Fallen Angel (Herzen im Winter) - Don J. Snyder

  • „Terry,“ she replied, shaking her head, „do you really believe there’s any such thing as a simple life?“* (Seite 207)


    295 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
    Verlag: Pocket Books (Simon & Schuster), New York NY 2001
    ISBN-10: 0743422317
    ISBN-13: 978-0743422314



    Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)


    Bisweilen verändert eine Nacht ein ganzes Leben. So an jenem Weihnachtsfest, als Charles Halworth in einen schrecklichen Unfall verwickelt wurde, an dessen Folgen eine Frau und ihr Baby starben. Charles kam nie darüber hinweg und verschwand noch in der Unglücksnacht, indem er seine vierjährige Tochter Catherine und den achtjährigen Nachbarjungen Terry alleine im Auto zurück ließ.
    Dreißig Jahre später kehrt Terry von L. A. nach Maine zurück, weil sein Vater gestorben ist und er den Nachlaß regeln muß. Als er das erste Mal nach Jahren wieder in seines Vaters Werkstatt steht, das Serenity Cottage sieht, in welchem die Halworths damals wohnten, kommen die Erinnerungen zurück. Als Catherine mit ihrer Tochter Olivia für die Feiertage ins Cottage kommen will, sieht sich der erfolgreiche Hollywoodagent plötzlich mit der Vergangenheit und den Folgen der Geschehnisse jener Nacht vor rund dreißig Jahren konfrontiert. Folgen, die das Leben aller damals Beteiligter noch jetzt beeinflussen - bewußt oder unbewußt. In der Kälte und im Schnee von Maine ist es an der Zeit, die losen Enden aufzugreifen und endlich zu verknüpfen.


    Bei dem Buch tue ich mich etwas schwer mit der Einordnung in Belletristik oder Romance. Da es auch eine Liebesgeschichte beinhaltet, habe ich mich, wenn auch mit einigem Bauchgrummeln, für diese Rubrik entschieden.



    Über den Autor (Quelle: Wikipedia, Verlagsangabe)


    Snyder wurde 1950 in Pennsylvania geboren und ist in Maine aufgewachsen. Mit seiner Frau und ihren vier Kindern lebt er in Scarborough, Maine. (Ausführliche Biographie siehe engl. Wikipedia).


    - < Klick > - Der englische wikipedia-Artikel
    - < Klick > - die Seite bei Randomhouse zum Autor (in englischer Sprache)




    Meine Meinung


    Fallen Angel - Der gefallene Engel. Es mögen mancherlei Assoziationen bei einem solchen Titel kommen, doch bestimmt nicht die, welche hier im Buch eine Rolle spielt. Weder geht es um Engel als himmlische Wesen, noch um solche in Gestalt von schönen Frauen (obwohl zumindest eine solche im Buch vorkommt) oder gar um Helfer, die man als „Engel“ bezeichnet. Obwohl, letzteres würde vielleicht ein bißchen zutreffen.


    „You won’t tell Calli. She believes he’s dead. And there are things worse than that, remember?“** (Seite 146) In der Tat - es gibt Schlimmeres als den Tod. Dabei hatte alles so gut begonnen. Auf dem Nachhauseweg von einem Auftritt als Santa Claus in der Kinderabteilung des Krankenhauses kommt es zu einem schrecklichen Unfall, eine Frau und ihr Baby sterben. Es wird offiziell festgestellt, daß ihn keine Schuld trifft. Doch Charles Halworth, der Unglücksfahrer, kommt darüber jedoch nicht hinweg und verschwindet in die Nacht. Zurück im Auto läßt er seine vierjährige Tochter und Terry, das achtjährige Kind des Hausmeisters.


    Knapp dreißig Jahre nach jenem verhängnisvollen Weihnachten stirbt Terrys Vater, mit dem er seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte, weswegen er nach Maine zurück muß, um den Nachlaß zu regeln. „Open Serenity for Christmas.“ Ein einfacher Zettel läßt ihn in Gedanken zurückreisen zu den Bewohnern von Serenity Cottage, eben jenen Halworths. Catherine will mit ihrer Tochter über Weihnachten ins kalte Maine kommen, und Terry, beruflich in Hollywood erfolgreich, innerlich aber leer, beschließt ein paar Tage zu bleiben und diesen Auftrag auszuführen. So beginnt eine Reise in die Vergangenheit, deren Ende nicht abzusehen ist.


