Along the way/M. Sheen & E. Estevez

  • Inhalt:
    „Along the way“ ist eine gemeinsame Autobiographie von Martin Sheen und seinem ältesten Sohn Emilio Estevez, wobei sie abwechselnd erzählen. Die Rahmenhandlung bildet der Dreh zum Film „The Way“, in dem Martin einen Vater spielt, der seinen Sohn am Jakobsweg betrauert, und dabei von Emilio als Regisseur angeleitet wird. In erster Linie ist dieses Buch aber eine Geschichte über Familie und Vaterschaft, denn auch Emilio wurde sehr früh Vater.


    AutorInnen:
    Martin Sheen, geboren 1940 als Ramon Estevez in Dayton, Ohio, Sohn eines spanischen Vaters und einer irischen Mutter, ist ein Film- und TV-Schauspieler, der seinen Durchbruch 1979 mit seiner bekanntesten Rolle in „Apocalypse Now“ hatte. Seit über 50 Jahren ist er verheiratet mit Janet Sheen und gemeinsam haben sie vier Kinder, Emilio, Ramon, Carlos aka Charlie Sheen und Renée Estevez. Nur Charlie hat den Künstlernamen des Vaters übernommen.


    Emilio Estevez, geboren 1962 in New York ist ebenfalls Schauspieler, besonders bekannt durch Filme wie „The Breakfast Club“, „St. Elmo's Fire“ oder „Young Guns“, hat aber auch schon früh begonnen, Drehbücher zu schreiben und Regie zu führen. Sein bislang erfolgreichstes Projekt in diesem Bereich war „Bobby“, über die Ermordung von Robert Kennedy. „The Way“ ist (so wie das vorliegende Buch) nur das aktuellste einer Vielzahl gemeinsamer Projekte mit seinem Vater und anderen Familienmitgliedern. In Kalifornien betreibt er aktuell auch gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin eine kleine Winzerei – so wie seine spanischen Vorfahren.


    Hope Edelman ist Autorin einiger anderer Bücher und hat dieses Buch nach Erzählungen und in Zusammenarbeit mit Martin und Emilio in seine jetzige Form gebracht.


    Meinung:
    Emilio Estevez war wohl einer meiner allerersten Lieblingsschauspieler, der dann allerdings später, nach „Apocalypse now“, in meinem Ansehen seinem Vater Martin Sheen weichen musste, den ich ab da besser fand. Trotzdem mochte ich sie beide stets und als ich von diesem Buch erfahren habe, wusste ich, dass ich es haben musste. Und ich wusste, noch ehe ich es begonnen hatte, dass ich es sehr mögen würde. Richtig.


    Ich habe mich immer gefragt, wohin Emilio Estevez eigentlich hin verschwunden ist und warum Martin Sheen eigentlich fast nur für AN bekannt ist und weder davor noch danach bis auf Ausnahmen die wirklich großen Rollen bekommen hat. Jetzt weiß ich es.
    Aber obwohl die Filmkarrieren beider Männer hier natürlich wichtig sind, stehen sie eigentlich nie im Vordergrund. Das sind immer die Menschen, speziell diese beiden und vor allem in der ersten Hälfte, als Emilio noch aus seiner Kindheit schöpft, Martin. Es rundet das Bild von ihm schön ab, da wir nicht nur sehen, wie er selbst sich präsentiert, sondern auch, wie sein Erstgeborener ihn sieht. Ab der zweiten Hälfte hat Emilio die Oberhand und auch ihn sehen wir parallel durch die Augen seines Vaters. Es ist dies somit eine doppelte (Auto-)Biographie in jeglicher Hinsicht.


    Obwohl man auf fast jeder Seite sieht, wie sehr Martin seine Kinder liebt und dessen Ältestes ihn, sind sie doch beide auch sehr offen und ehrlich. Gerade Martin kommt hier zeitweise nicht gut weg, wenn er offen zugibt, dass er oft reichlich egozentrisch und voller Selbstmitleid war. Es wird auch nicht verschwiegen oder beschönigt, dass Martin massiv darunter gelitten hat, dass seine Karriere bis AN mehr scheintot war und dass sich dies in Trinken und Wutausbrüchen geäußert hat, worunter wiederum seine Kinder zu leiden hatten. Auch war es nicht immer leicht für diese, immer zu den Dreharbeiten mitgeschleppt zu werden, ohne Rücksicht auf Schule oder Freunde – bis es genau deswegen auch einmal zu einer Konfrontation zwischen ihm und Emilio kommt und er ihn gehen lassen muss, ohne ihn je wirklich zu verlieren.


