Der Sohn - Jessica Durlacher

  • OT: De held


    Kurzbeschreibung:
    Schlagartig ist es vorbei, das sorglose Leben der Familie Silverstein. Da ist einer, der ihr Leben bedroht, denn er ist gefangen in einer Geschichte, die der Vergangenheit angehört und doch auf fatale Weise bis in die Gegenwart reicht. Eine Geschichte, die Großvater Silverstein immer verschwiegen hat. Und die sein Enkel Mitch zu Ende führt.


    Über die Autorin:
    Jessica Durlacher, 1961 in Amsterdam geboren, ist mit ihren preisgekrönten Romanen "Das Gewissen", "Die Tochter" und "Emoticon" in den Niederlanden eine Bestsellerautorin. Für "Der Sohn" erhielt sie bereits den Opzij-Literaturpreis 2010 als bestes Buch des Jahres. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Bloemendaal und in Kalifornien.


    Meine Rezension:
    Als Sara Silversteins Vater nach einem Sturz verstirbt, ist dies nur der Anfang einer ganzen Reihe tragischer Ereignisse, die das Familienleben der Silversteins in ihren Grundfesten erschüttert. Autorin Jessica Durlacher lässt Sara Silverstein aus ihrer Perspektive erzählen und tut dies in einer unglaublich beeindruckenden authentischen Art. Ihr Stil entwickelt eine deratige Sogwirkung, dass man sich kaum entziehen geschweige denn lösen kann. Das zentrale Thema, das sich wie ein roter Faden durch den Roman zieht, ist der Versuch, die Menschen zu schützen, die man liebt und die Frage, wie weit man hierfür gehen darf oder sollte. Es ist eine eindringliche Geschichte über Hilflosigkeit, die Angst zu versagen und Schuld, die zum Nachdenken anregt, ohne zu werten. Dies bleibt dem Leser überlassen, der - gefangen in Mitgefühl und Wut - feststellt, dass es nicht immer einfach ist, zu entscheiden, was das Richtige ist und sich zwangsläufig fragt, wie er reagiert hätte.


    9 Punkte von mir.

  • Das Buch hatte ich heute Mittag in der Hand, es dann aber wieder beiseite gelegt. Nach deiner Rezi allerdings werde ich es morgen wohl wieder zur Hand nehmen, es dann aber nicht wieder weglegen. Herzlichen Dank für diese sehr aussagekräftige Rezi. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Hallo Voltaire,


    es ist schon ein merkwürdiges Buch, weil es (zumindest bei mir) eine unglaubliche Sogwirkung ausgeübt hat, mir die ganze Tragweite aber eigentlich erst bewusst wurde, als ich es schon beendet hatte....


    Bin gespannt auf deine Meinung!


    LG, milla

  • Zitat

    Original von milla
    Bin gespannt auf deine Meinung!


    LG, milla


    Ich auch. In einem Buchjournal kam es recht gut weg. Andererseits ist das HC recht teuer...
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Ein Buch, das ungeheuer vielschichtig ist. Da geht es über mehrere Generationen Familiengeschichte um Verdrängtes, Nichtgesagtes und daher scheinbar nicht Geschehenes, um Schuld und Verantwortung und um Hass und Rache. Dabei spielt nicht nur das Verhältnis der Erzählerin zu ihrem Sohn, sondern auch das Vater - Tochterverhältnis und die Beziehung des Vaters zu seinen Eltern eine Rolle. Geprägt wird das Buch durch die Vererbung von Posttrumatischen Belastungsstörumgen- Kriegserlebnisse einer holländischen Familie, die so sehr Juden waren wie heute viele Getaufte Christen solche sind, aber von den Nationalsozialisten und ihren holländischen Handlangern vom Mensch auf Jude definiert und zerstört wurden. Das die Familie dies Kriegserlebnisse nennt ist für mich der erste Schock. Und nun will der Sohn der Erzählerin ein Marine werden, nicht irgendein Soldat, sondern einer der in den dicksten Dreck geschickt wird, einer der tötet und der vielleicht selbst getötet wird. Das ist der Katalysator, der alles hochkommen lässt an Ängsten, die seine Mutter erworben hat und dann schlägt noch von außen das Grauen zu. Das Grauen, das erst ganz langsam enthüllt, dass es kein wahlloses Schicksal ist, sondern eng mit der Familiengeschichte verwoben.


    Ein beeindruckendes Buch, eine unbedingte Leseempfehlung.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übrsihd

    :lesend  :lesend Kirk A. Denton The Columbia Companion to modern Chinese Literature