    Terry trifft auf den Bruder von Charles und erfährt, daß letzterer nicht tot ist, sondern auf der Straße lebt. Catherine wiederum hat keine Erinnerungen an ihren Vater, die Mutter hat jegliche ausgelöscht und sie glauben machen, er habe sie bereits vor Catherines Geburt verlassen. Und Terry beginnt langsam, die Zusammenhänge zu verstehen, die Wunden in seiner und Catherines Vergangenheit zu sehen.


    „I think of them as fallen angels,“ Warren said, softly. „When they lay like that, I mean.“ ***(Seite 146) Ich habe vor vielen Jahren in einem Nichtseßhaftenheim Zivildienst geleistet; zu einer Zeit, da ich zu jung war zu verstehen was mit diesen Menschen passiert war. Aber Terry, Ende dreißig, beginnt zu verstehen. Diese Stelle, etwa in Buchmitte, wird zum Wendepunkt für ihn. Es gilt, die losen belastenden Enden der Vergangenheit endlich zu verknüpfen. Doch wie, und wollen die Beteiligten - Catherine, Charles, er selbst - das überhaupt? Welche Folgen wird es haben?


    Die Abreise Terrys kommt schließlich einer Flucht gleich, wie er sein ganzes Leben lang vor etwas geflohen ist. Doch dieses Mal gibt es kein Entrinnen, die Fahrt in die Nacht zum Flughafen könnte man symbolisch auffassen. Immer mehr wird er zum Gefangenen des stärker und stärker werdenden Schneefalls, der dafür sorgt, daß alle Flughäfen bis hin nach New York geschlossen werden. Und dort, wo die Reise beginnt, muß sie auch wieder enden. Im übertragenen wie im wörtlichen Sinne. Alles begann vor Jahren in Rose Point, der Sommersiedlung der Reichen, und hier muß es schließlich enden, auf die eine oder andere Weise.


    Über dem Buch liegt eine leise Melancholie, eine Sehnsucht nach etwas Verlorenem, Undefinierbaren; so wie Terry und Catherine über lange Zeit nicht wissen, was sie wollen, wie Warren (der Bruder Charles’) nicht weiß, was richtig ist. Auch wenn es nur knapp dreihundert Seiten sind, konnte ich mich gut in die Geschichte und die Protagonisten einfühlen. Inwieweit das der kurz zuvor gesehenen Verfilmung (s. u.) zu verdanken ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Wies Terry zu Beginn durchaus einige eher unsympathische Eigenheiten auf, so hat er sich im Verlauf der Handlung doch positiv weiterentwickelt und verändert.

    Das Einzige, was ich mir für das Buch noch gewünscht hätte, wären am Schluß so ein, zwei Seiten mehr, obwohl: es ist eigentlich alles gesagt; auf der letzten Seite wird, quasi als eine Art Epilog, ein Ausblick auf die Zukunft gegeben, der keine Fragen mehr offen läßt.


    Und so legen alle Protagonisten eine weite Reise zurück. Von jenem verhängnisvollen Weihnachtsfest des Jahres, in dem J. F. Kennedy ermordet wurde bis hin zu jenem an welchem dieses Buch endet. Einem Buch, das einem der Nebendarsteller seinen Titel verdankt: Fallen Angel - Der gefallene Engel.



    Kurzfassung:


    Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte, die dreißig Jahre nach einem verhängnisvollen Unfall die damals Beteiligten wieder zusammenführt. Leise, etwas melancholisch, und doch voller Wärme im kalten Maine. Eine Geschichte, die mir nicht so schnell aus dem Kopf gehen wird.



    Edit ergänzt: Wie sich aus Herrn Palomars Rezi weiter unten ergibt, gab es eine gekürzte deutsche Version in einem Sammelband. Daher Ergänzung dieses dt. Titels im Threadtitel, Kommentar dazu siehe weiter unten mein Post.



