Schwelle des Todes den/einen Sinn sehen und verstehen können, diesseits der Schwelle jedoch kann zumindest ich es nicht.


    Die Matheson-Leserunde wird mit Sicherheit ein hartes Stück, weil es im Buch um existentielle Fragen geht.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Vielleicht werden wir jenseits der Schwelle des Todes den/einen Sinn sehen und verstehen können, diesseits der Schwelle jedoch kann zumindest ich es nicht.


    Na, aber drauf vertrauen, dass es ihn gibt, kann man doch wenigstens? Sonst wäre ja unsere Gastrolle hier einfach nur :bonk
    Du hast weiter oben geschrieben:
    "Leben als Lernprozeß" ist eine Erklärung, aber keine Antwort auf die genannten Fragen."
    Für mich macht es durchaus einen Sinn, sich kennenzulernen und ist somit auch eine Antwort, warum ich hier bin. Vielleicht definieren wir einfach nur das Wort "Sinn" verschieden. Dem hier auf den Grund zu gehen, würde aber wohl zu weit führen, das bringt uns glaub ich kilometerweit vom Topic weg.


    Zitat


    Die Matheson-Leserunde wird mit Sicherheit ein hartes Stück, weil es im Buch um existentielle Fragen geht.


    Jep, aber ich freu mich trotzdem jetzt schon drauf! Leider ist mein Buch noch immer nicht angekommen. *ungeduldigaufdenTischtrommel*

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Ja. langsam wird es hier sehr OT (auch wenns interessant ist).


    Das mit dem "Warten aufs Buch" kenne ich auch. Die DVD aus Neuseeland war letzte Woche innerhalb von 5 Tagen hier. Die Bücher aus UK sind es nach einer Woche noch nicht.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Britt


    Dass es definitiv keinen Sinn gibt, kann ich nicht glauben.


    Zitat

    Original von SiCollier


    Ob es definitiv keinen gibt, vermag ich nicht zu sagen. Aber es gibt keinen anderen als den, daß das Leben ist (= existiert). Ich habe Campbell so verstanden, und ich selbst sehe auch keinen anderen Sinn. (Vereinfacht gesagt, wo nichts ist, kann man nichts sehen.) Vielleicht werden wir jenseits der Schwelle des Todes den/einen Sinn sehen und verstehen können, diesseits der Schwelle jedoch kann zumindest ich es nicht.


    Ihr zwei habt da genau das Thema diskutiert, was mir gerade so sehr am Herzen liegt. Und die Worte von SiCollier, die ich hier zitiere, sind exakt das, was ich im Moment tief in meinem Innern empfinde. Ich habe Campbell auch so verstanden, dass "Das Leben ist. Mehr ist dazu nicht zu sagen." einfach meint "Das Leben existiert. Wo nichts ist, kann man nichts sehen."


    Allerdings finde ich auch die eingeräumte Möglichkeit, dass wir an der Schwelle des Todes den Sinn vielleicht verstehen werden (wenn es ihn gibt), sehr schätzenswert. Denn eine definitive Aussage können wir nicht treffen, das wäre anmaßend.


    Nur ich bin jetzt nach vielen Jahren der Sinnsuche zu dem vorläufigen Schluss gekommen, dass das mit dem ständigen Lernprozess für mich völlig unbefriedigend ist, dass alles, was passiert, ja so einen tiefen Sinn hat, den wir aber leider zumeist nicht annähernd verstehen. Was hilft es uns dann aber? Wir können doch nur aus "Fehlern" lernen, wenn wir sie verstehen, um daraus als besserer Mensch hervorzugehen.

  • Na ja, aus diesem Grund heißt es ja auch "Glauben" und nicht "Wissen". Zu einer definitiven Aussage wird man wohl nie kommen, denn die setzt Wissen voraus.


    Ich meine, glaubt man an Gott, muss man ihm doch eine gewisse Intelligenz unterstellen. Und würde ein intelligentes Wesen etwas derart Sinnloses von diesem Ausmaß erschaffen wie das Universum und die Menschheit? Wäre doch der Mühe nicht wert.


    Auch wenn der Mensch den Sinn jetzt nicht durchschauen kann, so hilft ihm doch der Glaube daran enorm dabei, das Leben anzunehmen und nach bestem Wissen und Gewissen zu leben. Mir jedenfalls geht es so.


    Ich denke auch - um mal wieder auf das Buch zurückzukommen - dass Helen ihr Glaube enorm dabei hilft, ihre Arbeit zu tun. Ich weiß nicht, ob sie dazu fähig wäre, wenn sie nicht glauben und damit vertrauen würde.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Zitat

    Original von Britt
    Ich meine, glaubt man an Gott, muss man ihm doch eine gewisse Intelligenz unterstellen. Und würde ein intelligentes Wesen etwas derart Sinnloses von diesem Ausmaß erschaffen wie das Universum und die Menschheit? Wäre doch der Mühe nicht wert.


    Das ist recht treffend formuliert die Frage, mit der ich mich nun seit knapp 51 Jahren herumschlage, ohne eine befriedigende Antwort darauf zu finden. Doch Du hast Recht, um das weiter zu diskutieren, ist weder diese Leserunde noch dieses Forum der geeignete Ort.



