Robert Hültner: Inspektor Kajetan und die Sache Koslowski - Graphic Novel

  • Robert Hültner: Inspektor Kajetan und die Sache Koslowski - Graphic Novel
    Deutsche Verlags-Anstalt 2011. 112 Seiten
    ISBN-13: 978-3421044211. 24,99€
    Illustrator: Bernd Wiedemann


    Verlagstext:
    München im Frühling des Jahres 1919. Der Journalist Meiniger wird als Brandstifter gesucht. Dann allerdings findet man seine Leiche, und Inspektor Kajetan beginnt mit Recherchen, die sich als höchst gefährlich erweisen: Offenbar war Meiniger dabei, die Hintergründe des Attentats auf Ministerpräsident Kurt Eisner aufzudecken. Immer tiefer dringt Kajetan in das geheime Geflecht rechtsgerichteter Geheimbünde ein, bis er schließlich den Tätern gegenübersteht. In dieser Graphic Novel verleihen Bernd Wiedemanns Zeichnungen der Kriminalstory zusätzlich Tiefe: Dichte, hart konturierte Partien wechseln mit Szenen von flüchtigem, lockerem Strich; scharf gezeichnete, düstere Bilder kontrastieren mit zarten, lichten und setzen das Geschehen sinnlich erlebbar um. Die beeindruckenden, atmosphärischen Bilder finden mit der vom Autor eigens geschaffenen Neubearbeitung des Textes zu einem mitreißenden Ganzen zusammen.


    Der Autor:
    Robert Hültner wurde 1950 in Inzell geboren. Er arbeitete unter anderem als Regieassistent, Dramaturg, Regisseur von Kurzfilmen und Dokumentationen, reiste mit einem Wanderkino durch kinolose Dörfer und restaurierte historische Filme für das Filmmuseum. Für seine Inspektor-Kajetan-Romane wurde er vielfach ausgezeichnet, unter anderem zweimal mit dem Deutschen Krimipreis und mit dem renommierten Glauser-Preis. Robert Hültner lebt in München und in einem Bergdorf in den südfranzösischen Cevennen.


    Der Illustrator:
    »Bernd Wiedemann ist nicht nur ein guter Schnellzeichner, der mit wenigen Bleistiftspuren etwa Bewegung, Ausdruck oder Atmosphäre zu erfassen vermag, sondern auch ein entschiedener Bildner mit klarem Blick für cineastische Sprache.« Süddeutsche Zeitung


    Inhalt:
    Vor dem Hintergrund der Zeit der Verkündung der Münchener Räterepublik 1918 und der Ermordung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner 1919 erzählt Robert Hültner in "Inspektor Kajetan und die Sache Koslowski" die Geschichte Eugen Meiningers und Jule Riemers. Der Kriminalroman, der 1996 mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet wurde, nimmt seine Leser direkt mit auf eine Zeitreise ins München kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs.


    Der Illustrator Bernd Wiedemann definiert mit seinem gezeichneten Epilog vor dem Titelblatt die Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs als Zeit und Ort der Handlung. Neben den Trümmern einer einfachen Hütte wartet ein Transporter mit Rotkreuzflagge, dem bereits die Plane fehlt. Der behelmte Kopf eines Soldaten ragt aus einem Unterstand heraus. Wiedemanns neu bearbeitete Geschichte in Bildern führt von ausgebrannten Häusern, Granateneinschlägen und schemenhaften Toten auf dem Schlachtfeld zu Demonstrationen hungernder Frauen und Kinder in München. Ein berittener Schutzmann mit gezogenem Säbel, der an der Niederschlagung der Proteste beteiligt ist, steht dem obszön wirkenden Prassen glatzköpfiger Kriegsgewinnler gegenüber. Massenszenen in kräftigem Bleistiftstrich vermitteln eine Vorstellung der aufgeladenen Atmosphäre; nur wenige Personen im Vordergrund haben individuelle Gesichtszüge erhalten. Auf dem Riemerhof stirbt derweil der Altbauer unmittelbar nach der Rückkehr seines jüngsten Sohnes aus dem Krieg. Baron von Bottendorf als Vertreter der antisemitschen Thule-Gesellschaft kauft in dieser Gegend Höfe auf und hat bereits ein Auge auf den Riemer-Hof geworfen. Nach einem Brand in der Münchener Auer Vorstadt ermitteln Inspektor Kajetan und sein Kollege Gnott im Fall des vermissten Eugen Meininger, dessen Geliebte Jule Riemer ist. Der Journalist hatte noch kurz zuvor über Eisners Tod recherchiert. Eisners Identität war vom Kurier, der Zeitung der Thule-Gesellschaft, infrage gestellt worden. Meininger wurde den Plänen der Thule-Gesellschaft offensichtlich gefährlich und wird ermordet aufgefunden. Jule und ihr Bruder Hans planen ein Attentat auf von Bottendorf.


    Fazit:
    Wiedemanns Geschichte in Bildern besteht nicht wie erwartet aus Panels; die Leserichtung wird zur Suchbewegung auf der Suche nach weißer Schrift auf schwarzem Grund. Häufig steht der sehr kurze Text rahmenlos direkt im Bild. Die in den Illustrationen dominierende Schwärze lässt Dunkelheit und Armut assoziieren. Die äußerst düstere Stimmung und die Dramatik der Massenszenen haben mich stark beeindruckt. Im Kriminalroman weckt besonders das Schicksal der Riemers das Mitgefühl der Leser. Kajetans Reflektion, wessen Interessen er als Kriminalbeamter dient, regt beim Lesen zur kritischen Betrachtung der Ereignisse an. Schließlich wirkt der Roman durch seine Dialektpassagen besonders eindringlich. Die besondere Atmosphäre, die Hültner schafft, kann die gezeichnete Geschichte nicht vermitteln. Ohne Kenntnis des Romans sind in Wiedemanns Graphic Novel die Zusammenhänge nicht immer zu erkennen; die Ereignisse stehen unverbunden nebeneinander. Als Bildgeschichte zum Roman eher den Kennern des Kriminalromans empfohlen.


    6 von 10 Punkten