Noch mehr Stadtgeschichten - Armistead Maupin (Band 3)

  • Auf ein Neues in der Barbary Lane 28, San Francisco. Hier wohnen außer der Hausbesitzerin Miss Madrigal die angehende Journalistin Mary Ann, der schwule Michael und Bryan, dessen Beziehung zu Mary Ann sich von einer Affaire hin zu einer verbindlichen Beziehung entwickelt.


    Die hat es mittlerweile bis in einen Fernsehsender geschafft, und ist damit einen guten Schritt auf der Karriereleiter emporgeklommen. Aber leider ist ihr chauvinistischer Chef nicht bereit, ihr ohne Gegenleistung sexueller Natur einen Platz als Nachrichtensprecherin zukommenzulassen. So muss sie auch weiterhin ein grenzdebile Mittagsshow moderieren und deshalb kommt ihr die Geschichte einer entfernten Bekannten, DeDe, gerade recht: die Tochter ihres ehemaligen Chefs konnte sich und ihre Zwillinge nur mit knapper aus Jonestown retten, jener berühmten Kommune in Guyana, die durch einen spekatulären Massenselbstmord zu trauriger Berühmtheit gelangte. Delikat ist diese Angelegenheit, weil alle Welt glaubt, DeDe und ihre Kinder seien dort ums Leben gekommen und, da ihre Familie zu San Franciscos High Society gehört, ihr plötzliches Wiederauftauchen ganz ungebührlichen Presserummel für sie und ihre Mutter bedeuten würde.
    Mary Ann soll diese Geschichte nun möglichst ohne Kolateralschäden veröffentlichen. Das sie damit in ein haarsträubendes Abenteuer tappt, kann sie nicht ahnen.


    Vergleichsweise unspektakulär ist da der zweite Handlungsstrang, die Sinnsuche ihres Freundes Michael. Der sucht zwar den Mann fürs Leben, was ihn aber nicht daran hindert, jeden Mann zu vögeln, der nicht bei drei auf den Bäumen ist.

    Ähnlich wie die Krimis von Michael Nava, sind die Stadtgeschichten eine faszinierende Momentaufnahme San Franciscos in den frühen 80er Jahren. Im Gegensatz zum Rest der USA sind hier die Träume der 68er Wirklichkeit geworden. Anonymer Sex ist in der Schwulenszene ein so verbreiteter Zeitvertreib, dass sich offenbar regelmäßig die Frage stellt: geht Mann baden oder sucht er sich doch lieber einen Typen zum Pimpern? Statt Kondomen hat ein echter Kerl Poppers in der Tasche und offensichtlich landete man mit jedem, mit dem man länger als zehn Minuten spricht, im Bett. Das war in der Tat amüsant zu lesen, auf Dauer aber doch ein wenig schwanzlastig, zumal die Sorglosigkeit solch ungehemmter Promiskuität mit dem heutigen Wissen über AIDS, das damals wohl schon vor der Tür stand, nahezu naiv wirkt.
    Gleichzeitig geht es auch sonderbar bürgerlich-romantisch zu: Heirat, egal ob in einer homo- oder heterosexuellen Beziehung, gilt als Lebensziel. Miss Madrigal, die Vermieterin, kifft zwar permanent und bäckt Spacecakes, und doch stammt das Gras, biodynamisch, aus dem eigenen Garten, und auch sonst kümmert sie sich wie eine italienische Mama um Leib und Seele ihrer Mieter


    Auch diese Stadtgeschichten, der dritte Band, sind ein herrlich kurzweiliges Lesevergnügen, das in Kreisen spielt, die mir ungefähr so vertraut sind wie das japanische Königshaus. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich dort auch nur eine Minute glücklich geworden wäre. Doch der Botschaft, die in diesem herzerwärmenden Buch steckt, kann ich unumwunden zustimmen: Jeder möge nach seiner Facon selig werden.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Mir hat auch dieser 3. Teil wieder gut gefallen. Immer noch sehr Soap Opera, aber auch ein bisschen Krimi, verwoben mit Familiengeschichte und San Fran Lokalkolorit. Es macht Spaß über die bunt zusammengewürfelte Familie in 28 Barbary Lane zu lesen.


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