'Die göttliche Komödie' - Fegefeuer - 01. - 16. Gesang

  • Dass Cato als Nichtchrist und Selbstmörder jetzt im Fegefeuer erscheint, gibt der Verurteilung der Seelen eine liberalere Note als vorher, wirkt aber genau dadurch willkürlicher, nicht nachvollziehbar (da wirken auch alle Kommentare an den Haaren herbeigezogen).


    Jetzt, wo Catos Frau erscheint, fällt mir auf, dass es mir ganz entgangen ist, ob in der Hölle auch Frauen waren. Was ist eigentlich mit den Kindern? Die sind hoffentlich alle im Himmel!

  • Verglichen mit den Schilderungen der Hölle geht es im Fegefeuer bis jetzt (7. Gesang) ziemlich langweilig zu. Da passiert einfach nichts. Auch eine Art der Buße!
    Ich bin aber bei den meisten Seelen nicht darauf gekommen, warum sie eigentlich im Fegefeuer sind, die meisten scheinen ja auch Opfer gewesen zu sein, die nur durch ihren gewaltsamen Tod keine Zeit mehr zur Reue hatten.

  • Wie soll ich das jetzt verstehen, dass im 12.Gesang "heidnische" Götter zu sehen sind? Ich dachte, die existieren für die christliche Kirche nicht.


    Drei Stunden später: Jetzt hab ich's gerafft! Das sind nur Darstellungen, und zwar von Hochmut!

  • Anscheinend hat in der damaligen Zeit Astrologie eine große Rolle gespielt. Wie passt das zum Christentum? Hier wird es so weit relativiert, dass zwar die Sterne Einfluss darauf haben, mit welchen Charakterzügen einer geboren wird, aber doch jeder die freie Entscheidung hat, wie er sie fördert oder zügelt.

  • Zitat

    Original von made
    Dass Cato als Nichtchrist und Selbstmörder jetzt im Fegefeuer erscheint, gibt der Verurteilung der Seelen eine liberalere Note als vorher


    Ehrlich gesagt, an der Stelle hätte ich beinahe das Buch weggeworfen. Die Art und Weise, wie Dante sich für große Namen begeistert und darüber alles Andere vergißt, geht mir schwer auf den Keks. Nachdem er uns gerade in der Hölle erklärt hat, daß es die größtmögliche Sünde ist, gegen Cäsar zu sein, bewacht ausgerechnet einer von dessen größten Gegnern den Eingang zur Seligkeit.


    Zitat

    Original von made
    Schon seit einiger Zeit frage ich mich, wenn Dante den Lauf von Himmelskörpern beschreibt und von den Polen spricht, ob er sich die Erde schon als Kugel vorstellte.


    Ganz klar ja. Nach meinem Kommentar hat man sich die Kugelgestalt so vorzustellen, daß nur die eine Halbkugel von Menschen bewohnt ist. In ihrer Mitte liegt Jerusalem, und direkt darunter das Höllentor, zu dem Dante von Vergil geführt wurde. Genau entgegengesetzt, auf der anderen Seite der Erdkugel, liegt der Läuterungsberg (der Ort des Fegfeuers), an dem in der Version von Dante auch Odysseus sein Ende gefunden hat. Sowohl der Höllenkrater als auch der Läuterungsberg entstanden, als Luzifer vom Himmel auf die Erde geschleudert wurde - er steckt ja auch immer noch im Krater fest. Darum konnten Dante und Vergil am Fell Luzifers entlang auf die andere Seite der Welt klettern - und darum dreht sich Vergil, worüber Dante sich wundert, irgendwann beim Klettern kopfüber um.


    Zitat

    Original von made
    Anscheinend hat in der damaligen Zeit Astrologie eine große Rolle gespielt. Wie passt das zum Christentum? Hier wird es so weit relativiert, dass zwar die Sterne Einfluss darauf haben, mit welchen Charakterzügen einer geboren wird, aber doch jeder die freie Entscheidung hat, wie er sie fördert oder zügelt.


