Originaltitel: Just What Kind of Mother Are You (2013)
Manhattan Verlag 2014, 350 S.
Über den Inhalt:
Lisa Kallisto ist verzweifelt: Lucinda, eine Freundin ihrer Tochter, ist spurlos verschwunden – dabei hätte sie in Lisas Obhut sein sollen. Die Polizei vermutet, dass Lucinda einem Vergewaltiger in die Hände fiel, der zuvor bereits eine Schülerin in seine Gewalt gebracht hatte. Um ihr Versagen wieder gutzumachen, macht sich Lisa auf die Suche nach Lucinda. Ohne zu ahnen, welch brisanten Geheimnissen ihrer englischen Kleinstadtidylle sie auf die Spur kommt …
Über die Autorin:
Paula Daly wurde in Lancashire geboren und lebt heute mit ihrem Mann, ihren drei Kindern und Hund Skippy im englischen Lake District. Sie arbeitete als freiberufliche Physiotherapeutin, lebte für kurze Zeit in Frankreich, vermisste aber bald den gewohnten Trubel und kehrte nach Großbritannien zurück. "Die Schuld einer Mutter" ist ihr von Presse und Lesern begeistert gefeierter Debütroman. Derzeit schreibt Paula Daly bereits an ihrem zweiten Thriller.
Meine Meinung:
Die Geschichte spielt im größten englischen Nationalpark, dem Lake District, einer Gegend, die hauptsächlich von der Schafzucht und vom Tourismus lebt. Lisa Kallisto gibt alles, um Ehemann, Kinder, Beruf und Haushalt unter einen Hut zu bekommen. Sie bewundert ihre Freundin Kate, der das alles scheinbar mühelos gelingt. Als Kates 13-jährige Tochter Lucinda und Freundin ihrer Tochter Sally spurlos verschwindet, gibt sich Lisa die Schuld daran. Denn wenn sie nicht vollkommen vergessen hätte, dass Lucinda bei ihnen übernachten wollte, wäre ihre Abwesenheit viel früher aufgefallen. Da vor kurzem bereits ein anderes Mädchen aus der Gegend entführt und vergewaltigt wurde, macht Lisa sich schreckliche Vorwürfe und versucht alles, um herauszufinden, was mit Lucinda passiert sein könnte.
Paula Dalys Schreibstil ist einfach, dabei direkt und recht emotional. Die Erzählstruktur ist interessant. Die Geschichte wird aus drei Perspektiven zusammengesetzt. Den Hauptanteil bestreitet Lisa, die in der Ich-Form erzählt. Eine sympathische Frau mit viel Herz, menschlich, fehlerhaft, unsicher, aber stark, wenn sie gebraucht wird. Des weiteren geben kurze Kapitel über den Entführer Einblick in seine Beweggründe. Und aus ebenfalls neutraler Erzählperspektive blicken wir auf DC Joanne Aspinall, und erhalten so die Möglichkeit, Details über das Vorgehen der Polizei und zugleich einiges aus Joannes Privatleben zu erfahren.
Sehr gut gefallen hat mir, dass die Autorin sich die Zeit nahm, über Lisas Alltag zu schreiben. Das Wissen über ihre Arbeit, ihre Familie und alles andere lassen sie als komplexe und realistische Person erscheinen. Auch die anderen Charaktere im Roman sind sehr gelungen und wirken authentisch.
Ich hatte am Anfang nicht geglaubt, dass sich die Geschichte so spannend entwickeln würde. Und immer wenn ich dachte, ich weiß was als nächstes geschieht, kam es anders als gedacht. Die eingesetzten, überraschenden Wendungen bringen frischen Wind in das vertraute Thema Kindesentführung. Es hat etwas Voyeuristisches dabei zuzusehen, wie nach und nach die scheinbar heile Welt einer Familie zerpflückt wird. Der Autorin gelingt aber auch eine differenzierte Geschichte über Freundschaft, Fehlbarkeit und dem Geheimnis der zwischenmenschlichen Beziehungen, die bis zum Ende spannend bleibt und mit einer gelungenen Auflösung aufwartet.
Für ein Debüt wirklich erstaunlich gut.