Secondhand-Zeit: Leben auf den Trümmern des Sozialismus - Swetlana Alexijewitsch

  • Edit am 8.10.15:
    ISBN war weg, neu eingegeben, Glückwunsch zum Literaturnobelpreis!


    Von Amazon:
    Der Kalte Krieg ist seit über zwanzig Jahren vorbei, doch das postsowjetische Russland sucht noch immer nach einer neuen Identität. Während man im Westen nach wie vor von der Gorbatschow-Zeit schwärmt, will man sie in Russland am liebsten vergessen. Inzwischen gilt Stalin dort vielen, auch unter den Jüngeren, wieder als großer Staatsmann, wie überhaupt die sozialistische Vergangenheit immer öfter nostalgisch verklärt wird. Für Swetlana Alexijewitsch leben die Russen gleichsam in einer Zeit des "secondhand", der gebrauchten Ideen und Worte. Wie ein vielstimmiger Chor erzählen die Menschen in ihrem neuen Buch von der radikalen gesellschaftlichen Umwälzung in den zurückliegenden Jahren.


    Autorenbio vom Klappentext:
    Swetlana Alexijewitsch, 1948 in der Ukraine geboren und in Weißrussland aufgewachsen, arbeitete als Reporterin. Über die Interviews, die sie dabei führte, fand sie zu einer eigenen literarischen Gattung, dem dokumentarischen »Roman in Stimmen«. Alexijewitschs Werke wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt, und sie wurde vielfach ausgezeichnet, u.a.1998 mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.


    Für mich ist das heutige Russland eine abgewrackte mittelalterliche Diktatur. Aber warum? Hilft dieses Buch, Russland zu verstehen? Ja und nein. Die Autorin hat zweimal (Anfang der Neunziger und dann wieder in den letzten Jahren) Menschen reden lassen. Sie interviewt nicht, sie hört zu. Das ist immer interessant und ergreifend zu lesen. Auch sehr brutal und grausam. Sie sprach mit Menschen aller Herkunften, jeden Alters. Da wird Stalin verherrlicht, der UdSSR hinterhergeweint. Da wird immer noch von einem gerechten Kommunismus geträumt und der Kapitalismus verteufelt. Die Aussage "Russland braucht eine starke Hand. Eine eiserne Hand. Einen Aufseher mit Knüppel." erklärt vielleicht noch am ehesten, warum Putin schon so lange möglich ist. Russland hat seinen eigenen Weg. Für mich ist das derzeit der Weg des phlegmatischen Hinnehmens. Man will keine weitere Revolution, keine weitere Veränderung und insbesondere keine weitere Enttäuschung. Und: Russland ist nicht Moskau. Moskau ist für die meisten Menschen weit weg.


    Einziger Punktabzug: Mir persönlich kam Putin etwas zu kurz. Daher ist dies mehr ein Buch in der Rubrik Geschichte als in der aktuellen Politik. Trotzdem eine klare Kauf- und Leseempfehlung für Interessierte.


    Der kürzeste Witz:


    Zitat

    Putin, der Demokrat


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