Kurzbeschreibung
Die Vernichtung von Sozialbauvierteln ist ein zentrales Projekt der repressiven Wende der amerikanischen Sozialpolitik. In New Orleans vollzieht sie sich dank des Hurrikans Katrina im Zeitraffer. Die Autoren lassen nach dem Sturm aus der Stadt vertriebene afroamerikanische Sozialmieter, Verantwortliche aus Bundesbehörden, Manager von Immobilienfirmen, Aktivisten und Bürgerrechtler sprechen. Sie erzählen, wie am Mississippi im Namen des Wiederaufbaus ein brutales Verwertungs- und Vertreibungsprogramm durchgesetzt wird.
meine Meinung
Im Prinzip verrät der Titel eigentlich schon, um was es in diesem Buch geht, nämlich um die skandalösen Zustände in New Orleans nach dem Sturm Katrina. War schon das Krisenmanagement, soweit überhaupt von so etwas sprechen kann, kurz nach dem Sturm eine größere Kastrophe als der Wind, so zeigte sich erst einige Zeit später, welche Verwüstungen die anschließende Politik tatsächlich anrichtete.
2005 fegte der Hurricane Katrina über New Orleans hinweg. Verhehrend war dabei nicht in erster Linie der Sturm selbst, den haben die meisten Häuser glimpflich überstanden, sondern die Dammbrüche in den folgenden Tagen, die vor allem die armen, deutlich unter dem Meeresspiegel liegenden Quartiere betrafen und zu einer Entvölkerung der entsprechenden Wohngebiete führte.
Diese Entvölkerung, die ehemaligen Bewohner sind auf Trailerparks und Wohnungen im gesamten Süden der USA verteilt, dauert bis heute an.
Betroffen davon sind in erster Linie die „Housing Projects“, Blöcke aus Sozialwohnungen aus der Nachkriegszeit, die sich mittlerweile in begehrten Innenstadtlagen befinden. Eigentlich waren die Projects als Übergangslösung gedacht, in denen Menschen vorübergehend eine Bleibe finden konnten. Doch über die letzten 50 Jahre hat sich in diesen Blocks eine prekäre, aber stabile Parallelgesellschaft entwickelt, durchsetzt von Kriminalität, Gewalt und Drogen, aber auch Solidarität, Nachbarschaftshilfe und einer eigenen Kultur.
Während seit der Reaganära in der ganzen USA diese, zumindest aus Sicht der weißen Mittelschicht, Schandflecken, nach und nach abgerissen werde, schaffte Katrina in dieser Beziehung paradiesische Zustände: schlagartig standen vier große „Housing Projects“ leer, die Bewohner wurden an der Rückkehr gehindert.
In diesem Buch werden nun die Zusammenhänge aufgedröselt: warum die ehemaligen Bewohner partout in diese angeblich so furchtbaren Quartiere zurückwollen, warum die Stadtverwaltung von New Orleans das unbedingt verhindern will und natürlich die Gretchenfrage: wer verdient daran.
Nebenher werden die aktuellen Entwicklungen anhand der Geschichte der schwarzen Bevölkerung speziell in New Orleans gedeutet und Einblick in die verschiedene Denkansätze der Stadtentwicklung gegeben.
Obwohl die Autoren eindeutig linke Positionen vertreten und sich klar auf die Seite der schwarzen Unterschicht schlagen, wird auch der anderen Seite ausreichend Raum für ihre Positionen gelassen. Auch Schwächen der eigenen Argumentation werden klar benannt.
Obwohl das Buch also nach wissenschaftlichen Standards verfasst wurde (der Anhang enthält fast 400 Quellenangaben), und die Autoren das Thema von der sozialwissenschaftlichen Warte betrachten, liest es sich spannend wie ein Krimi und verleitet, sich näher mit dem Thema zu befassen. Und so sind einige der Quellen prompt auf meiner Wunschliste gelandet.
Ein kleines Minus gibt es für die vergleichweise vielen Rechtschreib- und Kommafehler sowie eine nicht ganz ausgemerzte als-wie-Schwäche.