'Alles muss versteckt sein' - Seiten 071 - 130

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    Original von JASS
    Ich muss ein bisschen seufzen, weil es schon wieder ein totes Kind gibt. Funktionieren Romane damit besonders gut? Oder ist meine Buchwahl einfach nur "ungünstig", was diesen Fakt betrifft? Ich muss sagen, dass ich darüber nicht sehr gerne lese. Die ganze Szene mit Celia hat mich so traurig gemacht, mir standen die Tränen bis ganz oben unterm Dach. - Ich weiß nicht, ob ich die Stärke hätte, Anton (oder war es der andere Junge?) nicht "die Schuld" zu geben, sprich, wütend zu sein, weil er unbedingt jemanden schubsen musste.


    Nein, ganz sicher geht es NICHT um ein totes Kind, weil das besonders gut "funktioniert". Das klingt ja eklig! Effekthascherei ist mir ZUTIEFST ZUWIDER, und ich lege großen Wert darauf, Figuren und deren Entwicklung authentisch zu erzählen.

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    Original von JASS
    Mich würde interessieren, warum ausgerechnet die Zwangsvorstellungen mit den Kindern so detailliert beschrieben werden? Mir ist bei der Lesung SEHR grün um die Nase geworden und ich habe es beim selber Lesen komplett überflogen. Keine andere Szene wird meiner Meinung nach danach (bin jetzt etwa bei Seite 180) so ausformuliert, obwohl ich es bei Erwachsenen vergleichsweise nicht so schlimm fände. Mir hat das nicht so gut gefallen (das ist ein bisschen wie das Umbringen von Kindern in Horrorfilmen).


    Na ja, das liegt für mich ziemlich auf der Hand: Das ist Maries GRÖSSTE NOT, hier geht es um die riesige Angst, die in ihr entsteht, sie ist in Panik und verzweifelt, da konnte nicht einfach drüber weghuschen. Es tut mir leid, wenn Dir beim Lesen schlecht geworden ist, aber so grauenhaft sind diese Zwangsgedanken nun einmal. Da ist nichts übertrieben, solche Gedanken habe Betroffene. Und natürlich: Es ist ein Roman, da geht es um dramaturgische Fallhöhe. Wie spannend wäre ein Buch, wenn die Hauptfigur nicht das Allerschlimmste erleben würde, was überhaupt denkbar ist?

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    Original von arter


    "Denken ist nicht tun!", diese Worte einer Leidensgefährtin aus dem Internet scheinen für Marie vorübergehend ein Hoffnungsanker zu sein. Für einen Moment scheint für Marie die Möglichkeit realistisch, den Mord nicht begangenzu zu haben.


    Ich denke nicht, dass sie es war...
    Umso krass er fand ich die Aussage von dem Psychiater, dass er sich SO sicher ist, dass sie es doch war. Ich würde nur, weil alles darauf hindeutet, vielleicht auch glauben, dass es so ist, aber ich würde nie sagen, dass es 100 pro so war. V.a. weil sie ja wirklich sich an nix erinnern kann und es hier auch sicher sit, dass sie nicht nur so tut! Ob er was damit zu tun hat? :gruebel Bisher war er mir echt sympathisch, aber bei der Aussage ist er ein gutes Stück gesunken...


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    Original von Johanna
    Eine Krankheit, die auch behandelbar ist.
    Oft nicht zu 100%, aber doch mit sehr guten Chancen, damit leben zu können, wieder eine gewisse Lebensqualtität zu bekommen.


    Du scheinst dich da ja sehr gut auszukennen, daher nun meine Frage: wie behandelt man das? Gibt es Medikamente, die zB das Frontalhirn in seiner Aktivität runterschrauben?
    Ich hab neulich bei "Bones" ne Folge gesehen, wo es auch um so Zwangshandlungen ging mit immer 12 Teilen und bei nem anderen mit Angst vor Keinen und ner Art Therapie von 2. wo sie sich mit Schlamm beschmieren mussten etc.
    Ich kann mir vorstellen, dass man sowas mit dem Zwang es anders tun zu müssen, also zB sich mit Schlamm beschmieren zu müssen wenn man Angst vor Keimen hat, dass das dann wirklich helfen kann da auszubrechen.
    Aber wie bricht man aus solchen Gewaltgedanken oder Sexgedanken aus? Weil da hilft "es tun" vermutlich nicht... :rolleyes


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    Original von Wiebke


    Halt, hier muss ich kurz einschreiten!!! Wenn jemand sein Kind aus dem Fenster wirft oder sein Baby verdursten lässt, ist er NICHT zwangserkrankt. Hier liegt eine andere Störung, m. E. eine Psychopathie oder eine andere schwere seelische Krankheit vor. Das genau ist ja das grauenhafte an den Zwangsgedanken, sie befallen Menschen, die so etwas im Leben nicht tun würden!


