Alle, alle lieben dich – Stewart O´Nan

  • Hörbuch Hamburg, 6 CDs, gekürzte Lesung
    Gelesen von Stephan Schad


    Kurzbeschreibung:
    Es ist ihr letzter Sommer vor dem College, der beste Sommer seit der achten Klasse. Kim badet im Fluss, steigt in ihren alten Chevy und macht sich auf den Weg zum Schnellrestaurant, wo sie arbeitet. Dann verliert sich ihre Spur. Familie, Freunde, Polizei - plötzlich sind alle betroffen. Kims Verschwinden rührt an den Grundfesten der mittelständischen Ordnung. Aus Menschen, die sie kannten, werden solche, die sie bloß zu kennen glaubten. Sie werden sich selbst und einander verdächtig. Und halten nach Kräften an dem fest, was ihnen zu entgleiten droht: Kim oder die Erinnerung an sie, die kleinstädtische Ruhe - und die eigenen Geheimnisse. Mit feinem Gespür für die abgründigen Schattierungen des Alltäglichen zeichnet Stewart O'Nan das Psychogramm einer Kleinstadt im Ausnahmezustand. Ein hochliterarischer Thriller - unaufdringlich anrührend und von nachgerade beklemmender Präzision


    Hier geht es zur Büchereulen-Rezension der Buchausgabe: "Alle, alle lieben dich" von Stewart O'Nan


    Über den Autor
    STEWART O'NAN wurde 1961 in Pittsburgh geboren und wuchs in Boston auf. Er arbeitete als Flugzeugingenieur und studierte in Cornell Literaturwissenschaft. Für sein Romandebüt Engel im Schnee erhielt er 1993 den William-Faulkner-Preis. Auf Deutsch erschienen zuletzt Eine gute Ehefrau und Abschied von Chautauqua «ein Buch, das vordringt ins Herz der Einbildungskraft» (FAZ). Stewart O Nan lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Avon, Connecticut.


    Über den Sprecher:
    Stephan Schad, Jahrgang 1964, ist Absolvent der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Er war in diversen Fernsehrollen zu sehen, z. B. Girl Friends, Wolffs Revier , Der Dicke , Jules Freundin und Tatort, und ist als Sprecher für Hörbücher und Radiofeatures tätig. Derzeit ist Stephan Schad festes Ensemblemitglied am Thalia Theater Hamburg.



    Meine Meinung:
    Im Mittelpunkt dieses Romans steht eine Familie, deren älteste Tochter eines Tages spurlos verschwunden ist. Für die einzelnen Familienmitglieder bedeutet das eine komplette Änderung ihres normalen, gewohnten Lebens. Die Suche nach der Vermissten Kim bestimmt jetzt ihr Leben. Über einen längeren Zeitraum kann man den daraus resultierenden Veränderungen der Familie und Freunde Kims folgen.


    Diese Thematik wurde schon oft gerade in amerikanischen Filmen und Büchern verarbeitet. Sofort fällt einen „In meinem Himmel“ von Alice Sebold ein. Dort wurde eine intensive Erzählperspektive gewählt, die aus dem Rahmen fiel. Bei Stewart O´Nans Erzählweise herrscht jedoch der Realismus vor. Wie immer bei ihm ist eine umfassende gesellschaftliche Betrachtungsweise vorhanden, die ihn als einen der wichtigsten amerikanischen Erzähler kennzeichnet,


    Stephan Schad liest den Text mit großer Ernsthaftigkeit. Ein Nebeneffekt dabei ist eine gewisse Trockenheit in der Vortragsweise, die sich aber nicht vermeiden lässt.


    Der Sprecher ist dicht an den Figuren und erlaubt den Zuhörer einen Blick in deren Gedanken und Empfindungen. Das ist ein Element, das sehr für eine Umsetzung als Hörbuch spricht.


    ASIN/ISBN: 3899036719

  • Meine Meinung: Da ich es zeitlich nicht geschafft habe, das Buch zu lesen, habe ich mir das Hörbuch ausgeliehen. Ich bin etwas hin- und her- gerissen, was dieses Thema betrifft. Auch mir fiel "Unter meinem Himmel" von Alice Sebold ein, die mich damals gefangen nahm, mit ihrer ungewöhnlichen Erzählperspektive - indem sie das Opfer, bzw. den Geist des Opfers erzählen ließ, wie die Gewalttat an ihr das Leben ihrer Familie veränderte.


    Steward O´Nan bedient sich der "realistischen" Sicht auf das Geschehen - und zeigt alle Veränderungen nach dem Verschwinden von Kim, einem ganz normalen amerikanischen Teenager auf, die sich in ihrer Familie, aber auch in ihrem Umfeld ergeben. Er arbeitet geschickt die vielen kleinen Sprünge im Leben der Menschen auf, die Kim nahe standen, zeigt, welche Maschinerie anläuft, wie gefühllos teilweise
    "to- do-Listen" abgearbeitet werden, wenn es um einen verschwundenen Menschen geht und skizziert die betroffenen Personen indem er sie erzählen lässt, oder über das, wie sie die Zeit "danach" erleben.
    Sehr nüchtern und emotionsarm schildert der Autor wie sich das Leben aller, die mit Kim zu tun hatten, verändert - ob sie es wollen oder nicht- es fehlt ein Mensch, mit dem sie alle mehr oder weniger Kontakt hatten. Die Erzählweise hält den Leser, in diesem Fall den Zuhörer, auf Distanz, erzeugt aber aufgrund der vielen Fragen, die auftauchen und der Gewissheit, dass es auf nur ein Ende hinauslaufen kann, eine latente Spannung.


    Stephan Schad liest das Hörbuch sehr ruhig und in gleichmäßigem Fluss, was teilweise etwas monoton klingt und manchmal auch Mühe macht, der Geschichte zu folgen. Ein wenig mehr Ausdruck hätte vielleicht manchmal gut getan, aber da man diese Art des Vortrages auch als die eigene Art des Sprechers, die Story zu interpretieren sehen kann, konnte ich das akzeptieren.


    Mein Fazit: Keine ganz leichte Kost, sondern ein Hörbuch, das man nicht einfach so nebenbei hören sollte - für das man sich Zeit nehmen sollte, denn das ist es wert.

  • Zitat

    Original von ueberbuecher - sind alle seine Bücher so?


    Ich finde schon, dass "Alle, alle lieben dich" repräsentativ für Stewart O Nans Stil ist. Auch thematisch behandelt er immer wieder den amerikanischen Alltag und der kann oft hart sein in wirtschaftlcih schlechten Zeiten.


    Empfehlen würde ich den kuzen Roman "Letzte Nacht " oder "Emily allein"
    Speed Queen fällt etwas aus dem Rahmen.
    "Die Chance" war auch nicht schlecht, vielleicht nicht ganz so zwingend.
    Seinen letzten Roman "Westlich des Sunsets" kenne ich noch nicht.