Easy Virtue - Eine unmoralische Ehefrau

  • OT: Easy Virtue


    Regie: Stephan Elliott


    Mit: Jessica Biel, Colin Firth, Kristin Scott Thomas, Ben Barnes



    Kurzbeschreibung:
    (ausgeborgt bei amazon.de und um möglichen Spoiler gekürzt)


    Der junge Engländer John Whittaker verliebt sich mit Haut und Haaren in Larita, eine sexy und glamouröse Amerikanerin. Die beiden heiraten unverzüglich. Doch als das junge Paar in Johns Familienstammsitz zurückkehrt, reagiert Johns Mutter allergisch auf die neue Schwiegertochter. Larita bemüht sich zwar nach Kräften, sich in die Familie einzufügen, aber kann das Minenfeld, das ihre Schwiegermutter für sie auslegt, nicht umgehen. Es dauert nicht lange und Mrs. Whittakers Manipulationen zeigen ihre Wirkung bei John. Larita fürchtet, dass ihre Liebe ihr immer mehr entgleitet.



    Meine Meinung:


    Ab und zu ist es angeraten, sich genauer über einen Film vorab zu informieren anstatt einfach von Titel, Inhaltsangabe und Besetzung auszugehen…
    Ich bin nämlich mit völlig falschen Erwartungen ins Kino gedackelt, hoffte auf einen Film à la „Was vom Tage übrig blieb“ oder dergleichen. Hätte ich gewusst, dass „Easy Virtue“ die Neuverfilmung eines Bühnenstücks von Noel Coward ist, hätte ich mich bestimmt schneller mit den kurzen Gesangseinlagen und den wenig feinsinnigen Boulevardtheater-Gags angefreundet.
    Als ich dann allerdings soweit war, fand ich dafür die melodramatischen bis tiefgründig-ernsthaften Szenen komplett überflüssig, geradezu störend. Überhaupt wirkte der Film stellenweise recht zusammengestückelt und eigentlich weiß man schon nach fünf Minuten, wie sich die Handlung weiterentwickelt und die Geschichte endet.


    Dass der Film trotzdem Vergnügen bereitet, ist den Darstellern zu verdanken, die offenbar einen Riesenspaß daran hatten, in der opulenten, stilvollen Kulisse mal ordentlich aufzudrehen. Jessica Biel ist gut, richtig gut - und schön anzusehen obendrein (ähnlich wie Ben Barnes, der aber ansonsten furchtbar fade wirkt und den ich als einziges echtes Manko empfunden habe). Kristin Scott Thomas ist wunderbar zickig-eisig, zuweilen herrlich snobistisch-exaltiert und erlaubt dabei doch den einen oder anderen tieferen Einblick in die Psyche Mrs. Whittakers.
    Wie nicht anders zu erwarten ist Colin Firth der heimliche Star des Films, wie er den zerknautscht-exzentrischen, unter dem Pantoffel stehenden Gutsherren verkörpert, hinter dem sich wesentlich mehr verbirgt: eine traumatisierte Seele, die leidet und trauert, dann Hoffnung schöpft, schließlich auftaut und wieder zu leben beginnt. Ihm dabei zuzusehen, dürfte ein Fest für jeden Colin-Firth-Fan sein. Nicht zu vergessen Kris Marshall („Colin, Sex God“ in „Tatsächlich Liebe“): wie er als Butler Furber vornehmer ist als seine Herrschaft und in jeder noch so schrägen Szene aufs Köstlichste die stiff upper lip beibehält, ist die reinste Freude.


    „Easy Virtue“ wird nicht als bester Film in das Jahrbuch 2010 eingehen – aber einige Szenen werden mir sicher unvergessen bleiben. Darunter die rabenschwarze Geschichte um Zwergkläffer Poppy - vor allem aber die Tangoszene, die zum Heulen schön ist und mich wirklich mitten ins Herz getroffen hat.


    Trotz aller Mängel hat mich dieser Film mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht und mit einem Swing-Rhythmus im Blut aus dem Kino tänzeln lassen.
    Kein absolutes cineastisches Highlight, aber ein netter Film für zwischendurch, der einfach richtig, richtig Laune macht. :-]

  • Danke für die Rezension. :wave


    "Easy Virtue" habe ich noch nicht gesehen, aber bereits in meinem nicht ganz unbeträchtlichen DVD *Stapel*. Ich war auf den Film bei irgendeiner anderen Filmauswahl/Bestellung aufmerksam geworden und das Titelbild verspricht ja:


    Der Film spielt in den 1920ern (für die ich schon immer eine Schwäche hatte) und britisches Kostüm- und Ausstattungskino ist immer schön anzusehen.


    Und wenn Colin Firth sowie Kristin Scott Thomas (der das Styling der 1920er auch besonders gut steht) mitspielen, sind das für mich zwei weitere gute Argumente für den Film. :-]



    (Bei amazon.co.uk ist der Film übrigens bedeutend preiswerter als zur Zeit bei amazon.de)



    .