    Das zeigt ja schon, dass Marie es nicht gewesen sein kann. Außer sie leidet noch an einer 3. Krankheit (ich mein außer Zwangsgedanken und Depression)...
    Aber wer war es dann? Patrick selbst kanns ja wohl nciht gewesen sein? Christopher, glaub ich nciht... Jmd anders aus der Klinik? Hm... bleibt nur der Psychiater... aber wenn, wieso? Naja ich schwebe noch recht im Dunkeln^^

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    Original von Nightflower



    Du scheinst dich da ja sehr gut auszukennen, daher nun meine Frage: wie behandelt man das? Gibt es Medikamente, die zB das Frontalhirn in seiner Aktivität runterschrauben?
    Ich hab neulich bei "Bones" ne Folge gesehen, wo es auch um so Zwangshandlungen ging mit immer 12 Teilen und bei nem anderen mit Angst vor Keinen und ner Art Therapie von 2. wo sie sich mit Schlamm beschmieren mussten etc.
    Ich kann mir vorstellen, dass man sowas mit dem Zwang es anders tun zu müssen, also zB sich mit Schlamm beschmieren zu müssen wenn man Angst vor Keimen hat, dass das dann wirklich helfen kann da auszubrechen.
    Aber wie bricht man aus solchen Gewaltgedanken oder Sexgedanken aus? Weil da hilft "es tun" vermutlich nicht... :rolleyes


    Im nächsten Abschnitt hab ich die medikamentöse Therapie versucht in Worte zu verfassen.


    Das was Du beschreibst, ist die sogenannte Konfrontations oder auch Expositionstherpie.
    Die verwendet man aber nicht nur bei Zwängen - dort auch eher bei Handlungzwängen, wie Wasch, Putz, Ordnungs, Kontrollzwang - besonders bei Angststörungen und Phobienbehandlung kommt das zum Zuge.


    Aber nicht so, daß man ins "kalte Waser" geschmissen wird, sondern nach auführlichen vorherigen Sitzungen und auch peu à peu, sozusagen mit Steigerungen.
    Eine der wirksamsten Methoden.


    Manchmal macht man beides zusammen, also Konfrontation und Medikamente (SSRI) gleichzeitig - hängt vom Schwergrad ab.


    Aber im Frontalhirn laufen bei reiner Konfrontationstherpie ähnliche Veränderungen ab, wie mit Medikamentengabe.
    Sprich, der Transmitterhaushalt kommt auch dadurch oft wieder besser ins Gleichgewicht.
    Nur ist es anfangs oft sehr schwer, Klienten dazu zu bringen, genau das zu tun, wovor sie die größte Angst haben - oder auch, da in sehr vielen Fällen zusätzlich eine Depression oder andere Störung vorliegt und man dann Medikamente einsetzt, um die Klienten überhaut therapiefähig zu bekommen.
    Denn eine solche Expositionstherapie ist sehr sehr harte Arbeit.
    (Aber sie lohnt sich)



    Bei den Zwangsgedanken ist die VT ein klein wenig anders. Ähnlich zwar der Konfrontation, aber eben auch mit mehr kognitivem Anteil. Das heißt Gedankenstrukturen zu analysieren und die zu verändern.
    Aber eben auch, genau die schweren Sitationen zu üben, die in den Gedanken vorkommen.


    Ein Messer halten bsp.
    Sehr häufig kommt der Zwang vor, daß man glaubt, jemanden überfahren haben könnte.
    Dann fahren die Betreffenden die Strecke sehr oft noch mal ab, immer und immer wieder - glauben sich selber aber nicht, daß sie niemanden überfahren haben, auch wenn auf der Strecke wirklich niemand verletztes liegt.
    Das führt dann eben auch zur Vermeidung vom Auto fahren.
    Da übt man dann bsp. gezielt das fahren.
    Erst mit jemandem nebenbei, dann alleine - OHNE zurückzufahren. zu lernen, sich zu glauben und vertrauen, daß man niemanden überfahren hat.
    Denn - und das unterscheidet eben Zwang vom Wahn - die Klienten WISSEN ganz genau, daß sie es nicht getan haben, glauben sich aber nicht.



    Denn das ist bei sehr vielen Zwangskranken ähnlich - sie glauben sich nicht mehr und auch nicht an sich selber.
    daher ist eben so wichtig, den Glaube an sich seler wiederzuerlenen und sich selber zu vertrauen

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    Original von Nightflower
    Vielen Dank Johanna! :)
    Schön, dass jmd das so genau erklären kann! :)


    Dh wenn man denkt, dass man Babys Gewalt antut, dann muss man eig öfters Babys halten und lernen sich selbst mehr zu vertrauen?


    Ja, das wäre als Expositionsübung (Exposition: sich etwas aussetzen, in diesem Fall dem Angst-/Zwangauslöser) genau richtig. Aber da man ja nur schlecht andere Menschen bitten kann, deren Baby auf den Arm nebmen zu dürfen, um zu lernen, dass man dem Kind nichts antun wird, macht man so etwas häufig über Übungen wie z. B. die düsteren Gedanken aussprechen oder aufschreiben.