Der Architekt des Sultans von Elif Shafak

  • Titel: Der Architekt des Sultans
    Autorin: Elif Shafak
    Gebundene Ausgabe: 600 Seiten
    Verlag: Kein & Aber; (1. April 2015),24,90


    Beschreibung (Amazon):
    Istanbul, 1540: Mit seinem weißen Elefanten öffnen sich für Jahan unverhofft die Tore des prachtvollen Sultanspalasts und lassen ihn in ein Reich des unermesslichen Überflusses und der betörenden Schönheit eintreten. Aufgrund seiner Aufgewecktheit wird er bald zum Gehilfen des Chefarchitekten Mimar Sinan ernannt, dem »Michelangelo der Osmanen«, dessen Bauten Istanbul und die Türkei heute noch prägen. Doch hinter Jahans neuem Glück lauern Intrigen und Kriege, die alles bedrohen, was ihm wichtig ist. Ein Roman über Freundschaft, Liebe und Architektur Elif Shafak auf der Höhe ihrer Fabulierkunst.




    Die Geschichte des Jahan, der im 16. Jahrhundert aus HIndustan nach Istanbul kommt. Er begleitet den weißen Elefanten Chota , ein Geschenk des Schahs an den Emir des Osmanischen Reiches.


    Istanbul mit seinen Bewohnern, das Leben mit Katastrophen und die unterschiedlichen Bauweisen der Häuser werden anschaulich beschrieben.
    Man taucht ein in das Leben des Sultanspalastes mit seinen verschiedenen Höfen. einer Menagerie, seinen vielen Bewohnern, erlebt die Machtausübung wie gering der Grat zwischen Wohlwollen oder Vernichtung ist. Die Grausamkeit wie mit möglichen Konkurrenten umgegangen wird


    Sinan wird Baumeister und plant monumentale Bauten mit Weitsicht. Er ist ein begnadeter Architekt.betraut seine vier Schüler mit vielen Aufgaben, fördert sie, und versucht das beste zu erreichen. Man kann ihn sich als einen sehr weisen Mann vorstellen.
    Die Bauvorhaben mit tausenden von Arbeitern aus aller Herren Länder , die alle herumwuseln, welche Anstrengungen nötig sind um alles zu vollenden, sind sehr detailliert geschildert.


    Jahan, der vom Elefantenführer in den nächsten Jahren eine Karriere als möglicher Nachfolger von Sihan macht, lernt man gut kennen.
    Er wird von Sihan entdeckt, der ihn zu einem seiner Schüler macht. Durch seine wißbegierende Art eckt er oft an und versucht auch oft bessere Lösungen zu finden. Er ist sehr neugierig und kommt dabei immer wieder in prekäre Situationen, dadurch kommt es zu einem Kontakt mit einer Zigeunertruppe. Dies ist sehr ungewöhnlich, da er schon bei seiner Ankunft vor ihnen gewarnt wurde .
    Die Geburt des Elefanten und die abenteuerliche Überfahrt wird von ihm gegenüber seiner Prinzessin wie ein Märchen geschildert. Diese unerfüllte Liebe zur Prinzessin begleitet ihn bis an sein Lebensende.


    Die bildhafte Sprache der Autorin versetzt einen an die verschiedenen Schauplätze, wie das Haus Sinans mit seinem Garten, die Bäume und Blumen in der Menagerie, an die Baustellen. Die Zeichnung der Charaktere sind ihrer Situation angepasst.


    Ein ausführlicher Roman im orientalischen Erzählstil, der dem Leser das Wirken eines großen Baumeisters vermittelt. Noch heute kann man seine Bauwerke bewundern. Ein Buch, dass man allen Istanbulbesuchern empfehlen kann.



    Ein Glossar befindet sich am Ende des Buches. Das Format ist ungewöhnlich und der Schutzumschlag mit Cover passend zum Inhalt.


    8 von 10 Eulenpunkten

  • Ich habe das Buch nach einem Drittel circa abgebrochen. Es war mir zu langatmig und irgendwie...farblos. Ich konnte mit den Charakteren nicht warm werden und die Geschichte ist nicht richtig in Schwung gekommen. Schade, ich hatte mir mehr davon versprochen.