  • Uta - die Ausstattung ist zum Niederknien!! :anbet
    Kristin Scott Thomas hat leider eine Rolle, die kostümtechnisch nicht so dolle ist - dafür haben sie bei Jessica Biel (die ich eigentlich nie so wirklich mochte, die mir aber in diesem Film überraschend gut gefiel) aus dem Vollen geschöpft, so richtig umwerfend und atemberaubend; Stoffe, denen man ansieht, wie schmeichlerisch sie sich anfühlen müssen. Hach!


    Wenn Du ihn dir anguckst, wäre ich zu neugierig auf Deine Meinung :wave

  • Zitat

    Original von Nicole
    Uta - die Ausstattung ist zum Niederknien!! :anbet
    Kristin Scott Thomas hat leider eine Rolle, die kostümtechnisch nicht so dolle ist - dafür haben sie bei Jessica Biel (die ich eigentlich nie so wirklich mochte, die mir aber in diesem Film überraschend gut gefiel) aus dem Vollen geschöpft, so richtig umwerfend und atemberaubend; Stoffe, denen man ansieht, wie schmeichlerisch sie sich anfühlen müssen. Hach!


    Das hört sich ja wirklich gut an.


    Zitat

    Wenn Du ihn dir anguckst, wäre ich zu neugierig auf Deine Meinung :wave


    Aber klar doch. :grin


    .

  • Ich wollte mir den Film auch unbedingt ansehen, aber leider geben unsere Provinzkinos den mal wieder nicht. Vielleicht in einem halben Jahr dann.
    Das einzige Kino, das ihn in der näheren Umgebung (1 Stunde Fahrtzeit) gespielt hat, hat ihn aus dem Programm genommen, bevor ich Gelegenheit hatte ihn zu sehen.


    Aber irgendwann....

  • @ Uta


    Von der Gestaltung her ist der Film wirklich ein Augenschmaus. :anbet


    @ Finchen87


    :knuddel1


    Bei uns lief er von exakt Donnerstag bis Dienstag, eine Vorstellung am Tag. :rolleyes
    Das Kinoprogramm hier ist leider auch nur zum Heulen - allerdings definitiv gut für die gesamte Heimkino-Industrie...

  • Easy Virtue


    Was macht eine gelungene englische Komödie aus?
    Diese Frage haben sich offensichtlich auch die Filmemacher von Easy Virtue gestellt, die sich des gleichnamigen Theaterstücks von Noël Coward bedienten, um den englischen Humor auf die Leinwand zu bringen.
    So gesellen sich in dieser Gesellschaftskomödie auf einem Landgut, die in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts spielt, unterschiedlichste Charaktere zusammen, die reichlich Zündstoff zur besten Unterhaltung der Zuschauer bieten.


    John Whittaker, gespielt von Ben Barnes, lernt bei einem Autorennen die amerikanische Rennfahrerin Larita Huntington (Jessica Biel) kennen.
    Es ist Liebe auf den ersten Blick und so nimmt John schon bald seine Angetraute mit auf das familiäre Landgut der Whittakers.
    Larita, schön und immer en vogue gekleidet, kann als Femme fatale zwar nicht auf die Zuneigung ihrer Schwiegermutter Veronica hoffen, findet jedoch recht schnell in ihrem Schwiegervater Jim Whittaker (ein großartiger Colin Firth, der in dieser Rolle nicht nur zum Schönsein verdammt ist) einen Verbündeten. Jim, geprägt vom Einsatz im ersten Weltkrieg, hat fast alle aristokratischen Formen abgelegt und interessiert sich nur noch für sein Motorrad, obwohl der Familiensitz kurz vor dem Verkauf wegen Überschuldung steht und die familiäre Situation belastet. Laritas gänzlich unadeliges Verhalten und die gemeinsame Liebe zu allem Motorisierten sind Veronica schon bald ein Dorn im Auge und geben Anlass zu feinsinnigen, zuweilen auch bitterbösen Schlagabtauschen, die dieser Komödie den notwendigen Espirt verleihen.


    Auch wenn der Inhalt dieser Komödie teils zu wünschen lässt, so überzeugen doch die hervorragende Kostüm- und Requisitenausstattung (als Beispiele seien nur die exquisiten Hutkreationen und die wunderschönen Oldtimer genannt) als auch die Drehorte auf englischen Landsitzen sowie die geniale Besetzung mit brillianten Schauspielern, die diesen Film zu einem cineastischen Vergnügen werden lassen.


    Nicht unerwähnt bleiben sollte das musikalische Hintergrundexperiment von zeitgemäßer Musik der zwanziger Jahre mit Stücken des ausgehenden 20.Jahrhunderts, die dem Stil des Films angepasst wurden, so dass die Zuschauer beispielsweise das bekannte Sexbomb von Tom Jones auf eine neuinterpretierte Art erleben dürfen.


    Easy Virtue ist in bester Wildescher Tradition ein Lehrstück auf den englischen Adel, der versucht, sich mit seinem Untergang
    nicht auseinanderzusetzen und den damit einhergehenden Zerfall der eigenen Familie nicht bemerkt, ohne jedoch den Schwerpunkt
    auf die Gesellschaftskritik zu legen, sondern anhand familiärer Auseinandersetzungen die Komödie zur Tragödie werden zu lassen.


    Mein Fazit:
    Ansehen!