Querfahrt mit Dürrenmatt - Heinz Ludwig Arnold

  • Wallstein Verlag, 109 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Arbeiten des Kritikers Heinz Ludwig Arnold über Friedrich Dürrenmatt: Über den ersten Besuch bei dem Künstler, über den Dramatiker, den Maler und über den »neuen« Prosaschreiber aber auch über Dürrenmatt und Max Frisch.


    Über den Autor:
    Heinz Ludwig Arnold, geboren 1940 in Essen, ist freiberuflicher Publizist und Honorarprofessor der Universität Göttingen. Er ist Herausgeber der Zeitschrift TEXT+KRITIK sowie des Kritischen Lexikons zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. 2009 erschien die von ihm herausgegebene dritte, völlig überarbeitete Auflage des Kindler Literatur Lexikons.


    Meine Meinung:
    Heinz Ludwig Arnold hatte jahrelang diverse male über den Erzähler und Dramatiker Dürrenmatt geschrieben und veröffentlicht. Für dieses Buch von 1990 hatte er die Texte zusammengefasst und komplett überarbeitet. Es entstand noch zu Lebzeiten des Autors. Nachdem er schon mit Max Frisch gesprochen hatte, wollte er auch unbedingt mit Friedrich Dürrenmatt sprechen. Gespräche von 1975 zwischen Arnold und Dürrenmatt sind später auch als Hörbuch erschienen.


    Zunächst besucht Arnold Dürrenmatt in seinem Haus in Neuchatel. Er sieht dort die Bilder des Malers Dürrenmatt. 5 Abbildungen in dem Buch zeigen Zeichnungen von Dürrenmatt. Sie sind ziemlich ungewöhnlich. Über den Maler Dürrenmatt gibt es später noch ein eigenes Kapitel in dem Buch.
    Dann stellt Heinz Ludwig Arnold in seinem Vortrag „Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt“ Zusammenhänge und große Unterschiede zwischen diesen beiden Schriftstellern her. Er bringt Beispiele für die unterschiedlichen Charaktere. So hat Max Frisch als er mit Dürrenmatt verwechselt wurde, das sofort richtig gestellt. Dürrenmatt hat in gleicher Situation den Spieß umgedreht, sich dem verwechselnden Studenten sich als Frisch ausgegeben, über dessen Werk diskutiert und nebenbei über einen gewissen Dürenmatt gelästert. Solche Anekdoten lockern das Buch sehr auf und sind vergnüglich, auch wenn diese Geschichte über Dürrenmatt vermutlich erfunden ist, wie Arnold mutmaßt. Trotzdem sieht er darin einen typischen Unterschied. Arnold schreibt über das Werk.
    Arnold sieht die Autoren an die Grenze stoßend, bei Frisch mit der Radikalität des Montauk, bei Dürrenmatt mit dem Stück „Der Mitmacher“, dass kein Erfolg wurde.
    Dieses Kapitel mit dem Vortrag war für mich das Beste des Buches.
    Arnold erläutert überzeugend über Dürrenmatt:

    Zitat

    Er kommt von der Philosophie und von den Naturwissenschaften her.
    Naturwissenschaftliche und kosmologische Anspielungen sind im Werk Dürrenmatts zahlreich.


    Dem Abschnitt Dürrenmatt Theater konnte ich vergleichsweise nicht so viel abgewinnen, da ich viele Stücke von Dürrenmatt nicht kenne.
    Das Kapitel Dürrenmatts Projekt „Stoffe“ enthält den bemerkenswerten Satz:

    Zitat

    "Aneignen und Sich-Befreien: das ist für Dürrenmatt die Bewegung des Schreibens.“


    Ich persönlich mochte bei Dürrenmatt immer seine philosophischen und kriminalistischen Ansätze, zum Beispiel in Es geschah am helllichten Tag (Das Versprechen).


    Obwohl Querfahrt mit Dürrenmatt ein lebendig geschriebenes Buch ist, entstand zum Ende hin trotzdem kein drängendes Verlangen jetzt unbedingt was von Dürrenmatt zu lesen.


    ASIN/ISBN: 3257230079

  • Hab ich jetzt suchen müssen, bis ich diese Rezi wieder gefunden habe.....ich wollte doch unbedingt etwas dazu sagen.


    Auseinandersetzungen zwischen Frisch und Dürrenmatt die gab es tatsächlich immer und immer mal wieder. Manchmal trugen sie ihre Dispute auch ganz öffentlich aus, nämlich in der legendären "Kronenhalle" in Zürich.
    Irgendwo habe ich mal darüber gelesen, dass meistens der Max Frisch als "Geschlagenener" die Kampfarena verlassen hat. Nicht weil er dem Dürrenmatt intellektuell nicht gewachsen gewesen wäre, sondern weil er 1. die schlechteren Nerven hatte und 2. war er wohl auch ein ziemlich humorloser Zeitgenosse.


    Somit würden die Geschichten um die Namensverwechslungen schon zutreffen....die unterschiedlichen Reaktonen darauf.
    Ich sehe sie wirklich grad bildlich vor mir....der "eingeschnappte" Frisch auf der einen Seite, der Dürrenmatt auf der anderen Seite, der sich einen Spass daraus machte und sich dabei köstlich amüsierte.

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Zitat

    Original von Joan
    Ich sehe sie wirklich grad bildlich vor mir....der "eingeschnappte" Frisch auf der einen Seite, der Dürrenmatt auf der anderen Seite, der sich einen Spass daraus machte und sich dabei köstlich amüsierte.


    Ja, großartig! :rofl


    Aber ist die Geschichte nicht doch zu gut um wahr zu sein?
    Vor allem, wenn es dann noch heißt, der Student mit dem sich Dürrenmatt diesen Spaß erlaubt hatte, wäre später im Boden versunken als er Dürrenmatt bei einer Vorlesung wiedertraff. :grin

  • Also dem Dürrenmatt wäre eine solche Reaktion durchaus zuzutrauen. Der hat sich glaubs noch manch andere Spässchen erlaubt.


    Und dass die beiden Namen Frisch und Dürrenmatt in der "Hitze des Gefechtes " miteinander verwechselt wurden....oder dem einen die Werke des anderen "untergejubelt" wurden, auch das kann gut möglich sein. Zu ihrer Zeit nannte man sie ja beide immer grad in einem Atemzug, man redete kaum über den einen ohne auch noch den anderen zu erwähnen.
    Sowas konnte dann sicher schon mal zu gewissen Konfusionen/Verwechslungen führen bei solchen Leuten, die literarisch etwas weniger informiert waren.


    Und weil sie so schön ist diese Geschichte, will ich sie einfach glauben. :grin

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