Christine Lehmann: Im Tal der roten Orchidee [ab 13 Jahre]

  • Christine Lehmann: Im Tal der roten Orchidee
    Verlag: Planet Girl 2014. 480 Seiten
    ISBN-13: 978-3522504027. 19,99€
    Vom Verlag empfohlenes Alter: Ab 13 Jahren


    Verlagstext
    „Auch du wirst einen Ort finden, wo dein Herz zu Hause ist.“ Als Isa mit ihrer Familie nach Kapstadt zieht, ist sie sicher: Hier will sie nicht lange bleiben. Doch plötzlich ist sie mitten drin im afrikanischen Leben. Mit dem Südafrikaner Greg begibt sie sich auf eine abenteuerliche Reise durch den Busch – dabei kommen die beiden nicht nur einem dunklen Familiengeheimnis auf die Spur, sondern auch sich selbst näher … Ein Roman der ganz großen Gefühle.


    Die Autorin
    Christine Lehmann wurde 1958 in Genf in der Schweiz geboren, ist aber keine Schweizerin, sondern lebt und arbeitet seit 1963 in Stuttgart. Sie hat 1997 mit der Serie der Krimis mit ihrer kultig-schrägen Reporterin Lisa Nerz begonnen. Die hat inzwischen einen eigenen Blog und ist auf Facebook. In der Jugendbuchreihe Planet Girl von Thienemann erscheinen Liebes-Thriller für Jugendliche, die nicht in einer fantastischen Welt spielen, sondern reale ferne Länder auf fantastische, romantische, aber auch abenteuerliche Weise erlebbar machen. Außerdem schreibt Christine Lehmann Gelegenheitstexte und Sachbücher. Für historische Romane hat sie zwei Mal das Pseudonym Madeleine Harstall verwendet.


    Inhalt
    Isabella hat das Vagabundenleben ihrer Familie satt. Noch ein Jahr bis zum Abitur in Kapstadt, dann will sie zurück nach Deutschland, endlich Fuß fassen und Freundschaften schließen, die länger als nur ein oder zwei Jahre dauern. Die Mutter der Achtzehnjährigen leitet in Kapstadt das Büro einer Filmproduktionsgesellschaft, vorher lebte die Familie in München, London und Paris. Als Ruderin fällt Isabella zuerst auf, dass es in Südafrika neben einer Trennung der Lebensbereiche von Weißen und Schwarzen auch eine strenge Trennung zwischen Männersport und Frauensport gibt. In ihrem Ruderclub sind nur Weiße aktiv. Isabellas spontane Idee, einen Wettkampf-Achter mit schwarzen Mädchen zu trainieren, trifft auf unerwartete Hindernisse. Wie viele hilfsbereite Menschen aus Industriestaaten hat Isabella vorher nicht bedacht, wie sie Mädchen aus den Townships überhaupt ansprechen kann und wie deren Fahrten zum Training mit öffentlichen Verkehrsmitteln finanziert werden sollen. Den Rat der Einheimischen, dass weiße Mädchen nicht allein in eine Siedlung der Schwarzen gehen, möchte Isabella ungern akzeptieren.


    Isas Ansprechpartner im Ruderclub ist Greg, ein beneidenswert gut aussehender weißer Südafrikaner, der ihr Projekt unterstützt, auch wenn Isa sich das ungern eingesteht. So unverschämt selbstsicher wie Greg auftritt, sortiert Isa ihn gleich in eine Schublade. Greg benimmt sich wie ein Bure, demnach kann er nur arrogant und rassistisch sein. Isa muss erst schmerzhaft lernen, dass es in Südafrika nicht genügt, die Opfer von Gewalt und die der Tat Verdächtigen in entsprechende Schubladen zu stecken. Südafrika ist auf dem Weg die Probleme des Landes zu lösen, indem Gegner aus der Zeit des Kampfes gegen das Apartheids-Regimes miteinander sprechen und die Position des Anderen respektieren lernen. Mit ihren forschen Urteilen bringt Isa sich nicht nur in peinliche, sondern auch in lebensgefährliche Situationen. Gregs abenteuerliche Spuren-Suche danach, was einmal zwischen Weißen und Schwarzen passierte, eröffnet Isabella die Möglichkeit, Südafrika außerhalb der Großstadt kennenzulernen und sich der zarten Liebe zu Greg zu öffnen.


    Fazit
    Isabella mit ihrer jugendlich-naiven Hilfsbereitschaft stand für mich stellvertretend für Weiße, die afrikanische Verhältnisse vorschnell mit europäischen Maßstäben beurteilen. Sie muss erst auf die harte Tour lernen, dass ihre Logik in Südafrika nicht greift und dass ihre für europäische Verhältnisse altersgemäße Auflehnung gegen Anordnungen afrikaerfahrener Personen sie im Extremfall das Leben kosten können. Hinter einem Buchcover des Genres Love & Landscape verbirgt sich hier ein Jugendbuch, das ein erfreulich realistisches Südafrika-Bild vermitteln kann. Das Wagnis deutschen Lesern Südafrika mit den Augen einer ausländischen Besucherin näherbringen zu wollen, gelingt Christine Lehmann nicht immer überzeugend. So fragt man sich, woher Isabella als Großstädterin ihre Kenntnisse über spezielle südafrikanische Belange hat, wenn sie doch entschlossen ist, „nur“ ihr Abitur hier abzulegen. Bei Isabella hatte ich mich schon gewundert, warum sie sich während ihrer Auslandsaufenthalte ihres nicht allen verständlichen Stuttgarter Dialekts noch nicht bewusst geworden ist. In der wörtlichen Rede von Greg jedoch, der in den Niederlanden aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, werden die süddeutschen Dialektausdrücke endgültig zum Fall für ein sorgsameres Lektorat.


    Trotz geringfügiger Kritik ein absolut empfehlenswertes Jugendbuch mit einer eher spröden, sportlichen Hauptfigur, die in Südafrika ihre erste Liebe erfährt und das Land von einer unerwarteten Seite kennenlernt.


    9 von 10 Punkten