Reinhard Winter: Jungen. Eine Gebrauchsanweisung. Jungen verstehen und unterstützen

  • Reinhard Winter: Jungen. Eine Gebrauchsanweisung.
    Jungen verstehen und unterstützen
    Beltz 2011. 277 Seiten
    ISBN-13: 978-3407859310


    Der Autor
    Dr. Reinhard Winter, geboren 1958, arbeitet seit über 20 Jahren in der Jungen- und Männerberatung und in der Jungenforschung. Der Vater einer Tochter und eines Sohnes ist Diplompädagoge und in der Leitung des Sozialwissenschaftlichen Instituts Tübingen (SOWIT). Er arbeitet in der Qualifizierung von Lehrern und Fachkräften der Sozialarbeit zu Jungenthemen und führt Projekte in Schulen, in der Jugendarbeit und mit Eltern zu den Themen Lebensplanung/Beruf, Aggression/Gewalt, Körper/Gesundheit/Sexualität durch. Außerdem ist er Mitherausgeber eines Handbuches zur Jungengesundheit und Autor verschiedener anderer Bücher zu Jungenthemen.


    Verlagstext
    Jungen stehen heute vor großen Herausforderungen, und auch ihre Eltern brauchen Orientierung. Reinhard Winter gibt Eltern eine einfühlsam geschriebene "Gebrauchsanweisung" für einen klaren und gelassenen Umgang mit Jungs an die Hand. Damit Jungen glücklich groß werden, braucht es zwei Dinge: Sie müssen verstanden werden und ihre Eltern brauchen praktische Ideen für den Alltag. So schildert der Autor, welche Kompetenzen in Jungen stecken, wie das Jungengehirn "funktioniert" und wie teilweise überholte Rollenmuster Jungen prägen. Außerdem gibt er viele praktische Tipps für einen neuen Umgang mit Jungen und erklärt, wie Mütter und Väter auf die Bedürfnisse von Jungs eingehen und helfen können, ihre Wünsche und Talente zu entwickeln.


    Inhalt
    Jungen als überfordertes Geschlecht zu bezeichnen oder das deutsche Schulsystem als jungenfeindlich zu kritisieren, klingt zunächst nach verallgemeinerndem Krisengerede, das im schlimmsten Fall zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden kann. Auf einen Jammer-Modus lässt sich Reinhard Winter in seinem Elternratgeber erst gar nicht ein. Sein Buch, das in einen erklärenden Einführungsteil und konkrete Tipps zur Umsetzung des Gelernten gegliedert ist, richtet sich an alle, die in der Familie oder beruflich Jungen erziehen. Thema des Buches ist das Zusammenleben mit Jungen im Alter von bis zu 12 Jahren, also vor Eintritt der Pubertät.


    Da ich zuvor schon andere Bücher über Jungen gelesen hatte, erwartete ich nur wenig neue Informationen. Winters Buch hat mich nun sehr viel länger und intensiver beschäftigt als erwartet. Im Informationsteil musste ich mich mit meinem eigenen Bild von Männlichkeit auseinandersetzen, wie dieses Bild unbewusst mein Verhalten gegenüber Jungen bestimmt und wie z. B. die Medien als Miterzieher unser Bild von Männlichkeit beeinflussen. Als wichtige Anregung habe ich aufgenommen, männlich nicht als Gegensatz zu weiblich zu definieren. Stattdessen sollte in positiv bewerteten männlichen Qualitäten wie Leistung der Gegensatz gesucht und bei Jungen besonders gefördert werden. In Winters Gegensatzpaar wäre die zu entwickelnde Kompetenz, die Leistung gegenübersteht, die Entspannung. (S. 133)


    Die Auseinandersetzung mit eigenen Einstellungen ist anstrengend und sie ist unbequem. Auch die zehn konkreten Tipps im zweiten Teil des Buches nehmen das eigene Verhalten kritisch aufs Korn. Sie fordern z. B. gegenseitigen Respekt, Kindern genügend Anerkennung zu geben und erklären, warum im Umgang mit Jungen zügiges Tun wichtiger ist als umständliches Planen oder um eine Sache herumzureden. Deutlichen Raum nehmen Grenzen, Grenzüberschreitungen, die Kontrollierung des Medienkonsums von Jugendlichen unter 16 Jahren und das Durchsetzen von Eltern-Wünschen gegenüber jugendlicher Unlust ein.


    Fazit
    Das Buch richtet sich sprachlich und inhaltlich an interessierte Eltern und ist m. A. für Laien verständlich geschrieben. Aber: eine (humorvolle) Infragestellung eigener Ansichten und Gewohnheiten kann anstrengend für die Leser sein.


    10 von 10 Punkten