Italo Calvino - "Herr Palomar"

  • Italo Calvino: Herr Palomar
    Fischer Taschenbuchverlag. 2012. 121 Seiten
    ISBN-13: 978-3596904433, 8,99 €
    Originaltitel: Palomar
    Übersetzt aus dem Italienischen von: Burkhart Kroeber


    Klappentext:


    Herr Palomar ist ein leidenschaftlicher Beobachter. Was immer sich seinem neugierigen Blick offenbart – das Spiel der Wellen im Meer, der Mond am Nachmittag, ein nackter Busen oder die verlockende Auslage eines Käseladens in Paris –, seine Phantasie treibt ihn in abenteuerliche Denkspiralen und Selbstgespräche.


    Zum Autor:


    Italo Calvino, am 15. Oktober 1923 in Santiago de las Vegas auf Kuba geboren, wuchs in San Remo auf. Er arbeitete mehrere Jahre als Lektor des Verlages Einaudi und als Redakteur bei verschiedenen Zeitschriften. Sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und in alle Weltsprachen übersetzt. Italo Calvino starb am 19. September 1985 in Siena.


    Meine Meinung:


    Herr Palomar ist in seiner Skurrilität eine liebenswerte Figur. In kurzen Kapiteln erfährt man von den Überlegungen, die er tagtäglich anstellt. Man sieht durch seine Augen Dinge, die durch seine Gedanken zu etwas Besonderem werden.


    Der Autor besitzt Witz und Charme, die unaufdringlich durch die Worte nach oben steigen. Manchmal möchte man Herrn Palomar küssen, manchmal ist man froh, dass er nicht Teil des eignen Lebens ist, dann wieder kann man nur mit (oder über ihn?) lachen.


    Die Geschichten haben etwas Philosophisches. Selbst Banales (zwei unterschiedlich große Pantoffeln zum Beispiel) wird zu etwas Metaphysischem. Ich fühlte mich großartig unterhalten. Exemplarisch zitiere ich eine Stelle, die das Denken von Herrn Palomar erklärt. Er denkt über ein Denkmodell nach:


    Um ein Modell zu konstruieren – das wußte Herr Palomar -, braucht man etwas, wovon man ausgehen kann, mit anderen Worten, man muß Prinzipien haben, aus denen man durch Deduktion seine Überlegungen herleiten kann. Solche Prinzipien, auch Axiome oder Postulate genannt, wählt man nicht, sondern hat man schon, denn hätte man keine, könnte man gar nicht zu denken beginnen.


    Wer sich selbst zum Beobachten und Denken verführen lassen will, der sollte dieses Buch lesen.


    Ich gebe 10 von 10 Punkten.

  • Wenn man als Büchereule auf einem Flohmarkt den Blick über die Buchrücken schweifen lässt und auf den Titel "Herr Palomar" trifft, hält man abrupt inne. Da klingelt was! ;-) Und schon ist das Buch in der Hand.


    Was für ein entzückendes Buch mit einem sympathischen, kauzigen Hauptdarsteller, der seine Umwelt genau beobachtet und sich so seine Gedanken macht. Er nimmt Dinge wahr, die mir noch nie aufgefallen sind. Kein Wunder, dass ich die Beschreibung des Nachmittagsmondes persönlich nachprüfen musste. Ich bin tatsächlich in den Garten gegangen und habe den Mond gesucht, aber leider nicht gefunden habe. Mondaufgang war an diesem Tag erst um 20.57 Uhr.


    Zu mühsam war es mir dann doch das Teleskop vom Dachboden herunterzuschleppen, um Herrn Palomars Beobachtungen des Sternenhimmels nachzuvollziehen und über den Charakter der Planeten zu sinieren. Allerdings konnte ich die Schwierigkeiten mit Teleskop, Sternenkarte und Taschenlampe aus eigener Erfahrung sehr gut nachvollziehen.


    Aber natürlich bleibt es nicht bei diesen Beobachtungen. Sie führen ihn zu weiteren Überlegungen, in denen er zu Erkenntnissen kommt, sie neu überdenkt und korrigiert.
    Es geht um ihn und seinen Bezug zur Welt, über Selbsterkenntnis, das Schweigen, über die Unmöglichkeit, Erfahrungen weiterzugeben.
    Mal sind seine Gedanken skurril, humorvoll, mal philosophisch, ernst, aber jedesmal überraschend.


    Herr Palomar, vielen Dank für dieses Lesevergnügen! :wave