Christoph Rehage: China zu Fuss. The Longest Way

  • Christoph Rehage: China zu Fuss. The Longest Way
    Verlag: National Geographic 2012. 259 Seiten
    ISBN-13: 978-3866902718. 39,95€


    Verlagstext
    Intensiver kann man China nicht erleben: zu Fuß, ausgerüstet mit Rucksack, Kamera und Zelt. Der Filmstudent Christoph Rehage lässt sich im Herbst 2007 von Peking aus auf dieses Abenteuer ein. Sein Ziel: sein Heimatort in Niedersachsen. Er erlebt das Leben rechts und links der Straße hautnah, unterhält sich mit Wahrsagern, Mönchen und Bergarbeitern, erklimmt heilige Berge und durchquert verlassene Täler, übersteht Schnee- und Sandstürme. Nach einem Jahr bricht er das Abenteuer aus privaten Gründen ab. Dieser Bildband ist das packende Zeugnis der 4646 Kilometer, die hinter ihm liegen. In persönlichen Texten erzählt Rehage vom Alltag der Menschen und hält seine Eindrücke in faszinierenden Bildern fest. „China zu Fuß“ dokumentiert die ungewöhnliche Reise eines ungewöhnlichen Mannes und bietet einen einzigartigen Blick auf das China von heute.


    Der Autor
    Christoph Rehage (*1981), lebt in München und studiert Sinologie, Russische Literatur und Geschichte. Die Idee zu seiner Reise hatte er während des Studiums an der Filmhochschule in Peking. Seine Erlebnisse hat er auf dem Blog www.thelongestway.com dokumentiert, sein YouTube-Video haben über eine Million Menschen gesehen.


    Inhalt
    Christoph Rehage ist ein Jahr lang zu Fuß in China unterwegs gewesen, über 4000 km von Peking im Nordosten bis in die Provinz Xinjiang im Westen des riesigen Reichs. Die Begegnung mit dem Autor als Fotograf auf den ersten Foto-Doppelseiten kündigt bereits an, dass der große, bärtige Ausländer in seinem Jahr als Wanderer in der chinesischen Provinz ebenso viel Spaß hatte wie die Menschen, denen er begegnet. Lachende Gesichter zeigen die ersten Aufnahmen, das leidige Thema Füße und Schuhe, sowie Rehages Blick für landestypische Details. Geplant hatte Rehage, innerhalb von zwei Jahren von Peking nach Bad Nenndorf zu Fuß zu marschieren. Wenn man weiß, dass der junge Sinologie-Student bereits als Kind von Wüsten träumte und schon von Paris "nach Hause" marschiert ist, wundert dieser optimistische Vorsatz nicht mehr. Bereits während seines Fußmarschs schrieb sich Rehage als Blogger in die Herzen von Freunden, Sinophilen und erfahrenen Pilgern.


    Nachdem der Pilger der Neuzeit die chinesische Hauptstadt endlich verlassen hat, gilt auf seiner Wanderung die Jahrtausende alte Weisheit: Peking ist fern, d. h. auf dem Land gelten ein eigenes Tempo und andere Werte als in den glitzernden Metropolen. Wie von einem Untertitel wird Rehages Buch von den Selbstportraits begleitet, mit denen er täglich sein Vorhaben wie auf einer Zeitschiene protokolliert. Bart und Haarpracht gedeihen wie im Zeitraffer sichtbar, während das Gesicht des Wanderers täglich hagerer wird. "A Gan" rufen ihm die Kinder nach - so wie er kann nur Forrest Gump aussehen. Rehage dokumentiert eine Welt, in der anscheinend die Zeit seit Jahrzehnten stehengeblieben ist - den alten Herrn im Sun Yat-sen-Anzug, spielende Kinder, schattige Alleen, die noch nicht dem Modernisierungswahn zum Opfer gefallen sind, und die besondere Stimmung, wenn sich Novembernebel und Kohlenrauch der Herdfeuer verbinden. Ein leuchtend orangener Pullover, der vor kohlegeschwärzten Mauern auf der Leine trocknet (S. 82), treffender kann man den Alltag einfacher Chinesen auf dem Dorf nicht dokumentieren. Je weiter Rehage nach Osten kommt, desto stärker scheinen die Dörfer noch den Geist der Kaiserzeit zu atmen, als Boten aus dem fernen Peking an festen Stationen ihre Pferde wechselten und Karawanen nachts dort Schutz suchten. Besonders bewegend die Begegnung mit einem blonden uigurischen Mädchen, das ebenso europäisch aussieht wie der Wanderer - und das Erkennen der Gemeinsamkeit auf beiden Seiten (S. 233). Rehage empfindet zeitweilig ähnlich wie William Lindesay, der 1987 die Chinesische Mauer zu Fuss abwanderte. Natürlich gibt es zwischendurch Ärger um Rehages Visum, tagelang kreisen die Gedanken des Pilgers nur um Essen, Schlafplatz und - seine geplagten Füße. "Stupid Road, stupid shoes, stupid everything."


    Beeindruckend fand ich Rehages Begegnung mit anderen Wanderern, darunter Onkel Chen mit seinem Rad und Lehrer Xie, der seit 25 Jahren mit einer Art Schäferkarren unterwegs ist, in dem er übernachtet. Unter Xies Einfluss gibt auch Rehage einen Karren für sein Gepäck in Auftrag - immerhin 30kg. Rehages Wanderung endet - früher als geplant - mit Rücksicht auf die Beziehung zu seiner Freundin Juli nach einem Jahr.


    Fazit
    Rehage zeichnet sich als Fotograf durch seinen besonderen Blick für Details aus, die dem Betrachter China sehr viel näher bringen als manch umfangreiche Abhandlung. Die Reiseerlebnisse, in kleinerem Format zwischen die Bildseiten gebunden, ermöglichen die Begegnung mit einem äußerst humorvollen Beobachter. Ein Auszug aus Rehages - englischsprachigem - Reiseblog macht Lust auf weitere Teile des Gesamtpakets aus Blog, Bildband und Reisebericht The Longest Way: 4646 Kilometer zu Fuß durch China.


    10 von 10 Punkten

  • Tolle Rezi! :kiss


    Absolut ein Buch, dass auf die Wunschliste wandert. Man kann ja mal Weihnachten anpeilen... Der Preis (sicher gerechtfertigt mit den Fotos) ist nichts für einen Spontankauf.


    Vielen Dank auf für den Link zum Blog. Sehr interessant! :wave