    Doch an anderer Stelle wiederum erzählt Martin, wie wichtig es für ihn war, seine Frau und Kinder möglichst immer bei sich zu haben, so dass er sie zeitweise sogar als Kleinkinder ohne die Mutter zu Dreharbeiten in fremde Städte mitgenommen hat, weil er Angst davor hatte, alleine abzustürzen.
    Das auch zum Thema der beiden Seiten, die sich hier wunderbar ergänzen.


    Doch ist Emilio nicht nur Sohn, sondern wird unter etwas weniger günstigen Umständen ebenso jung Vater wie einst Martin und genauso wie er erzählt er, dass ihn das für alle Zeiten verändert hat und dass er so begonnen hat, seinen Vater mit anderen Augen zu sehen, denn auch er musste eines Tages seinen Sohn und Erstgeborenen Taylor gehen lassen - der trotzdem ebenfalls mit von der Partie ist bei „The Way“. Und es wirft auch ein interessantes Licht auf seine Schauspielkarriere, da ein junger Vater nicht ganz so wählerisch sein kann - genau wie es Martin einst ergangen ist.


    Man bekommt auch interessante Einblicke in Dreharbeiten, speziell natürlich AN, das für Martin ein mehr als prägendes Erlebnis war, da er es beinahe nicht überlebt hätte. Auch hier ergänzen sich die Seiten wieder schön, wenn Emilio seine Enttäuschung darüber schildert, wie sein Vater ihn belogen hat, während dieser später erzählt, wie unglaublich schlecht es ihm zu der Zeit psychisch gegangen ist, so dass er mehr von seinem Sohn (eigentlich von der ganzen Familie) verlangt hat, als dieser ihm als junger Teenager geben konnte oder sollte.


    Faszinierend ist auch, wie Emilio davon erzählt, wie er mit seinen Geschwistern und Jugendfreunden, wie den Brüdern Sean und Chris Penn Kurzfilme gedreht hat und generell, wie er bereits in der Highschool stets an irgendetwas gearbeitet hat, stets gefördert von seinen Lehrern und der Familie. Angesprochen wird auch das Thema „Brat Pack“, das Label, dass diesen jungen SchauspielerInnen, die die 80er schauspielerisch geprägt haben, wenig Freude gemacht hat.


    Klatsch und Tratsch liest man hier aber trotzdem weniger, wenn hier mit jemandem abgerechnet wird, dann eher mit sich selbst. Charlie Sheen zB, der gerade während dieses Buch entstanden ist, so präsent in den Medien war, ist hier meist einfach Charlie, Kind und Bruder. Auf seine Probleme geht Martin nur einmal kurz ein, allerdings in den 90ern. Dieses Buch ist in erster Linie eine Liebeserklärung an die, die es geschrieben haben, gegenseitig, und die, denen es gewidmet ist, Janet, Charlie, Ramon und Reneé, dem Rest des Sheen-Estevez-Klans – und nicht zuletzt Martins Eltern, die ihn wohl mit ihrem starken Familiensinn, einmal galizisch und einmal irisch (und ihrem Katholizismus, den Martin vor allem später wiederentdeckt hat und nun allerdings eher liberal praktiziert) auf alle Zeiten geprägt haben. So wie er Emilio geprägt hat. Einer der beiden erwähnt auch, dass sie als Hollywoodclan wohl nicht so ungewöhnlich sind, aber dadurch, dass sie nach wie vor zusammenhalten – meistens.


    Jetzt muss ich mir bei Gelegenheit unbedingt einmal wieder „Apocalypse Now“ anschauen - und „Breakfast Club“. Und selbstverständlich muss ich mir „The Way“ anschauen, wenn es sich ergibt.
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