    Zitat

    Original von Britt
    Ich denke auch - um mal wieder auf das Buch zurückzukommen - dass Helen ihr Glaube enorm dabei hilft, ihre Arbeit zu tun. Ich weiß nicht, ob sie dazu fähig wäre, wenn sie nicht glauben und damit vertrauen würde.


    Das sehe ich allerdings genauso. Meiner Meinung nach hätten völlig glaubenslose Menschen ziemliche Probleme - sowohl bei dieser Art Arbeit als auch als Betroffene.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Britt


    Ich denke auch - um mal wieder auf das Buch zurückzukommen - dass Helen ihr Glaube enorm dabei hilft, ihre Arbeit zu tun. Ich weiß nicht, ob sie dazu fähig wäre, wenn sie nicht glauben und damit vertrauen würde.


    Zitat

    Original von SiCollier


    Das sehe ich allerdings genauso. Meiner Meinung nach hätten völlig glaubenslose Menschen ziemliche Probleme - sowohl bei dieser Art Arbeit als auch als Betroffene.


    Da stimme ich Euch beiden völlig zu. Ohne ihren tiefen Glauben an Gott hätte Helen den Hinterbliebenen nie mit so tröstenden, mitfühlenden Worten begegnen können. Ich hatte im Buch immer das Gefühl, dass sie den völlig fassungslosen, schockierten und schmerzerfüllten Menschen gerade deshalb so gut helfen konnte, weil ihre Worte nicht nur "professionell geschult" dahergesagt waren, sondern aufgrund ihres eigenen festen Glaubens aus ihrem tiefsten Innern kamen und daher so völlig nachvollziehbar und wirklich überzeugend waren. Ich habe jedenfalls ganz oft gedacht, dass mir ihre Worte in dem Moment geholfen hätten.

  • Ich werde keine Pause einlegen :grin, sondern das Buch auf jeden Fall beenden. Es liest sich sehr gut und ich möchte wissen, wie es ausgeht.


    Wenn ich auch ( ich traue mich fast gar nicht, das zu gestehen ) nicht so richtigt "warm" mit Helen und Ben werde. Die beiden erscheinen mir einfach "zu perfekt". Ich habe immer darauf gewartet, dass sich das noch ändert ( mein Gefühl bzw. mein Empfinden den beiden gegenüber ).


    Nun bin ich auf den Schluß gespannt. :-)

  • Nun ja, katholische Priester sind nicht so rückständig, weltabgewandt und verbohrt, wie das oft gesehen wird. (Zumindest viele nicht.)


    Ich hatte in meiner Jugend viele Kontakte zu Priestern, vor allem Ordensleuten. Hier ist die Rede von "Pater Ralph". Also handelt es sich um einen Ordenspriester. Nach meinen Erfahrungen sind solche, ähm, praktischen Ratschläge Ordensleuten durchaus zuzutrauen. Und eines darf man nicht vergessen: zwischen Rom und Deutschland liegen die Alpen. Zwischen Rom und L.A. ein ganzer Ozean und ein Kontinent.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Nun ja, katholische Priester sind nicht so rückständig, weltabgewandt und verbohrt, wie das oft gesehen wird. (Zumindest viele nicht.)


    Ich hatte in meiner Jugend viele Kontakte zu Priestern, vor allem Ordensleuten. Hier ist die Rede von "Pater Ralph". Also handelt es sich um einen Ordenspriester. Nach meinen Erfahrungen sind solche, ähm, praktischen Ratschläge Ordensleuten durchaus zuzutrauen. Und eines darf man nicht vergessen: zwischen Rom und Deutschland liegen die Alpen. Zwischen Rom und L.A. ein ganzer Ozean und ein Kontinent.


    Ja, aber entspricht dieser "Tipp" denn dem katholischen Glauben? Das hat mMn nichts mit rückständig oder so zu tun sondern mit dem, was in der Bibel steht.

  • Zitat

    Original von Rosenstolz
    Ja, aber entspricht dieser "Tipp" denn dem katholischen Glauben? Das hat mMn nichts mit rückständig oder so zu tun sondern mit dem, was in der Bibel steht.


    "Rückständig" ist vielleicht eine unglückliche Wortwahl. Ich habe damit auf die immer wieder auftauchenden Vorwürfe gegen die kath. Kirche anspielen wollen, die mich (obwohl ich nicht - mehr - unbedingt so kirchentreu bin) langsam aber sicher auf die Palme bringen.


    Der Rat entspringt sicher nicht der reinen Lehre der kath. Kirche bzw. der Bibel, ganz nüchtern und emotionslos betrachtet, ist er jedoch sehr praktischer Natur. Und genau dieses praktische Verhalten ist es, was ich selbst öfters bei Ordensgeistlichen erlebt habe. Als mir beispielsweise einer (die Details erinnere ich ob der langen Zeit nicht mehr), als ich mal bei einer ökumenischen Feier zu einer Goldenen Hochzeit ministrierte, erzählte, was in der Zeit, als die beiden heirateten, und eine "Mischehe" noch so was wie ein Verbrechen war, auf der "unteren Stufe" für Verrenkungen angestellt wurden, daß doch alles für die beiden gut ausging.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Die katholische Kirche hat ja grundsätzlich auch ein großes Problem mit Homosexualität. Ich denke, da unterscheiden inzwischen viele moderne Geistliche (wie ja auch "Pater Ralph") sehr deutlich zwischen Theorie und Praxis in der heutigen Zeit - Gott sei Dank, möchte ich sagen.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

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