Verlag: Knaur TB
erschienen am 2. Dezember 2013
zum Inhalt:
Nachdem Kittys Eltern gestorben sind und sie ohne Mitgift keine Aussicht auf eine baldige Heirat hat, beschließt sie, ihrem älteren Bruder Thomas nach London zu folgen. Unter der bekannten Adresse kann sie ihn nicht finden. Kitty bleibt nichts anderes übrig, als sich in der großen Stadt auf die Suche zu machen. Dabei lernt sie den windigen Daniel kennen und lieben. Wenig später nachdem sie ihm von ihrer Schwangerschaft erzählt hat, ist er spurlos verschwunden. Die gemeinsame Tochter Helen wächst fortan ohne Vater auf, während ihre Mutter täglich erneut ums Überleben kämpft.
zur Autorin: Quelle Droemer Knaur Verlag
Sandra Lessmann wurde 1969 geboren. Nach der Fachhochschulreife lebte sie fünf Jahre lang in London, wo ihre Liebe zu England erwachte. Zurück in Deutschland studierte sie Geschichte, Anglistik, Kunstgeschichte und Erziehungswissenschaften in Düsseldorf. Ihr besonderes Interesse galt der englischen Geschichte. Nach dem Studium arbeitete sie am Institut für Geschichte der Medizin, doch ihre wahre Leidenschaft ist seit der Kindheit das Schreiben.
meine Meinung:
Sandra Lessmann hat sich erneut der Epoche des 18. Jahrhunderts in England gewidmet. Sie zeichnet dabei ein detailliertes und beeindruckendes Sittengemälde zur Zeit des Königshauswechsels von Stuart zu Hannover. Sie schildert die Zeit aus Kittys Sicht, einem nur geringfügig über Geld verfügendes Mädchen vom Land. Die unbedarfte junge Dame muss sich auf die Umstände in der Großstadt anpassen und sich dabei immer wieder Übergriffen widersetzen. Den stetig lauernden Gefahren wie Diebstahl, Vergewaltigung oder gar Mord steht sie anfangs recht naiv gegenüber.
Die Charaktere der verschiedenen Gesellschaftsschichten werden ausreichend genug ausgearbeitet, um die eine oder andere Wendung einzubauen. Sprachlich bewegt sich die Autorin dabei in einer verständlichen, der Zeit angepassten Weise, die den Lesefluss unterstützt. Zwischen den Handlungen der Figuren fließen deren Alltagsprobleme wie mangelnde Hygiene und Krankheiten wie Pocken oder Typhus ein. Die Perspektive aus der untersten Schicht, wie sie Kitty darstellt, steht im Kontrast zum ausschweifenden Leben des Adels. Die Kurtisane ist das Bindeglied dieser Gesellschaftsschichten, sodass der Leser einen umfassenden Blick genießt. Schonungslos werden diverse Wünsche erfüllt und gleichzeitig von anderer Stelle die seinerzeit übliche Sanktionen verhängt. Viele ertrugen ihr Schicksal nur mittels Alkohol, was die Gewaltbereitschaft zusätzlich erhöhte.
Die Geschichte nimmt die interessierten Leser vom ersten Kapitel an gefangen. Obwohl das Hauptaugenmerk auf den fiktiven Figuren liegt, kann man auch den Werdegang von einigen historisch belegten Persönlichkeiten nachverfolgen. Gerade in der Unterwelt gab es seinerzeit perfekt organisierte Verbindungen, mit denen sich Kitty immer wieder auseinander setzen muss. Die Einbettung des durchaus vorstellbaren Lebenslaufs einer jungen Frau in die reale Historie ist gelungen. Lediglich das dramatische Ende hätte dezenter sein können, führt aber nicht zum Punktabzug. Im Ganzen betrachtet ist es ein sehr lesenswerter historischer Roman, aus dem zwischen den Seiten die Geräusche und Gerüche des historischen Londons entströmen. (8 Punkte)