O Rosa - Fanny Morweiser

  • O Rosa
    Fanny Morweiser, 1983

    Meine Rezension bezieht sich auf die Ausgabe:
    Diogenes, ISBN: 978-3257212808


    Oh jeh. Was tun die Personen in diesem Episodenroman nur?! Sie können ihre verunglückte Tochter nicht loslassen, sie wenden sich gegen Familie und Gesellschaft, sie haben Schlafstörungen oder liegen in der Badewanne - um Mitternacht, oder den ganzen Tag. Sie wohnen in Mietskasernen, sie nehmen Drogen und sie kommen nicht klar. Miteinander oder mit sich selbst. Und allen voran Rosa. Oh jeh, o Rosa.


    Rosa ist die antiautoritär (v)erzogene Jugendliche, die mit ihrer Mutter im Dauerclinch liegt, durch die Straßen streift und behauptet, dass sie gerne eine glückliche Putzfrau wäre. Sie ist diejenige, die die losen Episoden dieses Romans, die Szenen, aus denen er besteht, irgendwie zusammenhält. Aber auch das kriegt sie nicht hin, ebenso wie sie in den Augen ihrer Mutter auch sonst nichts hinkriegt.


    Denn trotz loser Verbindung zwischen Meerestieren, Ungarnurlauben, Zirkusbesuchen und Bücherliebhaberei, hat der Roman keine große Struktur oder etwas, das dem Leser als Kern im Kopf bleiben wird. Da wird ein wenig durch die Jugendlichen an der Spießergesellschaft herumkritisiert, sich ein wenig den Konventionen oder der Bundeswehr verweigert und schließlich alles ein wenig ironisiert und verstört.


    Der Leser wird mit Szenen konfrontiert, die an und für sich ganz interessant sind und Eindrücke hinterlassen, aber leider ins Leere verlaufen. Gesellschaftskritik und Kritik an der "Leckt mich"-Haltung Rosas (Zitat ;-)) und ihrer Kumpane halten sich die Waage, Morweiser ironisiert einerseits das Verhalten Rosas, andererseits gibt sie Rosas Mutter Sally Einsicht ein. Irgendwie haben beide Recht - oder beide nicht so wirklich. Aber irgendwie geht es auch gar nicht so recht darum.


    Vielleicht ist es eher ein allgemeines, wenn auch recht vages Bedauern, dass so viel schiefläuft/schieflief (das Buch ist ja schon gut 25 Jahre alt) in unserer Gesellschaft, im Miteinander. Rosa und ihre Mutter könnten sich eigentlich ganz gut verstehen, wenn sie aufhören würden sich zu terrorisieren. Wenn.
    Und da sitzt sie nun auf dem Titelbild aufmüpfig auf dem Fahrradlenker, schuldbeladen durch den Titelseufzer "O Rosa" und guckt bewusst vom Leser weg. Und man weiß nicht so recht, was man von ihr halten soll.


    Oder von dem Buch im Gesamten. Es entzieht sich bruchstückhaft, ein wenig seltsam und skurril, jeder Einordnung und selbstbewusst wird nur das erzählt, was erzählt werden will, und nicht das, was der Leser erwartet. Was leider dazu führt, dass einem das Gespür für die Gesamtheit des Buches verloren geht und man sich zweifelnd fragt, was bitte dieser Roman erzählen möchte.
    Das Erzählte hat mir wegen der Ironie und Morweisers Gespür für Augenblicke, die festgehalten werden müssen, an sich sehr gefallen, wie auch bereits in "Lalu lalula, arme kleine Ophelia", das mich begeistert hatte und Grund für den Kauf dieses Buches war. Wobei in diesem Buch dem Skurrilen leider weit weniger Raum eingeräumt wurde.
    Dennoch fehlte mir zu sehr das, was nicht erzählt wurde: Zusammenhänge, Enden, eine Geschichte, Ausführlichkeit. Trotz allem haben mich die 140 Seiten recht gut unterhalten.


    6/10 Punkten


    :wave bartimaeus