Theo Lingen Das Spiel mit der Maske – R.Aurich/W.Jacobsen

  • Aufbau-Verlag 2008


    Mein erster Eindruck:
    Zur Zeit hat mich das Theaterfieber gepackt. Insbesondere interessiert mich da die erste Hälfte des 20. Jahrhundert. Zwischendurch lese ich daher in diese Biographie über Theo Lingen hinein.
    Lingen begann in den frühen zwanziger Jahren als junger Mann am Theater, gleichzeitig mit Heinz Rühmann und Rudolf Platte. Er spielte alles: vom Schwank bis zum Klassiker, oder etwas dazwischen: Oscar Wilde in The impotance of beeing Earnest.


    Theo Lingen arbeitet mit Brecht. 1926 verliebt er sich in die Ehefrau von Bertold Brecht, die er später heiraten wird.
    1929 beginnt Lingen mit den ersten Rollen im Film.


    So sehr mir die schrecklichen Pauker-Filme der 70ziger Jahre missfielen, war Lingen doch eine bemerkenswerte Persönlichkeit. Er hat früh als Regisseur gute Filme gemacht, zum Beispiel „Hauptsache Glücklich“ und er hat gegen Ende seines Lebens durch sein anmoderieren der Fernsehreihe „Lachen Sie mit Stan und Olli“ das Bild von „Dick und Doof“ im deutschen Fernsehen verändert zu Mr. Stan Laurel und Mr. Oliver Hardy. Das ist ihm hoch anzurechnen.


    Kurzbeschreibung
    Er galt als »Knallcharge« und brillierte in unzähligen komischen Rollen neben Hans Moser und Heinz Rühmann. Geboren 1903 als Franz Theodor Schmitz, debütierte der Sohn eines Juristen als 18-jähriger in Hannover - ohne Schauspielausbildung. Es folgten Engagements unter der Regie von Brecht und Gründgens. 1929 wurde er für die Leinwand entdeckt und schrieb mit seinen Rollen in Fritz Langs »M«, »Das Testament des Dr. Mabuse« oder Bolvarys »Rosen in Tirol« Filmgeschichte. Diese Biographie, mit der die Autoren eine grundlegende Quellenarbeit leisten, stellt erstmals Theo Lingens Lebensumstände im Dritten Reich dar, seine Hilfe für NSVerfolgte und sein Verhältnis zu Emigranten wie Fritz Kortner und Bertolt Brecht, mit dessen erster Ehefrau Marianne Zoff Lingen verheiratet war. Die Biographie zeichnet so ein neues Bild des Schauspielers.


    Über die Autoren
    Rolf Aurich, geboren 1960, studierte Geschichte, Germanistik und Pädagogik. Lektor an der Deutschen Kinemathek. Veröffentlichungen zur Filmgeschichte. Lebt in Berlin.
    Wolfgang Jacobsen, geboren 1953, studierte Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte. Verantwortet den Bereich Publikationen & Forschung an der Deutschen Kinemathek. Veröffentlichungen zu Film und Literatur. Lebt in Berlin.

  • Na toll.... :yikes Mein ramponiertes Bankkonto lässt grüssen :lache


    Das Buch ist umgehend auf meiner Wunschliste gelandet, ich warte aber noch bisschen zu, bis eventl. ein TB auf den Markt kommt.



    Der Theo Lingen war ein von all seinen Kollegen hochgeschätzter Mann....das konnte ich aus meinen vielen Biografien (also von und über diverseste seiner Zeitgenossen) herauslesen. Dass es über den Lingen eine Biografie gibt, das wusste ich aber bisher nicht.


    Danke Herr Palomar fürs Vorstellen dieses Buches.... :wave

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Das klingt interessant, vielen Dank :-)



    Zitat

    Original von Joan
    Der Theo Lingen war ein von all seinen Kollegen hochgeschätzter Mann....das konnte ich aus meinen vielen Biografien (also von und über diverseste seiner Zeitgenossen) herauslesen.


    Welche wären denn das? Hast Du die hier auch vorgestellt? Muss ich gleich mal suchen gehen ...!

    There is more treasure in books than in all the pirate's loot on Treasure Island. ~ Walt Disney ~

  • Theo Lingen spielte im Theater auch unter Gustaf Gründgen, mit dem er gut befreundet war.


    Auch im Film wirkten sie gemeinsam, zum Beispiel in Fritz Langs unvergleichlichem Meisterwerk M - Eine Stadt sucht einen Mörder.
    Gründgens spielte den Schränker und Theo Lingen den Bauernfänger.
    Mit zu diesen Gaunern, die beschließen einen Kindermörder selbst zu fassen, gehörten auch Paul Kemp und Fritz Odemar.

  • Zitat

    Original von Doowop68


    Welche wären denn das? Hast Du die hier auch vorgestellt? Muss ich gleich mal suchen gehen ...!