    Sinngemäße Übersetzungen (aus dem Kontext heraus):
    * = „Terry,“ antwortete sie und schüttelte ihren Kopf, „glaubst du wirklich, daß es so etwas wie ein einfaches Leben überhaupt gibt?“
    ** = „Du wirst es Calli nicht erzählen. Sie glaubt, er sei tot. Und es gibt schlimmeres als tot zu sein, schon vergessen?“
    *** = „Für mich sehen sie aus wie gefallene Engel, „sagte Warren leise. „Wenn sie so daliegen, meine ich.“


    ASIN/ISBN: 0743422317

    .

    ASIN/ISBN: 3899151380

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Regisseur: Michael Switzer
    Darsteller: Gary Sinise, Joely Richardson, Gordon Pinsent, Jordy Benattar, Dave Nichols, u. v. a.
    Sprachen: Englisch
    Laufzeit: ca. 98 Minuten
    Altersfreigabe: Für jedes Alter freigegeben (Dove Foundation)
    Erschienen: Film (TV): 2003
    Amazon.com-Nr.: B000O5Q8R0
    EAN: 015012772180 (Firma: Hallmark Hall of Fame)
    Bezugsquellen: < Hier Amazon.com >, von einem dortigen Marketplace-Anbieter habe ich meine DVD.
    < Hier Amazon.co.uk >, wo die DVD bisweilen ebenfalls über Marketplace-Anbieter erhältlich ist. Allerdings meist wesentlich teurer als direkt in den USA.
    Wichtiger Hinweis:: Region 1 - codierte DVD. Nur abspielbar auf Codefree-Player oder PC-DVD-Laufwerk mit Code 1. Nicht auf in Europa üblichen Playern abspielbar.



    Das Buch wurde unter gleichem Titel verfilmt, und zwar als 217. Hallmark Hall of Fame Produktion. Den Film, der in Europa nie als DVD erschien, habe ich vor dem Lesen des Buches gesehen. Zwar gibt es deutliche Unterschiede zwischen Buch und Film, doch diese sind in der Tat den unterschiedlichen Medien geschuldet. Im Hinblick auf den „Geist des Buches“ ist dies eine der besten Literaturverfilmungen, die ich in letzter Zeit gesehen habe.


    Der augenfälligste Unterschied ist sicherlich, daß Catherine im Buch dunkle bis schwarze, im Film jedoch blonde Haare hat. Ansonsten finde ich die Rollen sehr gut besetzt, als ob der Autor beim Schreiben an genau diese Schauspieler gedacht hätte.


    Auch die Veränderungen in der Handlung ergeben Sinn, denn manches läßt sich zwar in einem Buch mit wenigen Worten beschreiben, im Film jedoch nur schwer transportieren. Das, was das Buch ausmacht, wurde mE in hervorragender Weise ins Medium Film umgesetzt und ich habe hier wieder mal einen der Fälle, in denen ich mich nicht entscheiden kann, was mir besser gefällt: Buchvorlage oder Verfilmung.



    Informationen im Internet (in englischer Sprache):


    - < Klick > - die Seite bei imdb.com (mit komplettem Cast & Credit)
    - < Klick > - eine Besprechung auf movieguide
    - < Klick > - die Empfehlung der Dove-Foundation (familienfreundlicher Film)


    ASIN/ISBN: B00018WNP6

  • Don J. Snyder: Herzen im Winter


    Originaltitel: Fallen Angel
    Übersetzt von Claudia Porger


    Kurzbeschreibung:
    Der Hollywood-Produzent Terry McQuinn hat die Welt seiner Kindheit hinter sich gelassen –die Tischlerwerkstatt seines Vaters, die ärmlichen Verhältnisse, die vom Leben enttäuschte Mutter. Erst als sein Vater stirbt reist Terry noch einmal an die Ostküste, um den Nachlass zu ordnen. Er entdeckt einen letzten Auftrag seines Vaters, der ihn zwingt, zu Schauplatz einer früheren Tragödie zurückzukehren...


    Mein Eindruck:
    Ich habe die deutsche Ausgabe von Fallen Angel gelesen, die in einem Readers Digest-Band unter dem Titel Herzen im Winter erschienen ist.
    Nahezu parallel habe ich mir den Hallmark-Film angesehen, bei dem Don J.Snyder auch das Drehbuch geschrieben hat, basierend auf seinem Roman.
    Daher haben Buch und Film auch ein sehr ähnliches Feeling. Ruhig und gefühlvoll erzählt. Sehr atmosphärisch und mit Maine als reizvollen Schauplatz. Snyder widmet sich wichtigen Themen, wie Rückkehr, Schuld und Mitgefühl .
    Ich finde des nachvollziehbar, wie die Rückkehr des Protagonisten in die Stadt seiner Jugend, Erinnerungen an Geschehnisse aus seiner Kindheit aufleben lassen.


