"Die Spur des Bienenfressers" von Nii Parkes

  • Schauplatz dieses Krimis ist ein kleines Dorf im Hinterland Ghanas. Das Leben dort ist noch sehr ursprünglich: Es gibt keinen Strom, alte Bräuche werden gepflegt.


    Eine zufällige Besucherin findet verwesende Überreste in einer Hütte. Entsetzt bringt sie die Polizeimaschinerie in Gang.


    Was da genau gefunden wurde, ist fast bis zum Ende des Buches nicht klar. Es ist klein, ohne Knochen, fleischliches Gewebe und wird zunächst für eine Nachgeburt gehalten.


    Die Dorfbewohner lassen die Polizisten gehörig auflaufen und stellen sich dumm. Sie sind von der Unhöflichkeit der Beamten vor den Kopf gestoßen.


    Es gibt zwei Erzählerebenen. Begonnen wird mit dem Ich-Erzähler Opanyin Poku, dem alten Jäger des Dorfes. Seine Erzählstimme ist einfach und schnörkellos gehalten, der Autor hat ihm eine einfache, „ungebildete“ Sprache gegeben. Z. B. spricht er konsequent vom „Pathologiker“. Er ist ein Schelm und Schlitzohr und die Schilderungen aus seinem Mund fand ich sofort sympathisch.


    Die zweite Erzählebene ist die personale, aus Sicht des Gerichtsmediziners Kayo. Er arbeitet als Leiter eines Analyselabors, hat seine Ausbildung jedoch im Ausland gemacht. Kayo wird zunächst sehr ausführlich vorgestellt und die Anstrengungen, die gemacht werden, um ihn in den Polizeidienst zu bringen, beanspruchen Raum bis zur Seite 74 (von insgesamt nur 221 S.). Wer also einen Krimi erwartet, der gleich mit rasanten Ermittlungen beginnt, könnte hier enttäuscht sein.


    Mir persönlich hat dieses Kennenlernen sehr viel Spaß gemacht. Auch Kayo ist eine sympathische Figur, die zum Spielball in einem politischen Machtgefüge wird. Seine Ermittlungen im Ort werden abwechselnd in der personalen Erzählweise (Kayo) und mit kleineren Einschüben des Ich-Erzählers (des Jägers Poku) dargestellt.


    Nüchterne Wissenschaft vermischt sich mit übersinnlichem Volksglauben und diese Mischung macht einen großen Reiz dieses Krimis aus. Der Flair des Dorflebens überzieht die Geschichte mit einer exotischen, weil für mich fremdartigen Note.


    Der Schluss ist das Einzige, das mich an dem Buch nicht zufriedengestellt hat.


    Die Erzählweise des Autors hat mir jedoch sehr gut gefallen und hoffe, dass Nii Parkes noch mehr schreiben wird.

  • Schuld an dem Schlamassel in Großvater Opanyins Dorf war das Mädchen aus dem Nachbarort, das mit einem wichtigen Minister zusammenlebte. Hätte sie das eklige Ding nicht entdeckt, wäre nie die Polizei ins Dorf gekommen. Der junge Polizist aus Accra spricht Opanyin Poku als Dorfältesten auf Englisch an und lässt es an der üblichen Höflichkeit einem alten Jäger gegenüber mangeln. Seine Ermittlungsergebnisse fallen entsprechend mager aus. Da Inspektor Donkor eines Tages gern Polizeipräsident in der ghanaischen Hauptstadt werden möchte, gibt er sich mit den dürren Fakten nicht zufrieden. In charakteristisch afrikanisch-indirekter Weise presst Donkor den jungen Gerichtsmediziner Kayo zur Hilfstätigkeit für die Polizei. Kayo, der in England studiert hat, war bei seiner Bewerbung für den Polizeidienst an der korrupten ghanaischen Bürokratie gescheitert und musste bisher mit einem Job in einem privaten Labor vorliebnehmen. Kayo braucht Geld; denn er hat mit der Unterstützung seiner Eltern im Ausland studieren können. Nun muss er im Gegenzug seiner Schwester und seinem Bruder das Studium finanzieren.


    Erster qualifizierter Gerichtsmediziner in Ghana zu sein, ist kein leichtes Brot, werden ungewöhnliche Todesfälle doch gern auf den Zufall oder Hexerei zurückgeführt. Kayo rückt in Opanyins Dorf mit einem Assistenten und modernster Ausrüstung an. Kayos Stärke ist seine Kenntnis der dörflichen Sitten und sein Respekt gegenüber Älteren. Um Kontakt zu Opanyi aufzunehmen, muss Kayo erst erklären, aus welchem Dorf seine Mutter stammt. So braucht er nur Geduld, um abzwarten, welche Geschichte ihm der alte Jäger über die Hütte mit dem merkwürdigen Objekt und ihren verschwundenen Bewohner erzählen wird. Dass der verschwundene Kakaobauer Kwaku Ananse heisst, wie der aus der ghanaischen Mythologie bekannte raffinierte Spinnenmann, lässt Leser aufhorchen, die afrikanische Märchen kennen. Der Kriminalfall wird plötzlich zur Nebensache, das Geschichtenerzählen steht im Mittelpunkt. Dennoch kann Kayo am Ende Donkors besondere Wünsche befriedigen, der offensichtlich zuviel CSI gesehen hat.


    Der ungewöhnliche Kriminalfall die "Spur des Bienenfressers" (die Spur ist im Roman eine Vogelfeder) wird vor opulenter afrikanischer Kulisse mit der Kraft und der Weisheit des Geschichtenerzählers aufgeklärt. In ausufernden Mäandern erzählen abwechselnd der alte Jäger Opanyi und Kayo, der Gerichtsmediziner. In den Figuren der beiden Männer lässt Nii Parkes das traditionelle und das moderne Ghana einander gegenübertreten. Aus Opanyins Dorf sind die jungen Männer längst in die Stadt gezogen, selbst der Medizinmann findet keinen Nachfolger mehr. Mit seiner modernen Ausrüstung zur Tatortuntersuchung muss Kayo im Dorf selbst wie ein Mann mit magischen Fähigkeiten wirken. Neben der Aufklärung des eigenartigen Falls gelingt es Nii Parkes, die dörfliche Atmosphäre wie auch das Temperament der Stadt Accra zwischen Tradition und Moderne mit ihren Märkten und ihrem Verkehrschaos lebendig werden zu lassen.

  • Zitat

    Original von Rosha


    Der Schluss ist das Einzige, das mich an dem Buch nicht zufriedengestellt hat.


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    das ist eine Weile her, dass ich das Buch gelesen habe, aber mir ging das eigentlich ähnlich, das Ende war doch etwas unbefriedigend,