Eco - Empfehlungen???

  • Nachdem ich die Wanderhure verschlungen haben werde, das wird irgendwann im Laufe der nächsten beiden Tagen der Fall sein, möchte ich mir nach reiflicher Überlegung ein Werk von Umberto Eco zu Gemüte führen. Kann mir als Eco-Laie jemand ein bestimmtes empfehlen???


    :waveEmilia

    Du kannst dem Leben nicht mehr Tage geben - aber dem Tag mehr Leben


    Ich lese gerade: "Das Erbe von Ragusa" von Corinna Kastner

  • Zitat

    "Der Name der Rose" ist das beste Einstiegswerk.


    Das Pendel würde dich eher anfangs erschlagen.


    Das wird so ja öfters mal gesagt. Ich persönlich sehe das aber nicht so. Man kann in "Der Name der Rose" möglicherweise über einige feingesponnene theologische Dispute hinweglesen, um die Story zu verfolgen. Das geht aber aus meiner Sicht auch bei den Kabbalistik, Verschwörungs- und Kulturhistorie-Anspielungen beim Foucaultschen Pendel. Und wer mir hier behauptet, tatsächlich alle Hinweise, jede Symbolik und jeden postmodern gestrickten Verweis in "der Name der Rose" zu durchschauen, vor dem ziehe ich den Hut. Aus meiner Sicht könntest Du genauso mit seiner "Autobiografie" - die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana - oder einem seiner anderen Bücher beginnen. Keines hat letztendlich mit einem anderen mehr oder weniger gemeinsam. Oder vielleicht besser gesagt: Jedes ist mit jedem gleich eng verwandt. Dass das Pendel sooooo unzugänglich sein soll, sehe ich nicht. Lass dich bloß nicht abschrecken!!! "Langweiler" sind zum Einstieg vielleicht (aus meiner Sicht aber nur auf den ersten Blick) die "Insel des vorigen Tages" und der "Baudolino". Um sich dem Hintersinn Ecos zu nähern gibt es übrigens auch einige nette kleine Essay-Sammlungen von ihm.
    Gruß, columbo

  • Zitat

    Meinst du das wirklich ernst?


    :cry :cry
    nicht gleich schlagen ....


    ich hatte ja schon an anderer Stelle meine Zuneigung zu Baudolino geäußert, obwohl er ja nicht bei jedem so auf Gegenliebe stößt. Die Insel des vorigen Tages ist nicht so mein Ding.
    Aber ich hab schon mehrfach von Freundinnen und Freunden die Einschätzung gehört, dass sie diese Bücher nicht "gepackt" und auch nach mehreren Anläufen auf die Seite gelegt haben, obwohl sie ansonsten Eco gerne genießen.

  • Zitat

    Original von columbo
    Die Insel des vorigen Tages ist nicht so mein Ding.
    Aber ich hab schon mehrfach von Freundinnen und Freunden die Einschätzung gehört, dass sie diese Bücher nicht "gepackt" und auch nach mehreren Anläufen auf die Seite gelegt haben, obwohl sie ansonsten Eco gerne genießen.


    Memmen!!! :lache

  • Zitat

    Original von columbo
    ich hatte ja schon an anderer Stelle meine Zuneigung zu Baudolino geäußert, obwohl er ja nicht bei jedem so auf Gegenliebe stößt. Die Insel des vorigen Tages ist nicht so mein Ding.
    Aber ich hab schon mehrfach von Freundinnen und Freunden die Einschätzung gehört, dass sie diese Bücher nicht "gepackt" und auch nach mehreren Anläufen auf die Seite gelegt haben, obwohl sie ansonsten Eco gerne genießen.


    <Iris versteht überhaupt nicht, wie man "Die Insel ..." und "Baudolino" nicht mögen kann ...>

  • Noch 'ne Kerbe für mich übrig? Okay, dann schlag' ich mal rein. Meine Meinung zu "Baudolino":


    Ein Schelmenroman. Sagt der Klappentext.
    Eine ermüdende, wenig amüsante Historienschwarte. Sage ich.


