"Im Gefängnis des Glaubens" - Lawrence Wright

  • Vollständiger deutscher Titel, der nicht ins Thema-Feld passte: "Im Gefängnis des Glaubens: Scientology, Hollywood und die Innenansicht einer modernen Kirche"


    Titel der amerikanischen Originalausgabe: "Going Clear: Scientology, Hollywood, and the Prison of Belief"


    Zum Buch (Amazon-Text)


    Die Sekte der Stars: Was Scientology so attraktiv und gefährlich macht


    Scientology ist eine der umstrittensten sogenannten neuen religiösen Bewegungen. In Deutschland wird die Organisation vom Verfassungsschutz beobachtet. Was aber macht Scientology immer wieder attraktiv für Menschen auch in Deutschland? Warum hat Scientology so große Anziehungskraft gerade auf Hollywood?


    In seinem neuen Buch begibt sich der Pulitzer-Preisträger Lawrence Wright (»Der Tod wird euch finden« über Al-Qaida) in das Herz von Scientology. Nach jahrelangen Recherchen im Umfeld der Organisation schildert er ihre Gründung durch den Science-Fiction-Autor L. Ron Hubbard, die bisweilen bizarr anmutenden Glaubensinhalte und die aggressiven Praktiken gegenüber Mitgliedern, Abtrünnigen und Kritikern. Seine Gespräche mit dem Filmregisseur und Ex-Mitglied Paul Haggis verschafften Wright tiefe Einblicke in die auffällig enge Beziehung gerade von Filmschaffenden – unter ihnen etwa Tom Cruise und John Travolta – zu Scientology.


    Über den Autor


    Lawrence Wright ist ein amerikanischer Autor, Drehbuchschreiber und Journalist. Seit 1992 arbeitet er für das Magazin »The New Yorker«. Sein Buch »Der Tod wird euch finden« über die Geschichte von Al-Qaida war ein internationaler Bestseller und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem dem renommierten Pulitzer-Preis.


    Meine Meinung


    Interessant fand ich, wie eine neue Religion entstehen kann. Im Grunde halte ich alle Religionen für von Menschen erfunden, aber Scientology gehört zu denen, bei denen wir noch lebende Zeitzeugen haben, und die Entwicklung praktisch live mitverfolgen konnten. Der Autor hat sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und akribisch eine Vielzahl von Details zusammengetragen und beschreibt die Entwicklung der Organisation, beginnend bei der Biographie des Gründers L. Ron Hubbart bis zur Gegenwart.


    Das Buch beschäftigt sich hauptsächlich mit der Führungselite, zunächst Hubbart selbst und sein direktes Umfeld, der Führungsorganisation Sea Org, und später mit David Miscavige, der als Vorstandsvorsitzender des Religious Technology Center (RTC) an der Führungsspitze der Organisation ist. Es enthält viele Interviews mit Scientologen und ehemaligen Mitgliedern der Organisation und beschreibt die Gründung der Kirche, ihre Infiltration von Regierungsbehörden und die Misshandlungen von Mitgliedern (die die Organisation bestreitet).


    Ein großes Thema ist die Verbindung zu Hollywood und das Anwerben einflussreicher Hollywoodstars über das Celebrity Center. Insbesondere auf Tom Cruise und John Travolta geht der Autor ausführlich ein, ohne dass hier jedoch irgendwelche pikanten Details veröffentlicht, oder Skandale aufgedeckt werden.


    Das Buch ist keine Aussteigerstory und wie das Leben normaler Mitglieder, die nicht Mitglieder der Sea Org sind, kommt im Buch vielleicht etwas kurz. Der Autor distanziert sich meiner Meinung nach eindeutig von Scientology, beschreibt aber eher auf sachliche und unaufgeregte Weise, als dass er Stellung nimmt und kommentiert. Das heißt nicht, dass er unkritisch wäre, aber er überlässt es seinen Lesern, sich sein eigenes Urteil zu bilden. Je weiter man nach hinten kommt, desto mehr Stellen sind mit Sternchen versehen, die zu Fußnoten führen, in denen so etwas steht wie "Die Kirche bestreitet alle alle Missbrauchsvorwürfe gegen David Miscavige", "Der Anwalt von Tom Cruise teilte mit, dass Cruise bestreitet, dass das Treffen jemals stattfand".


    Durch die Detailfülle und die vielen Namen und Begriffe fand ich das Buch streckenweise etwas trocken. Das Buch ist auch verfilmt worden, der Film wurde auf dem diesjährigen Sundance Film Festival vorgestellt.


    Ich gebe 4.5 von 5 Sternen (= 9 von 10 Eulenpunkten)
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