    Ich habe mir in der Zwischenzeit mal den allgemeinen, gesangunabhängigen Kommentar reingezogen. Eines der Hauptanliegen Dantes war offenbar, gegen die Lehre vom Determinismus anzugehen (nach der die Sterne das Schicksal des Menschen vorherbestimmen). Der Glaube daran, daß die Gestirne Einfluß auf das Schicksal haben, war wohl allgemein verbreitet und galt als Wissenschaft. Die erwachende Rückbesinnung auf die Antike dürfte das noch gesteigert haben.


    Was mir an dem Buch nach wie vor überhaupt nicht gefällt, ist der total verkochte Eintopf aus christlicher Religion, antiker Sage und oberitalienischer Politik. Vor allem Dantes einseitige Parteinahme für die "Lateiner" (jeder Grieche, der auch nur ansatzweise gegen Aeneas war, fndet sich unweigerlich in der Hölle wieder).
    Was ich wirklich liebe: die kleinen Szenen. Die Flucht vor den Teufeln in der Hölle, das ratlose Herumstehen am Strand des Läuterungsberges, bis die neuen Seelen zum Berg gescheucht werden.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

  • Zitat von Josefa
    Vor allem Dantes einseitige Parteinahme für die "Lateiner" (jeder Grieche, der auch nur ansatzweise gegen Aeneas war, fndet sich unweigerlich in der Hölle wieder).


    Zitatende


    Ich habe auch den Eindruck gewonnen, dass Dante nicht auch die kleinste Spur von Zweifeln an der christlichen Religion bzw. an dem, was die Kirchenleute verbreiteten, aufkommen lassen will. Da wird nicht diskutiert, es ist einfach so!
    Ich habe so eine Vorstellung von der Zeit, dass die Kirche bis in den letzten Winkel des Alttags hineingewirkt hat. Alles und jeder, der außerhalb davon stand, wurde verurteilt.

  • Würde ich jetzt so nicht unbedingt unterschreiben. Zweifel an der christlichen Religion - ja, natürlich. Das kann es nicht geben. Damit ist er Kind seiner Zeit. Der Weg zur Erlösung führt einzig und allein über den Glauben an Jesus Christus. "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben." (Allerdings reitet er schon ziemlich auf dem Thema "gerechte Heiden" herum. Das kommt wohl später im Paradies nochmal. Laut meinem Kommentar hat Dante dieses Problem ziemlich zu schaffen gemacht. Daß jemand, der gar keine Chance hatte, von Christus zu erfahren, trotzdem aufgrund seines Unglaubens in der Hölle bleiben muß, erscheint auch Dante ungerecht. Allerdings konnte er auf dem Boden der christlichen Lehre seiner Zeit keine andere Lösung anbieten als die der göttlichen Gerechtigkeit: Gott hat so entschieden, und da Gott die Gerechtigkeit selbst ist, muß diese Entscheidung auch gerecht sein, selbst wenn sie sich menschlicher Vernunft entzieht.)


    Was allerdings die organisierte, die Amtskirche angeht, da ist Dante ein glühender Gegner. Das Papsttum seiner Zeit, vor allem das zunehmende politische Weltmachtstreben der Päpste, die sich von den Kaisern unabhängig machen wollen, hält er für die Ursache aller schlimmen Zustände in seiner Heimat. Dabei übersieht er großzügig, daß Welfen und Gibellinen sich von jeher bekriegt und sich eher nebenbei mal auf kaiserliche und mal auf päpstliche Seite geschlagen haben.


    Dante hat noch das ursprüngliche Bild der "mittelalterlichen Gewaltenteilung" im Kopf: der Papst führt die Christenheit zum seelischen Heil, der Kaiser zum ewigen Frieden. - Das hat in der Praxis wohl eigentlich auch nie wirklich funktioniert, aber in der Theorie klingt es hübsch.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

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