    Die Schreibe ist typisch amerikanisch, erinnert leicht an Richard Paul Evans, wobei sich Snyder zurücknimmt und deutlich verhaltener schreibt.
    Ich finde seinen Stil ansprechend und habe sogleich noch einen Roman von ihm bestellt (Erfahrungen: Der Granatwanderer)


    Natürlich ist es bedauerlich, dass nur eine gekürzte Fassung des Romans in Deutsch vorliegt, aber ich bin doch froh, das es wenigstens die gibt.
    Ich mag auch den Film. Gary Sinise war eine gute Wahl für die Hauptrolle,

  • Danke, Herr Palomar, fürs Hochholen des Threads. Ist das schon fünf Jahre her, daß ich das gelesen habe. :wow


    Interessant, daß es davon anscheinend nur eine gekürzte dt. Fassung im Rahmen der Reader's Digest Auswahlbücher gab. Ich habe im Bestand der Deutschen Nationalbibliothek recherchiert: es gab anscheinend tatsächlich keine deutsche Normalausgabe des Buches. Daher habe ich im Eingangspost weiterhin die Originalausgabe belassen und nur den deutschen Titel im Threadtitel ergänzt.


    Das habe ich jetzt zum Anlaß genommen, mir den Film nach längerer Zeit wieder einmal anzusehen. Der wirkt genauso gut wie beim ersten Mal. :-]



    Übrigens bin ich auf ein weiteres Buch des Autors gestoßen, das ich mir jetzt für die Weihnachtslesezeit bestellt habe:


    The Winter Travelers - Don J. Snyder


    It has been a hard year in New York City for princes and for beggars; and twenty-eight year old Charlie Andrews, a Wall Street profiteer, believes he has lost everything that matters in the world when he steps out onto the window ledge of the twenty-second floor of The Waldorf Hotel on a cold evening five days before Christmas. He has no idea that the last call he made on his cell phone has placed his fate in the hands of a young homeless woman who runs through the falling snow and turns his life with a brief exchange of dialogue: Most of us miss the real story, Charlie. What real story? The story we were put in this world to live. Why do we miss it? Because it's someone else's story. We just play a part in it. Thus begins their unforgettable journey into a dreamscape of time and memory on a train traveling through a blizzard to deliver them to the meaning and purpose of their lives.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Daher habe ich im Eingangspost weiterhin die Originalausgabe belassen und nur den deutschen Titel im Threadtitel ergänzt.


    Ja, das finde ich gut so. Danke.


    Den deutschen Titel mag ich nicht, der OT hingegen hat Bedeutung, denn Don J.Snyder wurde inspiriert, als er in Maine beobachtete, wie ein Obdachloser sich auf die Motorhaube eines gerade geparkten Wagens legte, um sich zu wärmen.
    Zitat von Snyder: "Der Mann sah aus wie ein gefallener Engel, wie er so dalag mit ausgebreiteten Armen."

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Den deutschen Titel mag ich nicht, der OT hingegen hat Bedeutung, denn Don J.Snyder wurde inspiriert, als er in Maine beobachtete, wie ein Obdachloser sich auf die Motorhaube eines gerade geparkten Wagens legte, um sich zu wärmen.


    Dieses Erlebnis in 1979 war nicht seine einzige Inspiration zu diesem Roman (und Film). Sein familiärer Hintergrund ist ähnlich wie der von Terry im Film: Handwerker. Man arbeitete mit den Händen, nicht mit dem Kopf. Er selbst war auch einige Zeit als „Caretaker“, als Hausmeister tätig, wie Terrys Vater. Und selbst für das blinde Mädchen gibt es Anregungen und Begegnungen aus seinem Leben. (Quelle: Interview mit Don J. Snyder im Bonusteil der DVD).


    Und ja, der Titel "Fallen Angel" hat etwas für sich. Das Bild der "fallen angels" habe ich seit dem ersten Ansehen des Filmes nie mehr aus dem Kopf bekommen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")