Die Familie/Mario Puzo & Carol Gino

  • Inhalt:
    Dies ist ein historischer Roman über Rodrigo Borgia, später Papst Alexander VI (1492 bis 1503) und seine Kinder Cesare, Juan, Lucrezia und Jofre, von ca. 1483, als er sich entschließt, die Kinder seiner Geliebten Vanozza zu sich zu holen, bis zum Tode Cesare Borgias 1507.


    AutorInnen:
    Mario Puzo (1920 bis 1999) war ein US-amerikanischer Autor italienischer Abstammung. Sein bekanntestes Werk ist der Roman „Der Pate“, der nicht zuletzt durch die Verfilmung von Francis Ford Coppola unsterblich gemacht wurde. Eine große Leidenschaft Puzos war die italienische Renaissance und speziell die Familie Borgia, in der er „the original crime family“ gesehen hat und die er auch zum Vorbild für seine Corleones genommen hat.
    Noch zu Lebzeiten hat Puzo, der diesen Roman nicht mehr beenden konnte, seiner langjährigen Lebensgefährtin Carol Gino, selbst Romanautorin, das Versprechen abgenommen, ihn für ihn zu beenden, was sie hiermit getan hat.


    Meinung:
    Ich wollte schon seit einiger Zeit einmal einen Roman über die Borgia lesen, doch hat mich das verfügbare Angebot nicht überzeugt und vor diesem Buch bin ich zurückgeschreckt, weil ich hier eine bluttriefende Skandalgeschichte erwartet habe, aber mehr an einem etwas nüchterneren Zugang interessiert war. Ich konnte schließlich trotzdem nicht widerstehen und habe es gekauft und gelesen, und war höchst zufrieden mit diesem Buch.


    Da dies nicht meine Zeit ist und ich nur ein sehr vages Wissen über die historischen Hintergründe habe, kann ich nicht wirklich sagen, wie historisch es ist. Im Großen und Ganzen scheint es mir zu passen, nur die Behandlung von Jofre Borgia und seiner Gemahlin Sancia von Aragon kam mir zu Recht etwas merkwürdig vor.


    Sehr schön gemacht ist wie Puzo ein Gleichgewicht findet zwischen den überlieferten Gerüchten und Skandalen und der vielleicht dahinter stehenden Wahrheit. So wird einmal erwähnt, dass das Tagebuch von Johannes Burckhard, das als Grundlage für viele der Skandalgeschichten gilt, in erster Linie ein Fantasieprodukt ist, doch gleichzeitig schöpft auch Puzo gelegentlich aus dieser Quelle.


    Die Familie Borgia wird hier weder verteufelt, noch verherrlicht. Sie werden als Menschen dargestellt, die teilweise recht unfreundliche Taten begehen, doch wird es immer so präsentiert, dass man es nachvollziehen kann. Man mag sie nicht unbedingt, aber man versteht sie.
    Am besten scheint mir Rodrigo/Alexander getroffen sein, zwischen einem durchaus gläubigen Mann, der aber gleichzeitig Macht- und Familienmensch ist, ohne darauf zu achten, was er seinen Kindern damit antut.


    Was mich an diesem Buch vor allem erfreut hat, war dass ein komplett normaler historischer Roman ist, der fast ausschließlich mit historischem Personal auskommt und der sich komplett von selbst gelesen hat. Ich konnte auch keinen Bruch in der Erzählstruktur entdecken, wo Gino von Puzo übernommen hat. Es gibt sie doch noch, die historischen Romane, die ich lesen will. Nur finden muss ich sie.


    PS: Bei der schauderhaften Bewertung bei Amazon sollte man beachten, dass Freund Timediver es geschafft hat, seine 2-Stern-Bewertung gleich dreimal einzustellen. Aber gut, es ist ohnehin immer Geschmackssache und es macht sicher auch einen Unterschied, dass ich zuvor noch nie etwas von Puzo gelesen habe.


    PPS: Das Cover der deutschen Ausgabe ist sehr daneben. Falls das auf eine mörderische Lucrezia hindeuten soll, die sucht man hier (glücklicherweise) umsonst.
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