  • Zitat

    Original von Schwarzes Schaf
    Ich habe das Buch nach einem Drittel circa abgebrochen. Es war mir zu langatmig und irgendwie...farblos. Ich konnte mit den Charakteren nicht warm werden und die Geschichte ist nicht richtig in Schwung gekommen. Schade, ich hatte mir mehr davon versprochen.



    Ja, man braucht viel Geduld für dieses Buch, habe es zum Schluß quergelesen ;-)

  • Istandbul ist im 16. Jahrhundert die Hauptstadt des osmanischen Reiches. Der junge Inder Jahan reist im Auftrage seines Herrn mit einem weißen Elefanten zum Sultan und bleibt fast ein Leben lang. Verliebt in ein wunderschönes Mädchen wird er ein Schüler von Sinan, einem der berühmtesten Architekten aller Zeiten. Seine Moscheen zieren noch heute die Stadt. Touristenheere belagern das Herz der Stadt, um die Meisterwerke Sinans zu bestaunen. Es fällt nicht schwer zu verstehen, warum eine Autorin wie Elif Shafak auf den Gedanken gekommen ist dieser Epoche und ihren berühmtesten Köpfe einen Roman zu widmen. Und es ist keine geringe Leistung die Sie dabei vollbracht hat.


    Fast zärtlich führt sie den völlig entwurzelten Jahan in die Geschichte ein. Sinan nimmt sich dem menschlichen Treibgut an und bildet ihn aus. Tausend und eine Nacht werden hier zu Tausend und einer Geschichte. Es wimmelt in dem Buch nur so von kleinen und großen Weisheiten, Emotionen, Verrat, Liebe, Barbarei und Schönheit, die sich in zahllosen Bauwerken manifestieren, die Sinan entwirft. Der Architekt ist Dreh- und Angelpunkt des Romans. Wahrheit und Genreliteratur vermischen sich miteinander und lassen ein exzellent geschriebenes Buch entstehen, dem man jedes Wort abnimmt, so wahrhaftig wirkt das alles auf mich. Ein absolutes Lesevergnügen!

  • „Die Feindseligkeit ist ein Käfig, das Talent ist ein gefangener Vogel. Zerbrich den Käfig, lass den Vogel frei und in die höchsten Höhen fliegen.“ S. 181 Diesen Rat gibt Meister Sinan seinem Schüler Jahan, den Rachegelüste zermürben, nachdem dessen Stiefvater die Mutter getötet hatte. Die Ausbildung bietet einen Ausweg, denn „Jeder Handwerker, jeder Künstler schließt einen Bund mit dem Göttlichen“

    Unter jedem Bauwerk …liegt, tief unter dem Fundament, der Mittelpunkt des Universums. Dieses Wissen wird dich mit größerer Sorgfalt und Liebe arbeiten lassen.“ S. 213 Der Suche nach diesem Mittelpunkt des Universums nun begegnet Jahan immer wieder.


    Im 16. Jahrhundert ist im Osmanischen Reich nicht viel Zeit für die Bedürfnisse des einzelnen: die Kluft zwischen Herrschenden und Beherrschten ist groß, Willkür, Vetternwirtschaft und Intrigen greifen um sich, der Brauch der Knabenlese führt dem Heer unermüdlich Nachwuchs zu, indem Jungen aus benachbarten Ländern ihren Familien entrissen und zwangsislamisiert werden. Zwar ist auch diesen ein Aufstieg bis ins oberste Amt des Großwesirs, des vom Herrscher eingesetzten Regierungschefs, möglich – aber die Luft ist dünn. In der Herrscherfamilie selbst ist es in dieser Zeit guter Brauch, dass der Thronfolger beim Tod des Vaters sich aller jüngeren Brüder als Konkurrenten entledigt – mit der Bogensehne, damit das edle Blut nicht vergossen werde, dann folgt gern der Bau eines prächtigen Mausoleums für die edlen Toten.