    Doowop
    Auf Anhieb weiss ich das nicht mehr..... ich müsste daher in meinen Biografien danach suchen, und das könnte tage- wenn nicht wochenlang dauern, denn es sind wohl so um die 100 Bücher von deutschsprachigen Theater- und Filmschaffenden aus jenen Zeiten, in denen davon die Rede sein könnte. :grin

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Zitat

    Original von Joan
    Doowop
    Auf Anhieb weiss ich das nicht mehr..... ich müsste daher in meinen Biografien danach suchen, und das könnte tage- wenn nicht wochenlang dauern, denn es sind wohl so um die 100 Bücher von deutschsprachigen Theater- und Filmschaffenden aus jenen Zeiten, in denen davon die Rede sein könnte. :grin


    Schaaade ... aber extra nachschauen ist dann doch nicht nötig, ich fang ja jetzt erst an mich für Biographien zu interessieren :lesend


    Aber falls Dir mal zufällig diesbezüglich wieder was über den Weg laufen sollte, wäre ich nicht undankbar :anbet

    There is more treasure in books than in all the pirate's loot on Treasure Island. ~ Walt Disney ~

  • Ich sehe mir die Filme mit Lingen immer wieder gerne an. Normalerweise interessieren mich Biographien ja nicht so, aber da könnte ich fast ein wenig schwach werden... :anbet

  • Zitat

    Original von Doowop68


    Aber falls Dir mal zufällig diesbezüglich wieder was über den Weg laufen sollte, wäre ich nicht undankbar :anbet


    Doowop...meinst Du jetzt generell Biografien über deutschsprachige Theater- und Filmschaffende früherer Zeiten? Solche laufen mir dauernd über den WEg. :grin
    Oder meinst Du ganz speziell Aussagen über Theo Lingen? Wenn mich nicht alles täuscht, dann hat man ihn auch dafür bewundert, dass er trotz aller Widrigkeiten von Seiten der Nazis, immer zu seiner jüdischen?? oder halbjüdischen??? Frau gestanden ist.
    Darüber könnte Dir der Herr Palomar sicher Genaueres sagen....


    :wave

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Zitat

    Original von Joan
    Oder meinst Du ganz speziell Aussagen über Theo Lingen? Wenn mich nicht alles täuscht, dann hat man ihn auch dafür bewundert, dass er trotz aller Widrigkeiten von Seiten der Nazis, immer zu seiner jüdischen?? oder halbjüdischen??? Frau gestanden ist.


    Das ist zutreffend, Theo Lingen blieb die ganze Zeit loyal zu seiner Frau.
    In dem Zusammenhang äußert sich Lingen auch positiv zu Gustaf Gründgens, der als Judenprogrome in Berlin begannen, dafür sorgte, dass Lingen seine Frau in der Gaderobe des Theaters in Sicherheit bringen konnte.


    Theo Lingen hielt sich auch von Nazi-Propagandafilmen fern, mit Ausnahme einer Verfilmung eines Lessing-Stoffes, der leider inhaltlich politisch verfremdet wurde. Ansonsten hielt sich Theo Lingen während des Krieges in einer "inneren Emigration" auf, wie seine Tochter erzählte.


    Nach dem Krieg baten viele Kollege Theo Lingen als Bürgen bei ihren Entnazifisierungsverfahren auf. Für viele setzte er sich ein, bei manchen entzog er sich. Zum Beispiel bei Emil Jannings, der sich eng mit den Nazis eingelassen hat, den Nationalsozialismus propagandisch unterstützte und sich an Juden bereicherte, indem er ihnen ihre Grundstücke zu unangemessenen, niedrigen Kaufpreisen abnahm.
    Emil Jannings hasste Theo Lingen für die fehlende Unterstützung, bezeichnete ihn als Schwein und Denunziant.
    Theo Lingen aber war Bzugsperson für Emigranten, nicht für die, die sich mit den Nazis eingelassen hatten.


    Es ist ein große Leistung der Autoren Aurich und Jacobsen, was für eine Menge an Informationen sie in dieser Biographie sammelten und verdichteten.


    Insgesamt ergibt sich ein anderes, unbekanntes Bild von Theo Lingen, es wird klar, dass seine Klamotten der 70ziger Jahre eigentlich nur ein kleiner Teil seines Werkes waren, aber seine Arbeit im Theater ist heutzutage leider mehr und mehr vergessen.
    Diese Biographie wirkt gut dagegen!

  • Toll, super, grossartig....im Juni und Juli wird im Hause Joan der Gürtel enger geschnallt...es gibt höchstenfalls noch Wasser und Brot für die leiblichen Bedürfnisse: denn im Juni sollte endlich, nach jensten Verschiebungen die unten aufgeführte Biografie über Jannings auf den Markt kommen, die ich schon im letzten Herbst in unserem Dorfbuchladen bestellt habe.... :cry



    Und gaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaanz grosses Dankeschön Herr Palomar... für Deine hochinteressanten Infos zu Theo Lingen.

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Joan ()

  • Zitat

    Original von Joan


    Doowop...meinst Du jetzt generell Biografien über deutschsprachige Theater- und Filmschaffende früherer Zeiten? Solche laufen mir dauernd über den WEg. :grin


    Ja, ich meinte das generell :wave
    Dann werde ich also mal die Rubrik Biographien genauer im Auge behalten was da demnächst von Dir zu lesen sein wird *vorfreu* :-)

    There is more treasure in books than in all the pirate's loot on Treasure Island. ~ Walt Disney ~