Erschienen beim Unionsverlag, übersetzt von Arno Specht.
Inhaltsangabe:
ZitatVon Enmyn, der Tschuktschensiedlung an der Nordostküste Sibiriens, bis zur nächsten Krankenstation sind es dreißig Tage Fußmarsch durch die Polarkälte der Tundra. Dem schwerverletzten und halb ohnmächtigen Kanadier John MacLennan bleibt nichts anderes übrig, als sich drei »wilden und ungewaschenen« Tschuktschen anzuvertrauen, die ihn auf einem Hundeschlitten zum rettenden Arzt bringen wollen. Unterwegs befällt ihn der Wundbrand. In letzter Not kann ihm die Schamanin Kelena die Finger beider Hände amputieren und rettet ihm so das Leben. Als er zur Küste zurückkehrt, ist sein Schiff, das dort auf ihn warten sollte, längst in See gestochen. Widerwillig und der Verzweiflung nahe, richtet er sich auf einen Winter im eisigsten Winkel Asiens unter den Tschuktschen ein. Mühsam gewinnt er das Vertrauen seiner neuen Landsleute und gründet eine Familie. MacLennan wird zum Lygorawetljan, zum »echten Menschen«, wie sich die Tschuktschen selber nennen. Aus einem Winter wird ein ganzes Leben.
Meinung/Inhalt:
In Enmyn im hohen russischen Norden legt eines Tages, Anfang des 20. Jahrhunderts, ein Schiff an, das vom Packeis getrieben und festgesetzt vorerst keine Chance hat, wieder auf Fahrt gehen zu können. Nach einigen Tagen wachsender Ungeduld bessert sich schließlich die Wetterlage. Um endgültig freizukommen wird John, einer der Matrosen, losgeschickt, um Sprengungen durchzuführen und so eine Fahrtrinne zu haben. Und dabei geschieht das Unglück: John wird stark verletzt, insbesondere an den Händen.
Der Kapitän ersucht die Einheimischen, John mit Hundeschlitten zum nächstgelegenen Krankenhaus zu fahren und ihn zu retten. Weder John selbst noch die Einheimischen sind zunächst begeistert, doch Geschenke (für die Einheimischen) und Versprechen nicht vor der Rückkehr abzureisen (an John) lassen die Stimmung kippen und so macht sich John zusammen mit einigen Tschuktschen auf die Reise. Obwohl John von dieser Reise schneller als gedacht (allerdings ohne Finger) wieder in Enmyn zurück ist, muss er feststellen, dass seine Kameraden den Anker bereits gelichtet haben ...
... und so wird John schließlich gezwungen, seine Abneigungen und Vorurteile gegen diese Wilden zu überwinden, um den Winter in Enmyn zu überleben. Toko wird sein Lehrer, der ihm beibringt, ohne die verlorenen Hände zu leben - und zu jagen. Insbesondere dieser erste Teil hat mir gut gefallen, da Juri Rychteu den Aufeinanderprall der beiden Kulturen nachvollziehbar und ohne zu überdramatisieren beschreibt. Diese ruhige Erzählweise zieht sich im gesamten Buch durch, manchem (emotional veranlagten) Leser ist sie vielleicht sogar etwas zu distanziert.
Im restlichen Buch beschreibt Rytcheu wie John sich (teilweise mühsam) in die Gemeinschaft der Tschuktschen integriert und damit auch über das typische Leben in einer Tschuktschen-Siedlung, das auf den ersten Blick primitiv und wenig anziehend erscheint. In der zweiten Hälfte des Buches geht es dann verstärkt um den Einfluss der Weißen auf das Leben der Tschutschken, sowohl durch neue Konsumgüter und technische Neuerungen als auch dem altbekannten Streben nach Macht und Gold.
Das Ende hätte meiner Meinung nach weniger dramatisch ausfallen können, aber nun gut. Von mir gibt's 8 Punkte.
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