Menschenkind - Toni Morrison

  • Über die Autorin:


    Toni Morrison, geboren 1931 in Lorain, Ohio, lehrte neun Jahre an amerikanischen Universitäten Englische Literatur. Danach arbeitete sie als Verlagslektorin. Für ihren Roman "Menschenkind" wurde sie 1988 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet und für ihr Gesamtwerk 1993 mit dem Nobelpreis. Zur Zeit lebt sie mit ihren beiden Söhnen in der Nähe von New York.


    Kurzbeschreibung nach amazon:


    1855 flieht die Sklavin Sethe, die von ihrem Mann verlassen wurde, von der Plantage >>Sweet Home<< in Kentucky nach Ohio. Sie versucht ihre vier Kinder zu töten, um diese vor dem Schicksal der Sklaverei zu bewahren. Ihre zweijährige Tochter stirbt, die anderen drei überleben. Auf dem Grabstein der Verstorbenen lässt Sethe die Inschrift >>Menschenkind<< anbringen. 18 Jahre später lebt Sethe allein mit ihrer zweiten Tochter Denver. Die Vergangenheit ist präsent geblieben: Die zwei Söhne sind fortgelaufen, in der schwarzen Gemeinde wird Sethe als Kindsmörderin gemieden, die tote Tochter spukt durch das Haus. Eines Tages taucht Paul D. auf, ein ehemaliger Sklave von >>Sweet Home<<, der ein gemeinsames Leben mit Sethe aufbauen will und den Geist des toten Kindes vertreibt. Als er von dem Mord Sethes an ihrer Tochter erfährt, verlässt er schockiert das Haus. Plötzlich steht eine junge Frau namens Menschenkind vor Sethes Haus, die in eben jenem Alter ist, in dem das verstorbene Kind sein müsste. Sethe nimmt sie als die verlorene Tochter auf; es folgen einige Wochen glücklichen Zusammenlebens der kleinen Familie. Doch Menschenkind verlangt nach immer neuen Beweisen der Liebe Sehtes und versucht überdies Denver aus dem Haus zu drängen. Als sich Nachbarsfrauen vor dem Haus versammeln, um den Geist des toten Kindes auszutreiben, sieht Sethe Menschenkind erneut in Gefahr, in die Sklaverei zu gelangen, und stürzt sich auf den ebenfalls anwesenden weissen Arbeitgeber Denvers; ein weiterer Mord kann jedoch von den Frauen verhindert werden. Menschenkind verschwindet spurlos, Sehte bleibt verzweifelt zurück. Doch sie erhält neuen Rückhalt durch die Gemeinde und das nochmalige Angebot Paul D.s, eine gemeinsame Zukunft mit ihm zu verbringen.


    Menschenkind wurde 1998 unter seinem Originaltitel "Beloved" mit Oprah Winfrey und Danny Glover in den Hauptrollen verfilmt.



    Meine Meinung:


    Zunächst einmal: Ich habe mich noch nie so schwer getan, über ein Buch meine Meinung zu schreiben, wie bei diesem hier, weil ich so zwiespältig bin. Es bereitet zumindest am Anfang sehr große Mühe das Buch zu lesen, da es ständig zwischen verschiedenen Erzählperspektiven und Zeitebenen wechselt, ohne dass dies kenntlich gemacht ist. Einige Stilmittel (z.B. Gedanken in unvollständigen Sätzen, nur durch Tabstopps getrennt) haben mir das Lesen noch mehr erschwert. Andererseits erzählt Morrison mit einer ganz eigenen und teilweise gewöhnungsbedürftigen Sprache, die gleichzeitig nüchtern und doch sehr schmerzhaft und liebevoll ist. Auch wenn dieses Buch betroffen macht, hat es mich nicht durchgehend mitfühlen und -leiden lassen, schade...


    Liebe Grüße,
    milla

  • Stimme nicht zu. Es ist ein grossartiges Buch. Wer kann, unbedingt im Original lesen (Schon die Übersetzung des Titels "Menschenkind" finde ich völlig misslungen. "Beloved" heisst doch eher "Geliebtes" ).


    Die abgehackten Sätze etc. sind wichtig, weil das Buch nicht einfach die Handlung beschreibt - ganz im Gegenteil - es geht um den psychischen Zustand seiner Protagonisten. Ein Meilenstein in der Weltliteratur, unbedingt lesen!

  • Ich mochte das Buch nicht.
    Ich musste jetzt leider nach dem Driten Morrison-Versuch feststellen, daß das nicht am Thema liegt, sonder an Frau Morrisons Schreibstil.


    Sie schreibt, als würde Sie den Text von einer Aufzeichnung abtippen, die Sie zuvor auf Band gesprochen hat.
    Kurz: Sie schreibt, wie (man) sie spricht.


    Kann ich persönlich nichts mit anfangen...
    aber zumindest ist nun geklärt, dass ich keine Bücher mehr von ihr lesen muss.


    geklärte Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Ich mochte das Buch nicht.
    Ich musste jetzt leider nach dem Driten Morrison-Versuch feststellen, daß das nicht am Thema liegt, sonder an Frau Morrisons Schreibstil.


