Katharina Hacker: Eine Dorfgeschichte

  • Katharina Hacker: Eine Dorfgeschichte
    Fischer 2011. 128 Seiten
    ISBN-13: 978-3100300669. 17,95€


    Zur Autorin
    Katharina Hacker, geboren 1967 in Frankfurt am Main, studierte ab 1986 Philosophie, Geschichte und Judaistik an der Universität Freiburg. 1990 wechselte sie an die Hebräische Universität Jerusalem. Seit 1996 lebt sie als freie Autorin in Berlin. 1997 debütierte sie mit ›Tel Aviv. Eine Stadterzählung‹, es folgten der Erzählungsband ›Morpheus oder Der Schnabelschuh‹ und die Romane ›Der Bademeister‹ und ›Eine Art Liebe‹. Anschließend erschienen von ihr der Roman ›Die Habenichtse‹, für den sie 2006 den Deutschen Buchpreis erhielt, der Gedichtband ›Überlandleitung‹ sowie die Romane ›Alix, Anton und die anderen‹ und ›Die Erdbeeren von Antons Mutter‹.


    Verlagstext
    Ein Dorf im Odenwald, ein Kind, das mit seinen Brüdern, Eltern und Großeltern dort die Sommer verbringt. Doch diese äußerlich noch unversehrte Welt der Sicherheit und stillen Schönheit ist von feinen Rissen durchzogen, aus denen Ängste und Träume steigen. Unheimlich sind die Keller unter den Häusern, das »Teufelsgrab« am Ortsrand, der dunkle Wald, durch den der Jäger geht. Unverständlich sind die Gebräuche und Gespräche der Erwachsenen. Und auch die eigene Familiengeschichte führt tief in eine Zeit der Vertreibung und des Schreckens, wenn die Großmutter erzählt.
    Katharina Hackers behutsame und eindringliche »Dorfgeschichte« hat ihren ganz eigenen Ton. In der dichten Darstellung der kleinen Welt des Dorfes stellt diese Autorin die Frage nach den großen Dingen – nach Geborgenheit und Einsamkeit, nach Liebe, dem Leben und dem Tod.


    Zum Inhalt
    Die Geschichte einer Kindheit auf dem Dorf - die nicht Katharina Hackers persönliche Geschichte ist - rankt sich um Personen und Orte, die Kinder nur aus den Erzählungen Erwachsener kennen und um Erinnerungsstücke, deren Besitzer abhanden gekommen sind. Die Icherzählerin ist inzwischen selbst erwachsen und Mutter. Das Dorf, in dem sie mit ihrer Familie die Sommer bei den Großeltern verbrachte, lag zwischen Bayern und Hessen im Odenwald. Sie erinnert sich an die Straßen ihrer Kindheit, die damals noch nicht asphaltiert waren, und erspürt noch heute die Zufahrt zum elterlichen Grundstück mit den Füßen. Damals sprachen die Eltern über einen Onkel, den die Kinder nie kennenlernen würden; die Mutter träumte von Fahrten mit einem Lastwagen, von dessen Ladefläche Kinder oder Dinge herabfallen konnten. Der Generation des Großvaters war wichtig, dass Kinder über Flucht und Vertreibung erfahren, und die Erwachsenen beschrieben ihnen, was sie nun nicht mehr erben würden. Flüchtlingstreck war für die Kinder ein Spiel mit einem Leiterwagen, bei dem man seine Toten zurückließ. Im Spiel erfuhren sie, was sie in den Gesprächen der Erwachsenen oft nicht verstanden. Die Last der Erinnerungen hatten die Erwachsenen zu tragen. Der Großvater schweigt sich über seine Kriegserlebnisse aus, doch solange Kinder beim Spielen im Wald Patronenhülsen finden, ist der Krieg nicht vergessen. Während der Ernte arbeiteten und aßen die Kinder bei den Bauern. Sie erlebten während dieser Sommer im Dorf unbeschwerte Abenteuer; noch sorgte sich niemand, ob Kindern beim nächtlichen Zelten im Wald etwas passieren könnte.


    Das Haus ihrer Kindheit hat die Erzählerin inzwischen von ihren Eltern übernommen. Nun erzählt sie ihren Töchtern von Erlebnissen, die ihren Kindern ähnlich fern sein werden wie ihr selbst die Geschichten ihrer Eltern.


    Fazit
    Hackers schnell gelesene Dorfgeschichte bringt Flucht, Vertreibung und das Heimischwerden an einem neuen Ort aus kindlicher Perspektive und deshalb ohne Larmoyanz in Erinnerung.


    7 von 10 Punkten

  • Bedeutet aus kindlicher Perspektive erzählt auch eine kindliche Sprache?


    Mir kommen 128 Seiten für so ein raumgreifendes Thema recht mager vor. Oder hat die Autorin es geschafft, so etwas wie eine Essenz der Aussage zu destillieren?