    Der Bauernsohn Baudolino begegnet im Wald, unweit seines italienischen Heimatdorfes, (aus dem später Alexandria wird), Kaiser Friedrich, genannt Barbarossa. Der deutsche Herrscher findet Gefallen an dem Burschen, der sich mit einer Flunkerei einführt, die weitreichende, für Friedrich positive Konsequenzen hat. Barbarossa adoptiert Baudolino, und dieser greift fortan aktiv in die Geschichte ein. In die vorliegende und die tatsächliche.


    Jahrzehnte später erzählt der notorische Lügner seine Lebensgeschichte dem Logotheten Niketas Choniates, während Konstantinopel brennt, quasi im Hintergrund. Eco vollführt einen erzählerischen Kopfstand, denn wie die Antwort auf die Frage "Lügst Du jetzt?" an einen Lügner niemals wirklich Aufschluß geben kann, wackelt die Erzählung Baudolinos permanent, pendelt zwischen innerer und vermeintlich vorhandener äußerer Lüge, und genau das ist das Problem. Über hunderte von Seiten zweifelt der Leser nicht etwa daran, ob der Bauernsohn - den es nie gab - tatsächlich die Wahrheit erzählt, was seinen Eingriff in die Geschichte anbetrifft, (die Antwort auf diese Frage ist eindeutig), sondern wie und ob sich das abstruse und teilweise recht lächerliche Lügenbauwerk als solches entpuppt. Und zwar jenes, das die gesamte erzählte Handlung darstellt, auf beiden Ebenen.


    Angereichert mit einer Vielzahl an Hintergrundinformationen und Fakten aus dem zwölften Jahrhundert, über Kirchenhierarchien, Monarchien, Städteherrschaften, Pakte und Ligen, berichtet Eco in einfacher Sprache über das Leben seines Protagonisten, der neben seiner vorstechenden Charaktereigenschaft bläßlich bleibt, wie übrigens auch alle Nebendarsteller, Friedrich eingeschlossen. Schwerwiegende Ereignisse werden zu lachhaften Anekdoten, von Dramatik oder Spannung keine Spur, einzig die zarte Liebesgeschichte zwischen Baudolino und Kaiserin Beatrix hat so etwas wie Charme, Atmosphäre, endet aber mitten im Buch. Der Spaß daran, im Nachhinein die Geschichte - die tatsächliche, jene des zwölften Jahrhunderts - neu zu lesen, verpufft schnell - irgendwo in der Mitte.


    Mag sein, daß der eine oder andere Chronist Gefallen an dieser Posse um die Zeit Friedrich I. findet, Vergnügen hat an der vermeintlichen Geschichtsfälschung, in deren Kontext natürlich - und alleine das habe ich als halbwegs spannend empfunden - die Frage steht, inwieweit überhaupt Verlaß auf die Überlieferungen und Dokumente aus jener, eigentlich *jeder* Epoche ist. Aber das reicht nicht. Die fade, sprachlich eher unterdurchschnittliche Erzählung kommt nie wirklich aus den Hufen, quält den Leser durch inflationäre Fakten- und Namensansammlungen, wirkt spröde und leblos, entwickelt aber vor allem keine plastischen Figuren, mehr noch, läßt die Menschen jener Zeit zu lächerlichen Figuren auf dem kaiserlichen Schachbrett werden, ohne Schicksal und Emotionen.

  • ... und dabei ist er ja fast so hübsch wie frank .... :-]
    hmmmm streicheleinheiten von iris !!!
    Aber im Ernst: ich will hier den Emilia-Thread nicht zu einer Diskussionsrunde über Eco umfunktionieren. Ich bin beim Thema Baudolino auch sicher keine gute Quelle, da ich eine Schwäche für die Staufergeschichte habe und mir so der "Histo-Schinken" einfach thematisch näher steht, als das insel-gepaddele ....
    :grin :grin Also Emilia: Verlass Dich nicht auf meinen Geschmack!! (Und fang von mir aus trotzdem mit dem Pendel an, wenn es dich reizt. ES IST KEIN HARTER BROCKEN!!!!) :grin