    Sie schreibt, als würde Sie den Text von einer Aufzeichnung abtippen, die Sie zuvor auf Band gesprochen hat.
    Kurz: Sie schreibt, wie (man) sie spricht.


    Kann ich persönlich nichts mit anfangen...
    aber zumindest ist nun geklärt, dass ich keine Bücher mehr von ihr lesen muss.


    geklärte Grüße von Elbereth :wave


    (ich weiß auch noch, wie wahnsinnig heiß um diesen Nobelpreis
    diskutiert wurde :grin)

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Originaltitel: Beloved (Pulitzerpreis: 1989)


    In "Menschenkind" wird das Schicksal der ehemaligen Sklavin Sethe (gesprochen Ssiethie) geschildert, die 1863 von der Farm „Sweet Home“ in Kentucky flieht, um sich, ihre Kinder und ihr ungeborenes Baby in eine bessere Zukunft zu führen. Ihre Schwiegermutter Baby Suggs wurde einige Jahre zuvor von ihrem Sohn Halle freigekauft und hat sich ein neues Leben in Cincinnati aufgebaut. Hier hofft Sethe auf eine Wiedervereinigung ihrer Familie.


    Sethe überlebt die Flucht durch die Hilfe des „Weißenmädchens“ Amy Denver und bringt gemeinsam mit ihr das Baby Denver in einem Boot zur Welt. Alles scheint sich zum Guten zu wenden, aber es steckt noch mehr hinter der Geschichte, denn in den folgenden 18 Jahren spukt es in ihrem neuen Domizil. Die Frauen glauben, dass es der Geist von Sethes ältester Tochter Menschenkind ist, die wütend über ihren Tod ist. Der Spuk hört erst auf, als ein ehemaliger Bekannter von Sethe in das Haus kommt und sie verzaubert und gleichzeitig ängstigt. Während Denver darauf eifersüchtig reagiert, versucht Sethe sich an die neuen Gefühle zu gewöhnen. Überraschend bekommt die kleine Gemeinschaft weiteren Zuwachs durch eine junge Frau namens Menschenkind…


    Ich fand es schwierig, die ersten 150 Seiten zusammenhängend zu verstehen, weil der Schreibstil und die Struktur der Geschichte ungewöhnlich sind. Anfangs werden viele verschiedene Personen eingeführt. Dabei geht es nicht so sehr um explizite Beschreibungen sondern eher um Erinnerungen. Konzentration beim Lesen ist also dringend notwendig!


    Hat man sich erst einmal an den Stil von Toni Morrison gewöhnt, entwickelt sich der Roman quasi zu einer Sucht. Gerade am Anfang wird der Leser durch extreme Beschreibungen des kummervollen Lebens schockiert (z. B. als Sethe sich selbst von dem Totengräber quasi vergewaltigen lässt, um einen Grabstein inklusive Inschrift für ihre tote Tochter erstehen zu können). Der Roman erinnert den Leser sehr explizit daran, dass das Leiden ehemaliger Sklaven auch nach dem Ende des Bürgerkrieges nicht endete. Außerdem stellt es wichtige Thesen darüber auf, dass eine Befreiung noch lange nicht bedeutet, dass man seine Freiheit auch begreift und nutzt.


    Hier bietet sich dem Leser ein sehr kontroverses Thema, das zum Nachdenken anregt und keine einfache Lösung vorgibt. Ohne zuviel verraten zu wollen, kann ich sagen, dass im Mittelpunkt des Romans eine unter einer Extremsituation begangene Straftat steht. Die Handlung der Täterin muss auf den ersten Blick verabscheuenswürdig und grausam erscheinen, erklärt sich aber zumindest rationell durch die Bedingungen unter denen sie agiert. Auch wenn man versucht, sie zu verstehen, bleibt beim Leser ein Grauen zurück.


    Diese zwiespältige Haltung ist wohl auch von der Autorin beabsichtigt. Ich hatte den Eindruck, dass Toni Morrison mit diesem Roman versucht, die Barbarei der Sklaverei, aber auch die anschließende Unsicherheit für alle Beteiligten zu illustrieren. Diese Anklage wird in überaus poetischer und plastischer Weise verdeutlicht! Eine der Stärken dieses Romans ist es, dass Toni Morrison überhaupt Worte dafür gefunden hat, diesen Schrecken beschreiben zu können.


    Wie bereits erwähnt, ist die Sprache und der Stil gewöhnungsbedürftig, aber wenn man sich von den ersten 10 Seiten nicht abschrecken lässt, hat man mit "Menschenkind" einen literarischen Volltreffer gelandet!


    PS: Auf der Wikipedia-Seite kann man nachlesen, dass es sich bei dem hier geschilderten Fall um eine wahre Geschichte handelt:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Margaret_Garner. Dort findet man auch weiterführende Links.
    Interessant auch, dass der Nachname im Roman in Form der Besitzer von "Sweet Home" auftritt.