Thráinn Bertelsson - Höllenengel

  • Víkingur, Chef der Polizei von Reykjavík, und seine Frau Thórhíldur, die Rechtsmedizinerin von Island, fahren nach Holland, um zu klären, ob es sich bei der im Rotterdamer Hafen gefundenen Leiche um Thórhíldurs verschwundenen Sohn Magnus handelt. Gleichzeitig wird in den estnischen Wäldern eine geheime Amphetaminfabrik samt Personal abgefackelt und in einem Sommerhaus auf dem Lande in Island werden drei übel zugerichtete Leichen dreier Reykjavíker Unterweltsgrößen gefunden. Lediglich die an den verschiedenen Tatorten gefundene obskuren Zeichen deuten auf einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Verbrechen hin.


    Also mal ehrlich: so eine hirnrissige Story habe ich ja schon lange nicht mehr gelesen, mit einem derart hanebüchenen Plot, dass schnell klar wird, dass die Geschichte aus dem Ruder laufen und der Autor Schwierigkeiten bekommen würde, sie vernünftig aufzulösen. Blutrünstig bis zur Farce ist dieser Fall, und doch tut der leitende Kommissar, ein depressiver Moralapostel, wenig, um ihn zu lösen. Dazu kommt noch Runenmumpitz und immer wieder Vorträge über die teuflischen Gefahren des Drogen- und Alkoholmissbrauchs, die dem einen oder anderen der Protagonisten in den Mund gelegt werden.


    Und trotzdem, unerklärlicherweise hat es mir über weite Strecken Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen. Das mag daran liegen, dass man sehr schnell irgendwelche Ansprüche hinsichtlich der Glaubwürdigkeit dieser Geschichte zu den Akten legt, die blutrünstigen Szenen als nicht ernstzunehmendes Stilmittel des Autors betrachtet und die geschichtlichen (und auch naturwissenschaftlichen) Informationen, die den Plot unterfüttern sollen, als, wenn nicht frei erfunden, so doch willkürlich zusammengeklaubt und zu einem sehr wackeligen Motivgerüst zusammengezimmert betrachtet (also keinesfalls glaubt, man könne aus diesem Roman geschichtliches Fachwissen mitnehmen).


    Es ist wie mit einem alten japanischen Godzilla-Film: Eigentlich jenseits von Gut und Böse, aber dennoch Unterhaltung, die einem in einer bestimmten Gemütsverfassung durchaus Spaß machen kann.


    Edit hat ein "s" im Autorennamen hinzugefügt. Scheiß Genitiv.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

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  • Zitat

    ich werde dieses Buch bestimmtneinniemalsnicht lesen


    ich denke, das ist ein gute Entscheidung, Elbereth :grin.


    Ich fürchte, es bedarf tatsächlich einer gewissen Hartleibigkeit, um dieses Buch durchzustehen. Was nicht bedeutet, das manche Szenen nicht sehr amüsant wären, und die Sicht eines isländischen Kulturpessimisten nicht die eine oder andere Überraschung zu bieten hätte.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich habe vergessen, wo ichs hingelegt habe, deshalb bin ich auch nicht so weit gekommen.
    Und wahrlich, es ist das schlechteste Islandbuch, das ich jemals gelesen habe.
    Der Kommissar ist eine wirklich ätzende Persönlichkeit, der sich permanent selbst bemitleidet. Klar, wenn man als Autor so gemein ist, und dem Protagonisten alle Freuden im Leben einfach wegsterben lässt, muss man schon auf gedrückte Stimmung achten.
    Generell sind jedoch viele aufgezeigte Gedanken des Kommissars zu lang, zu unwichtig und zu übertrieben.
    Die Dialoge sind wirklich hirnrissig, man fragt sich, ob der Autor auf diese Weise mit Menschen spricht, wenn ja, hat er vermutlich nicht viele Freunde.
    Und dann natürlich einige total überzogene, vollkommen grenzdebile Personen, die schon am Anfang des Buches auftauchen und durchblicken lassen, dass es nur noch schlimmer werden kann...
    Wie Draper schon sagte, so als Gag ist das ganz witzig.
    Grüsse aus Frankreich,
    Pause :monster

  • Ich wollte das Buch schon ungelesen vom SUB kicken, aber dann habe ich doch mal eben reingeschnüffelt - und bin hängengeblieben.


    Eigentlich ist mir das Buch stellenweise wirklich zu brutal. Ich bin nicht unbedingt zartbesaitet, aber hier scheinen wirklich Leichen den Weg zu pflastern. Und die sind alle nicht leicht und schmerzlos über den Jordan gegangen.


    Trotzdem unterhält das Buch bisher gut (meine Lieblingsfigur ist der "blutrünstige" Kater :lache) und ich erklärte Leseschnecke habe gestern Abend auf die Schnelle knapp über 100 Seiten weggefuttert.