Tom Drury: Das stille Land

  • Tom Drury: Das stille Land
    Verlag: Klett-Cotta 2015. 216 Seiten
    ISBN-13: 978-3608980226. 19,95€
    Originaltitel: The Driftless Area
    Übersetzer: Gerhard Falkner


    Verlagstext
    Als Pierre beim Schlittschuhfahren im Eis einbricht, wird er von der bildhübschen Stella Rosmarin gerettet. Die nur wenige Jahre ältere Frau lebt zurückgezogen in einem leer stehenden Haus am See. Prompt verlieben die beiden sich ineinander. Doch die Rettung war wohl alles andere als zufällig. An der Seite der schönen, aber schweigsamen Stella gerät der Taugenichts von einem sonderbaren Erlebnis ins nächste. Bei einem Ausflug nach Kalifornien zieht er sich ungewollt den Zorn eines gefährlichen Mannes zu, der auf Rache sinnt und ihn verfolgt. Zuhause erwartet Stella die beiden schon mit einem schaurigen Geheimnis, das über die Vorstellungskraft aller Beteiligten hinausgeht.


    Der Autor
    Tom Drury geboren 1956 in Iowa, zählt zu den wichtigsten amerikanischen Schriftstellern seiner Generation. Seine Romane wie »Das Ende des Vandalismus« und »Traumjäger« gelten als moderne Klassiker. Er veröffentlicht unter anderem im »New Yorker« und in »Harper’s Magazine«. Drury lebt in Iowa.


    Inhalt
    Pierre Hunter hat einfach ein besonderes Talent, sich kopfüber ins Unglück zu stürzen. Bereits als Schüler setzt er sich heldenhaft für seine Freundin ein, die wegen einer zirpenden Lampe vor ihrem Krankenhausfenster nicht schlafen kann. Pierre sorgt dafür, dass genau diese Lampe ausfällt. Nachdem die Lampe repariert worden ist, rückt Pierre unbeirrt wieder als Beschützer von Rebeccas ungestörten Schlaf an. Mit einem so entschlossenen Kämpfer gegen die Widrigkeiten des Alltags könnte es böse enden. Nach dem abrupten Ende einer sorgenfreien, behüteten Kindheit und damit auch dem Ende seiner Beziehung zu Rebecca treffen wir Pierre als Barmann an. Als würde man als Leser Pierre auf Schlittschuhen auf einer Eisfläche durch ein Eislabyrinth folgen, tauchen Abzweigungen in seinem Leben auf, von denen anfangs noch schwer einzuschätzen ist, wohin sie führen. Pierre trifft eine Reihe von Menschen, agiert für kurze Zeit jeweils zusammen mit einem davon, um dann weiterzuziehen und auf seinem Weg weitere Figuren zu treffen. Diese Begegnungen lassen Pierre aus dem geordneten Leben kippen, katapultieren ihn aber auch aus der Sicherheit der Realität wie auf eine Bühne und in ein Theaterstück hinein. Die gespannte Erwartung, wie Drury seinen Helden aus diesem Labyrinth wohl herausführen wird und ob der Autor einen Bogen zurück zum Beginn der Handlung schlagen kann, hält den Leser der Geschichte bei der Stange. Drury lässt einen im Ungewissen, ob die Figur, die gerade auftritt, weiter Bedeutung für die Handlung haben oder sang- und klanglos wieder abtreten wird. Sicherlich wird mancher Leser am Ende nicht herausgefunden haben, was er von der ganzen Sache halten soll, so wie Linda im Buch. Man könnte in diesem Roman den Schmetterlingseffekt entdecken, winzigste Auslöser für gewaltige Wirkungen – oder einfach Anteil am Schicksal der Figuren nehmen.


    Fazit
    Tom Drurys Stärke ist die liebevolle Beschreibung alltäglichen Lebens in der Provinz. Um sich von „Das stille Land“ fesseln zu lassen, muss man Plots mit sehr vielen Figuren mögen. Tom Drury ist es auf jeden Fall wert, als Autor entdeckt zu werden, aber es muss nicht dringend mit diesem Buch sein, Die Traumjäger eignen sich dazu ebenso gut.


    8 von 10 Punkten