Benjamin Monferat: Welt in Flammen

  • Benjamin Monferat: Welt in Flammen
    Audiobuch Verlag 2014
    ISBN-13: 978-3899647952. 21,24€
    Sprecher: Oliver Rohrbeck
    586 Minuten
    , die gekürzten Fassungen von Audiobuch und audible sind gleich lang [edit]
    8 CDs im Kartonschuber, Einlegeblatt


    Verlagstext
    Mai 1940: Deutsche Panzer rollen westwärts. Während in Paris die Angst um sich greift, bricht der Simplon-Orient-Express ein letztes Mal nach Istanbul auf. An Bord des Zuges eine schicksalhafte Reisegesellschaft. Jeder von ihnen mit einem ganz eigenen Grund, diese letzte Fahrt unter allen Umständen anzutreten. Ebenfalls an Bord die Agenten aller kriegführenden Mächte. Was niemand von ihnen ahnt: Im Zug befindet sich etwas, nach dem Hitler seine Truppen in ganz Europa suchen lässt. Die Fahrt steht von Anfang an unter einem schlechten Stern. Jeder Grenzübertritt kann das Ende bedeuten. Jeder der Passagiere fürchtet den nächsten Tag. Schließlich bricht Feuer aus. Und während Europa in Dunkelheit versinkt, rast der Zug als lodernde Fackel durch die Nacht …


    Der Autor
    Hinter dem Pseudonym Benjamin Monferat verbirgt sich ein erfolgreicher deutscher Autor. Als Schriftsteller und Historiker hat er sich ganz der Geschichte verschrieben – in all ihren Bedeutungen. Neben einem Kleinbahnhof an der innerdeutschen Grenze aufgewachsen, gehört das Schnaufen historischer Dampflokomotiven zu seinen ältesten Erinnerungen. Die Lebensgeschichte seines Großvaters, der im Dritten Reich am Bau luxuriöser Salonwagen beteiligt war und gleichzeitig tätigen Widerstand gegen das Regime übte, war einer der Impulse, aus denen heraus «Welt in Flammen» entstand.


    Inhalt
    Der Simplon-Orient-Express bricht 1940 von der Gare de l’Est zu seiner letzten Fahrt von Paris nach Istanbul auf. Außer einem Gepäckwagen und den Schlafwagen führt der Zug den legendären „Wagon de L’armistice“ mit, in dem am 11.11.1918 im Wald von Compiègne der Friedensvertrag unterzeichnet wurde. Der Waggon soll Hitlers anrückender Wehrmacht nicht in die Hände fallen und möglichst vom Zielort Istanbul aus nach Syrien oder in den Libanon in Sicherheit gebracht werden. Dieser Zug symbolisiert Frankreichs ehemalige Größe. Rein taktisch gesehen ist mitten im Krieg ein Zug ein leicht zu treffendes Ziel. Die Konzentration wichtiger und sich wichtig fühlender Persönlichkeiten auf engem Raum lässt die Waggons wie ein Topf unter Druck wirken, der jeden Moment explodieren könnte. Für einen Teil der Reisenden ist diese Zugfahrt die letzte Möglichkeit, vor den Nationalsozialisten zu fliehen. Die Endgültigkeit dieses Schritts ohne Rückkehr scheint noch nicht jedem klar zu sein.


    An Bord befindet sich neben Mitgliedern einer Nebenlinie der Romanows u. a. Carol von Carpathien, Herrscher eines Karpatenstaates, den es nicht geben wird. Diverse Geheimdienste haben ihre Mitarbeiter und Mittelsmänner in Bewegung gesetzt; mancher Passagier des Zuges ist nicht derjenige, der er zu sein vorgibt. Man plustert sich auf, taxiert sich gegenseitig in einer aus den Fugen geratenen Welt, in der die Plakette Freund und Feind in kürzester Zeit wechseln kann. Darüber, wer seinen Auftrag ausführen kann und wer sein Ziel erreicht, darf gerätselt werden.


    Fazit
    Auf einem räumlich begrenzten Schauplatz sorgt „Benjamin Monferat“ durch schnelle Szenenwechsel und eine Vielzahl von handelnden Personen für Spannung. Die angesichts des drohenden Untergangs geradezu lächerliche Demonstration der von den Figuren für sich beanspruchten Wichtigkeit ist treffend gezeichnet. Elemente des Gesellschaftsromans und historischer Abenteuergeschichten fügen sich zu einer spannenden Handlung.


    Durch Oliver Rohrbecks äußerst vielseitige und wandlungsfähige Stimme werden die zahlreichen Figuren und ihre wechselnden Gemütslagen in der Hörbuchversion lebendig. Die vergangene Pracht der Salonwagen aus Messing und Holz wird u. a. in der gedrechselten Sprache der Diplomatie noch einmal zum Leben erweckt. Ein Einlegeblatt mit Namensliste und Skizze der Waggons unterstützt das überzeugende Hörerlebnis.


    9 von 10 Punkten

  • Hörprobe bei audible *klick*



    Zum Autor (von Wikipedia)
    Stephan Manfred Rother (Künstlernamen: Magister Rother und Stephan M. Rother) ist ein deutscher Historiker, Schriftsteller und Komödiant.
    Benjamin Monferat ist ein Pseudonym.


