Vor allen Nächten (All Other Nights)
Dara Horn
Übersetzer: Christiane Buchner, Martina Tichy
Berlin Verlag
ISBN: 978-3827008701
477 Seiten, 22 Euro
Über die Autorin: Dara Horn, 1977 geboren, studierte hebräische und jiddische Literatur in Harvard. Ihr erster Roman „Ausgelöscht sei der Tag“ erhielt mehrere Preise. Ihr zweiter Roman „ Die kommende Welt“ wurde in elf Sprachen übersetzt und mit dem National Jewish Book Award ausgezeichnet. Dara Horn lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in New Jersey.
Worum geht es? Der neunzehnjährige Jacob Rappaport ist Sohn jüdischer Einwanderer und lebt mit seiner Familie in New York – Als sein Vater ihn mit der einfältigen Emma, der Tochter eines seiner Geschäftspartner, verheiraten will, flüchtet Jacob zur Armee der Nordstaatler, die für die Abschaffung der Sklaverei kämpfen. Schon bald erhält er einen riskanten Auftrag; er soll in die feindlichen Gebiete reisen und ausgerechnet seinen eigenen Onkel umbringen. Als dieser Auftrag gelingt, wird Jacob erneut in den Süden geschickt und erhält diesmal den Auftrag, Eugenia Levy, eine feindliche Spionin auszukundschaften und zu heiraten. Jacob gerät in ein Haus, in dem vier ungewöhnliche Frauen wohnen und es dauert nicht lange, bis er sich zwischen Liebe und Verrat entscheiden muss…
Der amerikanische Bürgerkrieg bildet den Hintergrund für diesen Mix aus Liebes- und Spionageroman. Mit wenigen Szenen gelingt es Dara Horn, die Zeit der Sklaverei so darzustellen, dass man den Kampf der Nordstaatler nur allzu gut versteht und sich als Leser auf deren Seite gezogen fühlt. Trotzdem wollte der Funke nicht so ganz überspringen. Jacob blieb als Charakter einfach zu fremd. Seine Schwäche, sein Fehlen an eigenem Willen und seine Unterwürfigkeit gegenüber der Obrigkeit, sein Handeln ohne Fragen zu stellen, machte aus ihm einen mir unsympathischen Hauptdarsteller.
Die Autorin gewährt zu wenig Einblick in seine Gedanken und Gefühlswelt und verwehrt so die Empathie, die man als Leser so gern dem Protagonisten entgegenbringt und die einen in die Handlung hineinzieht. So kam ich mir beim Lesen vor, als sähe ich – mäßig interessiert – ein Theaterstück, das mir am Ende einen höflichen Applaus abringt.
Fazit: Gut geschrieben und sicherlich keine schlechte Unterhaltung, doch für mich gehört es zu den Büchern, die man nicht unbedingt gelesen haben muss.