Seelenfänger - Rory Clements

  • Seelenfänger, Rory Clements, Orig.titel „Martyr“, Übersetz. Dietmar Schmidt, Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln, 2010, ISBN 978-3-404-16473-8


    Zum Autor (lt. Innentext):
    Rory Clements lebt mit seiner Familie in einem malerischen Winkel von Norfolk, England. Parallel zu seinem Berufsleben als leitender Journalist bei großen britischen Zeitungen entwickelte er eine Vorliebe für das Elisabethanische Zeitalter. Mit diesem Roman legt er sein viel beachtetes Debüt vor, in dem er diese Epoche lebendig leben läßt. Der Autor schreibt bereits an einem zweiten historischen Thriller mit dem sympathischen Ermittler John Shakespeare.


    Meine Meinung:
    Als ich den historischen Roman „Seelenfänger“ von Rory Clements entdeckte, war ich zunächst skeptisch. Zu sehr klang der Klappentext so, als ob ein Autor versuchen würde, die von mir sehr geschätzte Shardlake-Reihe von C. J. Sansom nachzuahmen. Noch dazu mit einem Ermittler namens Shakespeare. Glücklicherweise hat meine Neugier gesiegt und ich durfte bei der Lektüre des Buches feststellen, dass Rory Clements für die Elisabethanische Zeit das sein könnte, was C. J. Sansom für das frühe Tudor Heinrichs VIII. ist – ohne zu kopieren.


    London, 1587, Lady Blanche Howard, eine Kusine von Elizabeth I., wird brutal ermordet aufgefunden. Der Mord kann nach Indizienlage religiöse Hintergründe gehabt haben. Der junge Ermittler John Shakespeare übernimmt im Auftrag des Staatssekretärs Sir Francis Walsingham die Ermittlungen. Unterstützt wird er von Boltfoot Cooper, einem ehemaligen Seefahrer, und von Harry Slide, einer eher zwielichtigen Gestalt, die Shakespeare gelegentlich für Spionageaufträge einsetzt. Parallel dazu arbeitet John Shakespeare daran, ein Komplott gegen Sir Francis Drake, den Befehlshaber der englischen Flotte, aufzulösen. Shakespeares Nachforschungen führen ihn in wohlhabende Kaufmannshäuser und zu Huren, er befragt Adlige und Kleinkriminelle. Doch immer scheint ihm sein brutaler Rivale Topcliffe, oberster Folterknecht der Königin, einen Schritt voraus zu sein. Er sabotiert Johns Ermittlungen und schreckt dabei vor keiner Greueltat zurück. Trotzdem gelingt es John, die bis in höchste Kreise reichende Verschwörung zur Ermordung Sir Francis Drake aufzudecken. Zu diesem Zeitpunkt ist er aber bereits selbst in Gefahr, Opfer einer bösen Intrige zu werden, in die auch seine große Liebe hineingezogen wird. Er benötigt Hilfe von ungeahnter Seite...


    Dass Rory Clements historischer Roman „Seelenfänger“ ein gelungener Lesespaß für Freunde des historischen Krimis und Thrillers ist, hat mehrere Gründe. Mit dem Ermittler John Shakespeare hat der Autor einen sympathischen Protagonisten geschaffen, mit dessen Augen der Leser gerne bereit ist das elisabethanische England zu erleben – ich hätte es wahrlich nicht durch die seines grausamen Rivalen Topcliffe sehen wollen. Seinem Protagonisten stellt der Autor noch weitere interessante Figuren bei. Die Handlung betet Rory Clements so in den bis ins Detail sorgfältig recherchierten historischen Rahmen ein, dass sie in keiner anderen Zeit spielen könnte. Zu all diesen Komponenten kommt hinzu, dass Rory Clements das Handwerk des Schreibens beherrscht und die Darstellung des Lebens der Menschen im elisabethanischen England, den alltäglichen Kampf ums Überleben, den Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken gekonnt mit einer spannenden Spionage- und Kriminalhandlung verknüpft. Auch ein Augenzwinkern und ein Quentchen Humor kommen nicht zu kurz.


    „Seelenfänger“ von Rory Clements ist ein höchst gelungener, fesselnder historischer Krimi und Thriller aus der Elisabethanischen Zeit, den ich sehr genossen habe, und an dem jeder Freund der Shardlake-Reihe von C. J. Sansom seine helle Freude haben dürfte. Bei der Recherche habe ich auch schon erfreut festgestellt, dass es ein Wiedersehen mit John Shakespeare und hoffentlich auch einigen anderen Figuren aus „Seelenfänger“ geben könnte. Im englischen Original ist bereits eine zweite Folge mit Walsinghams Ermittler unter dem Titel „Revenger“ erschienen, eine dritte mit dem Titel „Prince“ scheint in Arbeit zu sein.


    9 von 10 Punkten

  • Ich denke, Du wirst es nicht bereuen. :-)


    Ich finde übrigens, daß Clements die Kurve zu John Shakespeares Bruder Will super hingekriegt hat. Ich hatte vorher die Befürchtung, daß das etwas kitschig wird. Statt dessen fand ich's richtig amüsant.

  • Zitat

    daß Clements die Kurve zu John Shakespeares Bruder Will super hingekriegt hat.


    Das habe ich nicht so recht verstanden. Ich habe gestern noch im Internet recherchiert und dabei festgestellt, dass Shakespeare gar keinen Bruder namens John hatte. Sein Vater hieß John und das sechs Jahre ältere Geschwisterkind war eine Joan, die überdies früh verstarb. :gruebel