Schlachtfeld Elternabend - Bettina Schuler, Anja Koeseling (Hrsg.)

  • Bettina Schuler, Anja Koeseling (Hrsg.): Schlachtfeld Elternabend. Der unzensierte Frontbericht von Lehrern und Eltern, Hamburg 2014, Eden Books, ISBN 978-3-944296-70-8, Softcover, 319 Seiten, Format: 19 x 12,6 x 2,7 cm, Buch: EUR 9,95 (D), EUR 10,30 (A), Kindle Edition: EUR 7,99.


    Wer mit dem Schulbetrieb nichts zu tun hat, hegt vielleicht die naive Vorstellung, dass Eltern und Lehrer stets an einem Strang ziehen, was die (Aus-)Bildung der Kinder angeht. Und zwar in dieselbe Richtung. Solange die Noten der Kids gut sind und es keine Berührungspunkte zwischen Erziehungsberechtigten und Schule gibt, mag das auch so sein. Zumindest kann man sich dieser Illusion hingeben.


    Doch wehe, es ist Elternabend! Dann prallen Ansichten, Anforderungen und Interessen mit Wucht aufeinander. Alle Beteiligten haben ihre eigenen Vorstellungen davon, was die Kinder lernen sollten und wie das vonstatten zu gehen habe. Und wenn dann auch noch Uneinigkeit herrscht über die Schulkantine, die Klassenfahrt, das verwendete Lehrmaterial etc. kann es zu tumultartigen Szenen kommen. Und man stellt überrascht fest: Huch, ich bin im Krieg!


    21 Autorinnen und Autoren, Eltern wie Lehrer, berichten in diesem Buch mit einer gehörigen Portion Galgenhumor von ihren Erfahrungen „an der Front“. Dass man die Beiträge nur selten den Verfassern zuordnen kann, hat gute Gründe. Neben Glossen und fiktionalen Kurzgeschichten sind auch eine Anzahl mehr oder weniger stark verfremdeter Tatsachenberichte dabei. Es gäbe vermutlich Ärger, wenn sich die Beteiligten darin wiedererkennen würden.


    Was der Leser wiedererkennt, sind die Typen, denen man an keiner Schule entkommt: Auf Lehrerseite ist da die/der Burn-out-Gefährdete … die/der wenig Motivierte … der Feldwebel und der Lehrer bei dem die pädagogischen Fähigkeiten nicht mit seiner Begeisterung für sein Fachgebiet mithalten können. Dann gibt’s noch die Frau Öko … den gestrengen Oberstudienrat und den noch energiegeladenen, übermotivierten Junglehrer, dem Schwung und Idealismus nur allzu schnell vergehen werden.


    Auf Elternseite spielen mit: die Rabenmutter, die sich oft grundlos ein schlechtes Gewissen einreden lässt … die Pflegeleichten … die omnipräsenten Helikoptereltern … die Gleichgültigen … die Abgekämpften, die „Chantal-Eltern“ und – ein Fall für sich – die Eltern, die selber LehrerInnen sind.


    Helden wie Schurken sondieren das Schlachtfeld, wählen ihre Waffen und kämpfen für ihre Interessen, ihre Ideale oder einfach ums Prinzip. Wie das praktisch aussieht, erzählen uns die Autoren in dieser bunten Mischung an haarsträubenden und herrlich komischen Geschichten. Da ist zum Beispiel der zerstreute Papa, der nicht richtig zugehört hat und nun nicht weiß, welches seiner Kinder Elternabend hat und an welche Schule er folglich muss. Echte Kerle rufen natürlich nicht zu Hause an und fragen ihre Frau. – Und dann ist da die Dame, die sich im Termin geirrt hat und den Elternabend der 4a irrtümlich für eine Selbsthilfegruppe hält.


    Als wahrer Albtraum entpuppt sich die Besprechung einer Klassenfahrt, und als in einer Grundschule Kopfläuse auftreten, ist das Drama riesig und die Eltern sind mit einer Schuldzuweisung schnell bei der Hand. Als vollends durchgeknallt erweisen sich die Mit-Eltern an der Waldorfschule. „Recycling gegen Ätherleib“ ist dort das Thema. Hä? – Ja, so ging es dem berichtenden Elternteil auch.


    Aber auch die Lehrer haben es nicht leicht. Egal, wie gut sie sich vorbereiten und wie geübt sie auch sind im Umgang mit Besserwisserei und Helikoptereltern, Anschuldigungen und Drohungen, Vorwürfen und Einmischung, Distanzlosigkeit und Blödheit – es passiert immer irgend etwas, das sie auf dem falschen Fuß erwischt. Sie können uns LeserInnen Leid tun! Aber erst, nachdem wir über die Beiträge herzlich gelacht haben.


    Nach verlorener Schlacht gilt es, möglichst ohne Gesichtsverlust den Rückzug anzutreten und die Wunden zu lecken. Doch da zwar viele Menschen bescheuert sind, aber zum Glück nicht alle, kommt es auch zu ungeahnten Allianzen, zu Waffenstilltand, Friedensverhandlungen und vereinzelt sogar zu Einsicht und Verhaltensänderungen. Alles ist gut – zumindest bis zum nächsten Elternabend.


