Jack Kerouac/William S. Burroughs - Und die Nilpferde kochten in ihren Becken

  • Burroughs und Kerouac gelten als die Gründerväter der Beatliteratur und führenden Köpfe der nach dieser Literatur benannten Generation, jeder der beiden ist ein Literat ersten Ranges - und beide zusammen?


    Es klingt wie die Erfüllung eines Traumes: Zwei Meister zusammen!


    Das vorliegende Buch ist allerdings ein Frühwerk der beiden, geschrieben lange bevor sie die Werke schufen, die sie bis heute berühmt und verehrt werden ließen. Was ihnen hier jedoch an schriftstellerischer Erfahrung gefehlt haben mag macht ihre Kreativität und Fabulierlust auf jeden Fall wett.


    Der Geschichte, so informiert uns das Nachwort - in welchem die Entstehungsgeschichte des vorliegenden Buches geschildert wird - beruht auf einem tatsächlichen Mord im Umfeld der Beatbrüder. Burroughs und Kerouac waren die ersten, denen sich der Täter offenbarte, bevor er sich der Polizei stellte.


    Erzählt wird das Ganze aus der Kapitelweise wechselnden Perspektive der zwei Autoren, die vor allem als Beobachter innerhalb der Gruppe fungieren sowie z. T. als Chronist der Erzählung dritter. Beide sind dabei auch eine Anlaufstelle für die muntere Truppe, ziehen sich aber auch mal zurück, und erzählen nur das was sie später von anderen gehört haben.


    Was hier entsteht ist das Bild einer Gruppe junger Erwachsener an der Schwelle zum Ernst des Lebens, die zwar alle irgendwo hin wollen, aber weder genau wissen wo es hingehen soll noch wie sie ihr Ziel erreichen können. Es herrscht unterschwellig eine Art Aufbruchstimmung, sie wollen etwas anders machen als z.B. Ihre Elterngeneration, sie können allerdings noch nicht definieren was genau sie ändern wollen – die Freiheit die ihnen gegeben wurde, oder die sie sich genommen haben, ist für sie noch wie ein leerer Beutel, der mit einem Sinn gefüllt werden will.


    Zwei der Jungs planen auf einem Schiff anzuheuern, träumen von großer Fahrt und fremden Städten, sind aber nur widerwillig bereit sich den bürokratischen Erfordernissen der „echten Welt“ unterzuordnen.
    Auch ein noch so kleiner Widerstand wird für sie zum schier unüberwindlichen Hindernis und zur Entschuldigung dafür, jederzeit in die nächste Kneipe zu gehen und sich zu betrinken.


    In dieser fragilen Leere bahnt sich das Drama unaufhaltsam seinen Weg, wie in einem Stück Shakespeares läuft alles wie zwangsläufig auf die Katastrophe zu.


    In dieser ziellosen, verspielten Gesellschaft ist selbst der Tod ein makaberer Scherz.

  • Titel: Und die Nilpferde kochten in ihren Becken
    OT: And The Hippos Were Boiled In Their Tanks
    Autoren: William S. Burroughs und Jack Kerouac
    Übersetzt aus dem Englischen von: Michael Kellner
    Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag
    Erschienen: September 2011
    Seitenzahl: 189
    ISBN-10: 349925655X
    ISBN-13: 978-3499256554
    Preis: 8.99 EUR


    Rund 60 Jahren blieb dieses gemeinsame Frühwerk der Beat-Generation-Begründer William S. Burroughs und Jack Kerouac unveröffentlicht. Die beiden jungen Männer schrieben diesen Roman gemeinsam in New York – immer kapitelweise wechselseitig.


    In diesem Buch geht es um einen Mord der in der realen Welt im Freundeskreis von Burroughs und Kerouac geschah. Mit diesem Buch haben sie versucht das Geschehene zu verarbeiten. Am 14. August 1944 erdolchte Lucien Carr seinen Freund David Kammerer mit einem Fahrtenmessen und versenkte dann den Leichnam im Hudson River. Am nächsten Tag erschien Carr in blutbefleckter Kleidung bei seinen Freunden Burroughs und Kerouac.
    Nachdem kein Verleger in New York diesen Roman veröffentlichen wollte, verhinderte später Lucien Carr eine Publikation. Und so kam es erst 2008 zur Veröffentlichung. Sehr spät – aber glücklicherweise nicht zu spät.


    In ihrem Roman schildern die beiden Autoren das New York im Jahre 1944. Es geht um Matrosen, Soldaten, Frauen, Musik, Whiskey, Rauch und um Schlägereien. Es wird eine Gesellschaft beschrieben, die immerfort auf der Suche ist, die aber eigentlich nicht genau weiß wonach sie eigentlich sucht. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt von einer „ausgehungerten Boheme“. Es geht um Menschen ohne konkretes Ziel, die kurz davor sind endgültig zu resignieren, obwohl sie noch jung sind – aber in ihren Handlungen, in ihren Gesten und in ihren Gedanken manchmal fast schon sehr alt wirken, Menschen die einfach so in den Tag hineinleben, immer auf der Suche nach etwas, was sie selbst nicht beschreiben können.


    Und die Geschichte mündet dann in einer fast schon vorhersehbaren Katastrophe, einer Katastrophe die sich dann aber selbst relativiert, einem Ereignis das die handelnden Personen nur kurz zu beeindrucken scheint. Das perspektivlose Leben kann seinen Fortgang nehmen. Nichts scheint sich zu ändern – nur ist halt einer weniger da. Was soll’s? So ist nun einmal das Leben – und nichts daran kann geändert werden. Dieses scheint offensichtlich die Grundaussage dieses Buches zu sein.


    Es ist aber auch ein Buch mit vielen küchenphilosophischen „Lebensansichten“ – einem oftmals sinnleeren Gebrabbel um Nichts und Alles. Ein Buch das offenbar genau die Lebensstimmung vieler Menschen der damaligen Zeit sehr genau und authentisch beschreibt. An manchen Stellen ist man ein wenig an Jean Genet erinnert, andere Stellen wiederum erinnern an einen krampfhaften „Groschenroman-Versuch“.


    In jedem Falle ein lesenswertes Buch, von dem man aber nicht zu viel erwarten sollte. Man darf nicht vergessen, dass es sich um das Erstlingswerk dieser beiden, später sehr berühmten Autoren handelt. In jedem Falle aber lässt sich erahnen, was dann später folgen sollte.


    7 Eulenpunkte für ein Buch über das sich einige wichtigtuerische Literaturseiten nicht unbedingt einig waren.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.