    Eigentlich hatte es Jahan als Begleitung des jungen weißen Elefanten Chota in den äußeren Ring des Palasts geschafft und sich dort als Mahut, als Elefantenführer, verdingt – aber seine Neugier und sein Talent führten ihn mit Sinan zusammen, dessen Schüler er wird. Der Originaltitel des Buches lautet passender „The Architect’s Apprentice“, „Der Lehrling des Architekten“, denn Jahan ist die Hauptperson dieses Romans. Ähnlich wie in „Der Name der Rose“ beginnt die Erzählung als Rückblick des gealterten Jahan, werden spätere Entwicklungen teils bereits angedeutet.


    Meister Sinan, der wichtigste Architekt der klassischen osmanischen Architektur, gilt als der „Michelangelo des Osmanen“ und ist nur eine von vielen fiktionalisierten historischen Persönlichkeiten des 16. Jahrhunderts dieses Romans. Autorin Elif Shafak erläutert in ihrem Nachwort, gelegentlich Zusammenhänge an ihre Bedürfnisse für die Geschichte angepasst zu haben, auch ein Glossar ist im Nachwort enthalten. Dadurch lässt sich die opulente Geschichte recht flüssig lesen, nachdem ich gerade zu Beginn häufiger Nachschlagen (und Wikipedia konsultieren) musste. Dennoch fremdelte ich noch einige Zeit – ich suchte „den roten Faden hinter der Geschichte“. Eine Besprechung in der Süddeutschen Zeitung vom 10.08.2015 Lesen Sie die Rezension bei buecher.de
    (direkter Link ist kostenpflichtig) nennt den Roman „eine Liebeserklärung an das alte Istanbul der vielen Völker, Sprachen und Religionen – und damit auch eine Absage an die derzeitige Politik der Türkei.“


    Mag man den Roman unter diesem Blickwinkel lesen (ich war ja zugegebenermaßen nicht aus dem Roman heraus selbst auf diesen Gedanken gekommen), findet man einerseits die gesuchte Geschichte hinter der Geschichte, aber auch ganz anderen Zugang zu Schlüsselsätzen des Buches wie „Jahan kam der Gedanke, dass sich die meisten Gotteshäuser in zwei Kategorien einteilen ließen: Es gab diejenigen, die in den Himmel ragten, und diejenigen, die den Himmel der Erde näherbringen wollten. Sehr selten begegnete man einer dritten Art, auf die beides zutraf.“ S. 261 Und schließt letztlich aus seinen Erfahrungen „Wir sollten Kuppeln bauen, die den Menschen zeigen, dass es einen Gott gibt, und dass Er keine Gott der Sünde und der Hölle ist, sondern ein Gott der Liebe und Barmherzigkeit.“ S. 535 Die Ereignisse des Buches wie die Pogrome nach der Pest oder das ständige Lauern auf Fehler der anderen mögen der Einschätzung des oben genannten Rezensenten zur angeblich "guten alten Zeit" eher widersprechen, dafür aber andere Parallelen aufzeigen.



    Trotz der wunderschönen Geschichte, ihrer bestechenden Üppigkeit und der grandiosen Fabulierkunst Shafaks fehlte mir hier der klarere Zugang von zum Beispiel „Der Geruch des Paradieses“ zum Kern der Geschichte, obgleich die Autorin auch dort mehrere Deutungen zulässt.


    „Der Mittelpunkt des Universums lag weder im Osten noch im Westen, sondern dort, wo ein Mensch sich der Liebe ergab.“ S. 574


    8 von 10 Punkten

  • Sehr späte Antwort, aber ich habe das Buch halt erst jetzt gelesen:


    das Buch ist sehr informativ zu der Zeit im Osmanischen Reich - für unsere Region würde man von der Renaissance sprechen und der Architekt im Buch ist Sinan, Zeitgenosse von Michelangelo oder da Vinci (letzterer wird auch besucht). Mir war die Epoche in der Türkei sehr fremd, so dass ich viel bei Wikipedia nachgelesen habe und mir ein Personenverzeichnis erstellt habe - das hätte ich mir im Buch schon gewünscht. Kein leichter Zugang also, aber ich kann ihn mir auch nicht leichter vorstellen. Liegt am Thema.