Todesbraut - Sandra Lüpkes

  • Taschenbuch: 340 Seiten
    Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (1. Mai 2010)
    ISBN-10: 3423247819
    ISBN-13: 978-3423247818


    Kurzbeschreibung:
    Shirin Talabani, 33, ist tot. Die brutalen Würgemale an ihrem Hals sprechen eine eindeutige Sprache. Der Verdacht fällt sofort auf ihren Bruder, der bereits drei Jahre zuvor wegen versuchten Totschlags an ihr verurteilt worden war. Ein klassischer Fall von Ehrenmord?


    Wencke Tydmers hat sich in den USA als Profilerin ausbilden lassen und arbeitet jetzt beim LKA in Hannover. Ihr erster Fall führt sie direkt zu Shirin Talabanis Leiche. Gegen alle Dienstvorschriften stürzt Wencke sich in die Ermittlungen. Denn sie – oder besser: ihr Gefühl – weiß, dass Shirins Bruder den Mord nicht begangen hat. Zu spät merkt Wencke, dass sie beschattet wird. Und plötzlich ist ihr kleiner Sohn Emil verschwunden. Die Spuren führen nach Istanbul ...


    Über den Autor
    Sandra Lüpkes, Jahrgang 1971, lebte jahrelang auf der Insel Juist, inzwischen in Münster. Sie arbeitet als Autorin und Sängerin. Mit ihren Küstenkrimis um die intuitive Ermittlerin Wencke Tydmers hat sie sich eine große Fangemeinde geschaffen. Auch ihr historischer Roman ‚Die Inselvogtin’ und ihr Trennungsratgeber ‚Ich verlasse dich’ aus der Perspektive der Verlassenden sind sehr erfolgreich. www.sandraluepkes.de
    Mehr im Autorenporträt



    Meine Meinung:
    Wencke Tydmers lebt inzwischen in Hannover und ist nach drei Jahren, die sie in den USA verbracht hat, als Fallanalytikerin im LKA angestellt.


    Von ihrer gewohnten Art, aus dem Bauch heraus zu handeln und sowohl oftmals richtig zu liegen, sich aber auch in schwierige Situationen zu manövrieren, hat sie nicht abgelegt, auch ihr Sohn Emil und die persönliche Schwierigkeit, als alleinerziehende Mutter zu leben, hat mir Wencke wieder näher gebracht.


    Ich war erst skeptisch, ob mir Wencke auch in Hannover gefallen würde, aber ich bin total begeistert von diesem Krimi, der mich eine fast schlaflose Nacht gekostet hat, weil ich einfach nicht aufhören konnte zu lesen. Die Autorin scheint auch in Hannover recherchiert zu haben, die Stadt wurde in meinen Augen gut beschrieben.


    Dazu der Fall, der dieses Mal das Thema Ehrenmord behandelt und dabei interessante Einblicke in das Leben der Kurden gibt.


    Von mir gibt es 10 Punkte und ich freue mich, dass die Autorin auch mit ihrem 7. Roman um Wencke Tydmers nicht an Spannung verloren hat.

  • Eine alleinerziehende, junge Kurdin, Shirin Talabani, wird ermordet. Ein Ehrenmord? Immerhin hat ihr Bruder es vor ein paar Jahren schon einmal versucht, sie mit dem Auto von der Straße abzudrängen. Zum Glück überlebte sie damals den Unfall, ihre Tochter Roza allerdings trägt seitdem schreckliche Narben im Gesicht. Und nun ist ihre Mutter tot, in ihrem Bett gefesselt und erwürgt. Hat ihr Bruder seine grausige Tat vollendet? Denn er ist seit einigen Tagen aus dem Gefängnis frei. Wencke Tydmers hat da so ihre Zweifel, denn der Tathergang passt nicht zu ihm. Die Polizei Hannover aber ist froh, die Akten so schnell schließen zu können, immerhin hat ihr Bruder ja vor kurzem erzählt, dass er seine Tat noch vollbringen möchte. Um die Ehre der Familie wieder herzustellen, muss sie sterben. Aber was ist eigentlich Ehre?