    Zum Sprecher (von Wikipedia)
    Oliver Rohrbeck (* 21. März 1965 in Berlin) ist ein deutscher Schauspieler, der vor allem als Hörspiel-, Synchron- und Hörbuchsprecher tätig ist. Darüber hinaus fungiert er als Dialogregisseur und Dialogbuchautor. Bekannt wurde Rohrbeck vor allem durch seine Rolle des ersten Detektivs Justus Jonas in der seit 1979 erscheinenden Europa-Hörspielserie Die drei ???. Seit 1998 ist Rohrbeck die feste deutsche Synchronstimme des US-amerikanischen Schauspielers Ben Stiller. Er ist Gründer und Geschäftsführer des in Berlin ansässigen Hörspiellabels und Liveveranstalters Lauscherlounge.


    Meine Meinung
    Dank der Eulen wurde ich auf dieses sehr spannende und interessante Buch aufmerksam :-) und mangels Lesezeit griff ich zur gekürzten und von Oliver Rohrbeck gelesenen Hörfassung.


    Benjamin Monferat nimmt seine Leser bzw. Zuhörer mit auf eine rasante Reise, die letzte Fahrt des Simplon-Orient-Express quer durch das durch das vom Zweiten Weltkrieg zerrissene Europa.


    Diese Fahrt dauert nur wenige Tage, Schauplatz ist fast ausschließlich der Zug, in dem sich die sehr unterschiedlichen und weitgehend fiktiven Haupt- und Nebenfiguren immer wieder in unterschiedlichen Konstellationen begegnen. Auch wenn diese Fahrt nie so stattfand und die meisten Figuren keine historischen Persönlichkeiten sind, hatte ich schnell den Eindruck, genau so hätte es sich zutragen können. Ähnlich wie bei Ken Folletts Jahrhundert-Trilogie gibt es auch hier keine eindeutigen Hauptfiguren, sondern eine relativ hohe Anzahl von Figuren, die eine wichtige Rolle spielen. Eva, die junge Jüdin, die in letzter Minute mit viel Glück noch in den Zug kam. Ein Widerstandkämpfer, Briten, Franzosen, Deutsche, Russen und der König eines kleinen Landes zeigen die unterschiedlichsten Positionen, die politische Situation jener Zeit. Die Figuren sind etwas plakativ gezeichnet, gleichzeitig jedoch in ihrem Handeln und Denken konsequent und glaubwürdig.


    Schnell fieberte ich mit Einigen um ihr Leben, war gefesselt von den zahlreichen Handlungssträngen, die äußerst geschickt miteinander verwoben sind. Nur selten gelingt es einem Autor so gekonnt, zwischen verschiedenen Erzählebenen zu wechseln und zügig zahlreiche Figuren einzuführen, ohne dass die Zuhörer das Gefühl haben, den Überblick zu verlieren.


    Das dem Hörbuch beigefügte Personenverzeichnis habe ich daher nicht benötigt, fand die Landkarte mit der eingezeichneten Fahrstrecke des Zugs und Einteilung der Zugabteile/-waggons jedoch hilfreich. Die Leidenschaft des Autors für das Thema Eisenbahn ist deutlich spürbar.


    Oliver Rohrbeck ist einer meiner Lieblingssprecher und auch hier erweckt er wieder gekonnt die verschiedenen Figuren zum Leben, vermittelt überzeugend die Atmosphäre im Zug, egal ob brisant, tragisch oder romantisch.


    Fazit
    Benjamin Monferat bietet mit "Welt in Flammen" rasantes Kopfkino im Hollywood-Stil mit lebendigen Figuren und einem ungewöhnlichen Schauplatz - dem Simplon-Orient-Express auf seiner letzten Fahrt quer durch Europa. Ein unterhaltsamer und spannender Roman, der sehr unterschiedliche Blickwinkel auf die politische Situation 1940 zeigt und von Oliver Rohrbeck ausgezeichnet gelesen wird. Ich bin nicht gespannt, ob sondern wann der Roman verfilmt wird.
    Ein empfehlenswertes Buch, dem hoffentlich noch weitere aus der Feder dieses bekannten Autors folgen werden.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

  • Ich finde, der Autor erzählt diese Mischung aus Abenteuer und Spionage mit viel gut recherchierten historischen Fakten und technischen Details, dabei sehr bildhaft und fesselnd, spannend. Von Anfang an fühlt man sich als Leser in die Geschichte mit den vielen, verschiedenen Charakteren hineingezogen und will nicht wieder loslassen. Passend zum Zug nimmt die Geschichte immer mehr an Fahrt auf, während man von Handlungsstrang zu Handlungsstrang wechselt und die Charaktere immer besser kennen lernt, die Details sich herauskristallisieren, und am Ende sogar noch sehr rasant wird. Die Clichees der verschiedenen Nationalitäten, die man gerne mit den Bewohnern verbindet, werden in den jeweiligen Personen schön dargestellt, einige Begebenheiten werden etwas überzeichnet, wirken etwas überladen, aber das tut der Story keinen Abbruch, und man verzeiht auch ganz kleine Ungereimtheiten – aber den Hollywood-Schinken als Verfilmung konnte ich mir fast bildlich vorstellen.

    Mein Fazit: Ein richtig guter Schmöker mit einem interessanten Thema, der sich von den aktuell vorhanden Romanen ziemlich abgrenzt und sehr zu empfehlen ist.