Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers - Sherman Alexie (12 - 14 Jahre)

  • Dtv, 2009, 272 Seiten


    Originaltitel: The Absolutely True Diary of a Part-Time Indian
    Übersetzt von Gerald Jung und Katharina Orgaß


    Comic-Zeichnungen von Ellen Forney


    Kurzbeschreibung:
    Rückseite: Als Arnold Spirit, genannt Junior, mit 14 beschließt, sein Reservat zu verlassen, wird er zum Outcast zwischen zwei Kulturen. Überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, stellt er trotz Widrigkeiten, die ihm begegnen, fest: "Ich würde immer ein Spokane-Indianer bleiben. Diesem Stamm gehörte ich nun mal an. Aber ich gehörte genauso dem Stamm der amerikanischen Einwanderer an. Und dem Stamm der Basketballspieler. Und dem Stamm der Leseratten. Und dem Stamm der Zeichner."


    Comic-Zeichnungen ergänzen den tragikomischen Roman.


    Über den Autor:
    Klappentext: Sherman Alexie, 1966 geboren, gehört dem Stamm der Spokane-Indianer an. Er wuchs in Wellpinit, Washington, in einem Reservat auf. Mit drei Jahren lernte er lesen und konnte so der Armut und dem Elend seiner Umgebung entfliehen. Als Verfasser von u.a. Romanen, Gedichten und Drehbüchern gilt Alexie international als Stimme des »anderen« Amerikas. Für seinen ersten Jugendroman ›Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers‹ erhielt er 2007 den National Book Award und 2008 den Boston Globe-Horn Book Award. Er lebt mit seiner Familie in Seattle.


    Meine Meinung:
    Dieses Buch ist der National Book Award Winner for Young People's Literature von 2007.
    Sherman Alexie schreibt sehr autobiographisch und tragikkomisch.


    Armut, Perspektivlosigkeit und Alkoholismus machen das Leben im Reservat so hoffnungslos. Ermutigt von einem Lehrer beschließt der intelligente Arnold, genannt Junior, außerhalb des Reservats die Schule zu besuchen, um bessere Chancen zu finden.
    Das bringt ihn in die Zwickmühle. Einerseits das Gefühl, seine Leute zu verraten, andererseits als einziger Indianer in Reardon ein Exot.
    Doch seine Eltern unterstützen ihn, er findet auch Freunde in der Stadt der Weißen, inklusive die schöne Penelope. In der Schule und im Basketballteam wird er erfolgreich.
    Doch es bleiben noch genug Probleme. 35 km beträgt sein Schulweg, oft muss er trampen, wenn sein Vater auf Sauftour ist oder kein Benzingeld mehr da ist. Sherman Alexie beschreibt sehr glaubwürdig die Scham der Armut in der Welt der Mittelklasse.
    Noch einige schwere Schicksalsschläge warten auf Junior, aber sein Weg ist der richtige.


    Der Autor schreibt in der Stimme Juniors oft mit grimmiger Wut, aber immer mit viel Humor und Selbstironie. Das macht das Lesen zu einem Vergnügen.
    Junior will die Nachteile des Reservats nicht einfach akzeptieren, obwohl er sie doch täglich spürt. Viele im Reservat verfallen in Fatalismus, ergeben sich in ihr Schicksal. Es bleibt Arbeitslosigkeit, Suff und Gewalt. So gehört sicher eine Menge Kraft, dagegen anzuschreiben. Ein Thema, mit dem Sherman Alexie nicht nur ein Jugendpublikum erreicht, Ein Thema, dass nicht nur auf Indianerreservate begrenzt ist, auch in Deutschland gibt es ausreichend Armut und Arbeits- sowie Perspektivlosigkeit, man denke z.B. an den Roman Scherbenpark von Alina Bronsky. Auch deswegen wünsche ich diesem Roman viele Leser.


    Die Sprache des Autors überzeugt und weckt auch das Interesse an seine anderen Romane und Gedichtbände.

  • Das Buch habe ich vor kurzem gelesen.


