Das Buch Blam – Aleksandar Tišma

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    übersetzt aus dem Slawischen von Barbara Antkowiak


    Kurzbeschreibung:
    Novi Sad in den fünfziger Jahren. Der getaufte Jude Blam durchwandert die bekannten Straßen seiner Heimatstadt und verliert sich in Erinnerungen an eine untergegangene Welt, an die verschwundenen Kaufleute der ehemaligen Judengasse, an seine Familie, an die Jüdin Lili Ehrlich, seine Jugendliebe, die rechtzeitig nach Italien geflüchtet ist. Der Roman von einem, der den Holocaust überlebt hat und nun - in der Gegenwart - nicht mehr recht Fuß fassen kann.


    Über den Autor:
    Aleksandar Tišma wurde 1924 im ehemaligen Jugoslawien geboren und wuchs in Novi Sad auf. 1944 trat er in die jugoslawische Befreiungsarmee ein. nach dem Krieg arbeitete er als Journalist und Verlagslektor. Er starb 2003.


    Meine Meinung:
    Die Handlung von „Das Buch Blam“ wird entsprechend dem seelischen Zustand seines Protagonisten in der Schwebe gehalten. Miroslav Blam ist wie aus der Welt gefallen. Er hat überlebt, doch kann er bei dem was passiert ist, nicht so einfach in die Normalität zurückfinden. Es wird rückblickend aus den fünfziger Jahren erzählt, mit der Stadt Novi Sad als Schauplatz, idyllisch und erschreckend zugleich. Hier haben sich Massaker abgespielt, als im zweiten Weltkrieg die Stadt von Faschisten besetzt war und viele Zivilisten ermordet wurden, darunter vor allen Juden und Serben.


    Blam sucht noch die Spuren der Vergangenheit, seiner und die der Juden und Serben, auch seinen Familienmitgliedern, die hier starben wo er überlebte.


    Das Buch lebt von seinem eigenwilligen Stil, der oft eine beklemmende Stimmung hervorruft, ein Markenzeichen des 2003 verstorbenen serbischen Schriftstellers Aleksandar Tišma. Es dauert ein wenig, bis man sich in diesen Roman eingefunden hat. Anfangs kommt die Handlung des Romans nur langsam voran.
    Tisma schreibt nüchtern über Säuberungsaktionen, Deportation, Exekutionen und Folter. Er erspart dem Leser nichts. Diese Haltung hält den Leser auf Distanz.


    Überflüssig zu erwähnen, dass das Lesen dadurch auch durchaus quälerische Züge tragen kann, doch es handelt sich um ein bemerkenswertes Stück Literatur, auch wenn ich Tismas Roman „Kapo“ noch intensiver und straffer komponiert einschätzen würde.


    Ein ganz anderer, positiver Ton wird spät im Roman durch Briefe von Lili Ehrlich an Blam geschaffen. Briefe, die ihn leider nie erreichen.


    Nebenbei ist der Roman auch das Portrait der Stadt Novi Sad, mit den Siedlungen und Feldern, dem Ufer der Donau, der militärischen Festung Peterwardein etc.
    Eigentlich schade, dass Schweden versäumt hat, diesem Autor den Literaturnobelpreis zu verleihen.


    ASIN/ISBN: 3423123400

  • Herzlichen Dank für diese sehr informative Rezi und den damit verbundenen Erinnerungstritt - doch nun mal endlich Tisma zu lesen. Immer wieder vorgenommen - immer wieder nach hinten geschoben.....

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.