    Wencke Tydmers ist zurück in Deutschland. Nach drei Jahren in Amerika, wo sie in Quantico als Profilerin ausgebildet wurde, hat sie nun eine Stelle beim LKA in Hannover angenommen. Geregelte Arbeitszeiten waren ihr als alleinerziehende Mutter sehr wichtig, aber ein Schreibtischjob ist doch einfach nicht das Richtige für sie. Sie vermisst es, ihrem Instinkt nachgehen zu können und aktiv an den Ermittlungen teilzuhaben. Die Kollegen sind nämlich nicht gerade erfreut über ihre Einmischung, mehr als einmal muss Wencke zurückrudern und wird nicht ernst genommen. Kein Wunder, denn hier in Hannover kennt sie ja keiner und man weiß nicht, wie untrüglich ihr Instinkt ist. Kurzerhand nimmt sie die Fäden in die Hand und ermittelt auf eigene Faust. Es gibt nur einen, der auf sie hört und der ihr immer noch treu zur Seite steht, ihr ehemaliger Kollege Axel Sanders - ihre große Liebe. Aber Axel ist mittlerweile mit Kerstin verheiratet, einer weiteren ehemaligen Kollegin, die seit einem Unfall blind ist, an dem Wencke ebenfalls beteiligt war. Vor lauter Schuldgefühlen und weil sie Axel in dieser Situation ihre Gefühle nicht preisgeben wollte, ist sie nach Amerika geflüchtet. Jetzt ist sie wieder da - und Axel sofort bereit, ihr zu helfen. Denn auch seine Gefühle Wencke gegenüber sind immer noch sehr stark, er würde alles für sie tun. Das muss er allerdings auch, denn beide bewegen sich mit ihren Ermittlungen schon hart an den Grenzen der Legalität.


    Sandra Lüpkes schafft es wieder einmal, mit klaren, eindringlichen Worten hinter die Kulissen zu schauen. Westliche trifft auf östliche Welt, die kurdische Welt ist uns fremd und besonders der Brauch, warum ein Mord die Ehre der Familie wieder herstellt. Diese patriarchalische Gesellschaft, in der Männer ungestraft über die Stränge schlagen dürfen und Frauen ihre Freiheit noch nie wirklich erlangt haben. Die Autorin urteilt allerdings nicht, sie stellt nur die Tatsachen dar. Das Beurteilen einer fremd anmutenden Kultur überlässt sie ganz alleine dem Leser.
    Je mehr Wencke Einsicht in die Ermittlungen nimmt, desto seltsamer kommt ihr der Fall vor. Als sie überraschenden Hinweisen nachgeht, wird ihr kleiner Sohn entführt, damit sie die Finger von dem Fall lässt. Jetzt erst recht mobilisiert Wencke alle Kräfte und bekommt viel Hilfe von unerwarteter Seite. Die Spuren der Kidnapper führen sie nach Istanbul, wo sie mit Hilfe von Peer Wasmuth noch einen Terrorakt in letzter Sekunde aufdeckt. War es wohl noch rechtzeitig genug?


    Der Mix aus Ermittlungen und Privatleben ist Sandra Lüpkes wieder hervorragend gelungen. Leider klärt sich das Verhältnis von Axel und Wencke noch nicht zur Zufriedenheit, hier muss man auf mindestens einen weiteren Band hoffen. Geschickt hat die Autorin allerdings wieder einmal ein hochbrisantes Thema gewählt und es so dargestellt, dass der Leser nicht nur eine Sichtweise präsentiert bekommt. Der Einblick in die fremde Kultur, die fremden Gebräuche und Traditionen dient zum besseren Verständnis. Die spannungsgeladene Geschichte dient wiederum dem reinen Lesevergnügen, die Auflösung ist unerwartet und so manche Person entpuppt sich als völlig anders, als sie anfangs zu sein schien. Sandra Lüpkes schafft es wie keine andere, den Leser in das Buch hineinzuziehen und ihn nicht vorschnell zum Verurteilen zu bringen. Sie lässt dem Leser Raum, eigene Schlüsse zu ziehen und Mitgefühl für schwierig wirkende Charaktere und Situationen zu zeigen. Bei ihr ist nichts Schwarz oder Weiß, sie ist eine Meisterin der Grautöne.
    Ein besonderes Lob hat allerdings auch der Verlag für dieses herausragende, ungewöhnliche Cover verdient. Schaut man genau hin, so kann man erkennen, dass der Hintergrund aus dem ersten, gedruckten Kapitel des Buches besteht. Unauffällig und klein gedruckt, aber doch vorhanden, sichtbar nur bei genau dem, was Sandra Lüpkes auch von ihren Lesern fordert und erwartet - genaues Hinschauen.



    Fazit:


    Endlich wieder ein spannender Fall mit Wencke Tydmers und Axel Sanders. Sympathische Ermittler und ein hochbrisantes Thema garantieren Spannung und Lesevergnügen. Dazu noch stimmiges Lokalkolorit mit bekannten Orten in Hannover und Istanbul, Sandra Lüpkes lässt ihre Leser wieder einmal atemlos zurück, mit viel Stoff zum Nachdenken.