erstmals erschienen 1986
Stevenson hat offenbar eine Vorliebe für harte Kontraste. So heiß die Sonne im zweiten Band der Serie um den schwulen Privatdetektiv Donald Strachey vom Himmel brannte, so eisig kalt ist es in Band drei. Das Wort ‚Ice’ im Titel ist wörtlich zu nehmen. Vor allem aber gibt es Schnee, massenhaft. Die Menge überfordert auch die Stadtverwaltung von Albany/NY. Geräumt werden können immer nur bestimmte Straßen, abwechselnd. Wo geräumt wird, wird vorher bekannt gegeben, denn wer sein Auto in diesem Gebiet parkt, darf es später irgendwo im tiefverschneiten Nirgendwo abholen, gegen Gebühr, versteht sich. Eben das passiert unserem Helden.
Nicht daß er nicht gewarnt gewesen wäre. Timmy, mit dem er inzwischen ein Haus teilt, hat ihn darauf hingewiesen, daß in ihrer Straße geräumt wird. Aber Strachey hat es irgendwie überhört. Nun muß er die Folgen tragen. Dabei hat er sowieso schon die schlechteste Laune der Welt. Er verabscheut nämlich Winter. Sein Ziel ist es, Timmy zu einer mehrmonatigen Reise in südliche Gefilde zu überreden, mindestens bis kommenden Februar. Aber Timmy sieht das anders. Es ist also nicht alles rosig zwischen den beiden zur Zeit.
Dass Strachey beim Abholen des Autos eine Leiche findet, trägt zu seiner Laune nicht bei. Da der Tote in seinem Auto sitzt, wird das Auto auch noch beschlagnahmt. Strachey hat übergenug, noch ehe die anonymen Anrufe kommen und er etwas herausgeben soll, das er seines Wissens gar nicht hat. Das ‚etwas’ entpuppt sich schnell als 2,5 Millionen US-Dollar. Und damit wird der metertief gefrorene Boden Albanys unter Strachey Füßen plötzlich sehr, sehr heiß.
Wenn man schon anerkennend zur Kenntnis genommen hat, wie Stevenson im Vorgängerband die Sommerhitze schilderte, so kann man seine Beschreibungen des Winters im Staat New York nur noch tief bewundern. Gleich, ob in Stracheys wütenden Tiraden gegen das Wetter, Timmys Freude am Winter oder Ned Bowmans Leiden daran (zusammen mit Stracheys gezielten Unverschämtheiten hat er dieses Mal wirklich viel auszustehen), der Winter wird fast zu einer weiteren Figur in der vertrackten Geschichte. Es dauert einige Zeit, bis sich herausstellt, wer der Tote ist und was er mit dem Geld zu tun hat. Stracheys Ermittlungen führen in den städtischen Wahlkampf. Korrupte Politiker, ein verkommenes Wahlsystem und eine böse Familiengeschichte tragen ihr Teil bei.
Die Geschichte ist flott erzählt, wenn es auch ein wenig dauert, bis sie Fahrt aufnimmt. Timmy wird tief in den Fall hineingezogen. Im Unterschied zu den Vorgängerbänden hält sich Strachey bei anderen Männern zurück, Aids ist inzwischen ein Thema. Stevenson behandelt es ebenso wie die zweifelhaften Methoden im Wahlkampf überzeugend, aber zurückgenommen. Er ist kein politischer Autor. Die Mischung aus hard boiled und Häkelkrimi ist sein Markenzeichen und er behält sie bei. Eine Wendung im Geschehen ist deswegen auch ein bißchen zu platt, aber trotzdem gut geschrieben und spannend zu lesen.
Stark ist Stevenson bei der Charakterisierung seiner Figuren, gut wie böse, bis hin zu den Nebenfiguren, selbst wenn sie nur zweimal auftreten. Sein Sinn für abseitige Szenen ist unverändert wach, die Dialoge enthalten viel Wortwitz. Hervorheben muß man das Schlußkapitel. Es besteht aus zwei Sätzen. Sie haben hemingswaysches Format.
Sehr lebendige und unterhaltsame Lektüre, gleich, ob man den Winter mag oder nicht.