    SCHLACHTFELD ELTERNABEND ist kein Ratgeber, sondern eine abwechslungsreiche Mischung unterhaltsamer und witziger Beiträge zum Thema … so etwas wie eine heitere Solidaritätskundgebung für betroffene Eltern und Lehrer. Es ist ja immer und überall das gleiche Spiel und die Akteure haben nur jeweils andere Namen. Weder Eltern noch Lehrer können diesem Wahnsinn entkommen. Also muss man da mit Anstand durch … irgendwie.


    Heike Abidi, eine der Autorinnen, empfiehlt: „Locker bleiben (…) Am besten tun Sie nichts, was Ihrem Nachwuchs peinlich wäre.“ Und Herausgeberin Bettina Schuler rät: „Verlieren Sie auf keinen Fall den Humor, sonst werden Sie untergehen.“ (Quelle: Pressetext von Eden-Books) Und noch eine weitere wichtige Erkenntnis beschert uns dieses Buch: „Jeder Mist ist auch Dünger“ (Seite 274). Das trifft nicht nur auf den Schulbetrieb zu.


    Elternabend-Geschädigte unter den LeserInnen werden vermutlich einige Geschichten in petto haben, die mit denen im Buch ganz gut mithalten können. Und Nichtbetroffene staunen darüber, was das ihnen Schicksal hier alles erspart hat. Oder vorenthalten, wie man’s nimmt.


    Die Herausgeberinnen
    Bettina Schuler, Jahrgang 1975, lebt und arbeitet als freie Journalistin und Autorin in Berlin. In ihrer Kolumne „Wir Mitte-Muttis“, die monatlich in dem Berliner Stadtmagazin „MITTESCHÖN" erscheint, gibt sie alle Tipps und Tricks preis, die sie als typische Berlin-Mitte-Mutti, die etwas mit Medien macht, so kennt.
    Anja Koeseling, geboren 1974, war als Journalistin und Publizistin tätig, bevor sie anfing, im Marketingbereich zu arbeiten. 2008 gründete sie die Literaturagentur Scriptzz mit Sitz in Berlin.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Als Kind habe ich meine Mutter schon des Öfteren zu Elternabenden begleitet, während meines Lehramtsstudiums ebenso welche besucht und auch jetzt wo ich selbst Mama bin, habe ich bereits Erfahrungen mit eben diesen gemacht. Ich kann mich an einige Dispute erinnern, die es vor Ort auszufechten gab und einige sind im Nachhinein betrachtet sicherlich auch noch amüsant gewesen. Von daher war ich sehr gespannt auf dieses Buch und habe mir davon eine unterhaltsame Lektüre versprochen.


    Dieses Buch wird sowohl als der Sicht von Eltern, als auch aus der Sicht von Lehrern erzählt. Wie eingangs bereits erwähnt, kann ich beide Sichten nachvollziehen, weil ich beide selbst erlebt habe. Trotzdem konnte ich mich in den Geschichten der insgesamt 21 Autoren kaum wieder finden, weder auf der einen, noch auf der anderen Seiten.
    Die Geschichten selbst sind zumeist amüsant erzählt und haben einen gewissen Unterhaltungswert, aus meiner Sicht sind sie aber total überzogen und aufgebauscht, was ja auch vollkommen okay ist für ein Buches, welches in erster Linie unterhalten soll. Und unterhalten, das konnte es mich auch. Zumindest zu Beginn, mit der Zeit wiederholte sich allerdings einiges und es wurde zwischendurch schon ein wenig langweilig.
    Trotz der recht gelungenen Einteilung in Kapiteln mit jeweils anderen Schwerpunkten, hatte ich während des Lesens nicht das Gefühl, dass diese Schwerpunkte tatsächlich auch inhaltlich vorhanden waren. Zumindest konnte ich inhaltlich kaum Unterschiede zwischen den Geschichten der unterschiedlichen Kapitel erkennen.


    Die inhaltliche Gestaltung des Buches hat mir hingegen sehr gefallen. Es gibt einige wenige passende Mini-Illustrationen, die mir gefallen haben. Ebenso gibt es alle paar Seiten mal ein kleines, aussagekräftiges Zitat aus der Geschichte fett gedruckt. Das lockerte das gesamte Buch immer wieder auf.


    Insgesamt muss ich allerdings sagen, dass ich mir von diesem Buch doch mehr versprochen hatte. Es war stellenweise unterhaltend, aber ich denke nicht, dass es über längere Strecken wirklich überzeugen kann. Ich würde empfehlen es immer mal wieder zur Hand zu nehmen und höchstens ein Kapitel am Stück zu lesen, dann kommt vielleicht keine solche Langeweile auf, wenn man das Buch am Stück liest.
    Von mir gibt es also eine recht durchwachsene und mittelmäßige Bewertung.

  • Ich habe schon einige Elternabende durch und hatte bisher Glück, bis auf wenige Eltern, die immer dieselben Fragen stellen (wieviel Geld soll das Kind mit auf Klassenfahrt mitnehmen, darf das Handy mit, was soll eingepackt werden etc.) ging alles gut. Vielen Eltern ist eh alles egal, es gibt nur noch wenige, die sich wirklich interssieren. Ich überlebe, ob ich das Buch meiner Patentante und ehemaligen Lehrerin schenke...