    Meine kurze Meinung:
    Erzählt wird aus der Ich-Perspektive von Arnold.
    Arnold ist 14 Jahre, im Reservat gilt er als "niedrigster Indianer am Totempfahl", denn er stottert, lispelt und trägt eine überdimensional große Brille. Er wird gehänselt und verprügelt - nur sein Freund Rowdy und seine Eltern halten zu ihm.
    Im Reservat herrschen Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit , Alkoholismus und Prügeleien.
    Arnold nutzt die Chance und wechselt auf eine Schule für Weisse, die außerhalb des Reservates liegt. Nun sitzt er zwischen zwei Stühlen - für die Indianer ist er ein Verräter und auf der Schule anfangs noch ein Aussenseiter, bis er durch Penelope und durch den Sport Kontakt findet.
    Arnold muss mit vielerlei Schwierigkeiten kämpfen - schon der Schulweg ist schwierig, denn er muss 35 km bewältigen, die nicht immer sein Vater fahren kann, da dieser oft zu betrunken ist oder kein Benzingeld da ist. Mal muss Arnold trampen, mal auch ein Stück laufen.
    Doch er stellt sich den Schwierigkeiten.
    Sherman Alexies Roman ist oft tragikomisch und selbstironisch.
    Die Sprache ist fesselnd und die Themen ( Rassismus, Armut, kulturelle Unterschiede) doch auch aktuell und interessant.


    Absolut lesenswert!

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Die Geschichte von Arnold ist eigentlich typisch fuer die Situation vieler junger Indianer, die auf sehr trostlosen Reservaten leben und kaum Hoffnung fuer die Zukunft haben. Und doch ist sie alles andere als typisch, denn der 14jaehrige Teen folgt dem Rat eines Lehrers und wechselt von der Reservatsschule auf eine weisse Schule, in der er als Aussenseiter ganz neuen Herausforderungen gestellt ist.


    Geschrieben wird die Geschichte, die einige autobiographische Zuege traegt, in spannend lesbarer Sprache mit viel Wort- und Situationswitz. Tragische Elemente fehlen nicht, koennen sie auch nicht, sie gehoeren leider zum Leben auch der jungen Indianer hinzu. Und sie werden hier sehr einfuehlsam eingebaut.


    Absolut empfehlenswert fuer alle Leser. Nicht nur fuer Jugendliche und nicht nur fuer die, die sich fuer Indianer oder Basketball interessieren ;-)


    Ich hab hier die englische Ausgabe verlinkt, da die Sprache nicht schwierig ist und auch mit weniger guten Englischkenntnissen lesbar ist. Und obendrein kostet sie nur die Haelfte der deutschen Fassung ;-)

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

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  • Ich hab mir gestern die englische Ausgabe von Cornelsen gekauft, die auch jeweils einige Vokabelhilfen enthält. auf den Inhalt bin ich schon gespannt...

    Die Deutsche Rechtschreibung ist Freeware, sprich: Du kannst sie kostenlos nutzen.
    Aber sie ist nicht Open Source, d.h. du darfst sie nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen.

  • Das Buch war toll. Ich konnte mich richtig reinversetzen, da ich auch weiß, was es heisst arm zu sein und alles (mal ein paar Tage aufs Essen warten müssen - und JA - Junior hat recht, erst danach schmeckt das erste was man dann isst so RICHTIG gut, statt zu fahren zur Schule laufen zu müssen weils mit Bahn wegen dem Fahrgeld nicht geht, nur alte Klamotten haben, eben gerade nicht zum Tierarzt zu können - die im Buch angesprochene Palette halt). Junior (Arnold) war mir sofort sympathisch und ich konnte den soooo gut verstehen. Und ich finde ihn so stark, wie er sich gegen das ganze System auflehnt und auch durchhält . ich glaube nicht das ich so stark hätte sein können, ellenlang zur Schule zu laufen mit nix im Bauch, wenn ich doch auch aufgeben hätte können und mich eben damit abfinden hätte müssen wieder in die alte Schule zu gehen (zumal man ja spürt das man in der neuen Schule irgendwie eh nicht dazu gehört). Trotz aller Probleme mag ich wie Juniors Familie zusammenhält - so kenne ich das auch (auch wenn ich nicht in einem Reservat lebe oder je gelebt habe). Auch seinen durchgeknallten Freund (der ja im Grunde ein Herz aus Gold hat) kommt super realistisch und sympathisch rüber.
    Ein wirklich gutes Buch - und ein starker, sehr sympathischer Hautcharakter !! Schade das es nicht noch ein Buch über Junior/Arnold gibt.

    "We are ka-tet...We are one from many. We have shared our water as we have shared our lives and our quest. If one should fall, that one will not be lost, for we are one and will not forget, even in death."Roland Deschain of Gilead (DT-Saga/King)