Junge rettet Freund aus Teich - Heinz Strunk

  • Titel: Junge rettet Freund aus Teich
    Autor: Heinz Strunk
    erschienen: 1. September 2014
    Seiten: 288 Seiten
    Verlag: rororo
    Sprache: Deutsch


    Kurzbeschreibung:


    Mathias ist sechs Jahre alt.
    Bald wird er in die Schule gehen. Er wohnt in der Siedlung, bei Mutter, Oma und Opa, die er alle sehr liebt. Weihnachten ist schon ganz nah; es schneit, und Schnee ist fast noch gemütlicher als Regen. Nur hört man leider nichts, wenn es schneit, da ist dann wieder Regen besser.


    Mathias ist zehn Jahre alt.
    Die großen Ferien wird er bei Oma Emmi auf dem Land verbringen. Die Kinder dort wachsen ganz anders auf, man kann hier viel Spaß haben. Mutter riecht den Braten: sie gönnt ihm die Freude nicht. Da kann sie noch so oft behaupten, Mathias sei ihr Verbündeter.


    Mathias ist vierzehn Jahre alt.
    Mutter ist mit ihm ins Hochhaus gezogen und hat Oma in ihrem Elend alleingelassen. Opa ist im Heim, noch so ein Verrat. Doch Mathias ahnt: im Grunde genommen trägt er die Verantwortung für Mutters Lage, obwohl er natürlich auch nichts dafür kann. Wer kann schon was für seine Geburt?


    Über den Autor:
    Der Schriftsteller, Musiker und Schauspieler Heinz Strunk wurde 1962 in Hamburg geboren. Er ist Gründungsmitglied des Humoristentrios „Studio Braun“. Sein Buch „Fleisch ist mein Gemüse“ verkaufte sich über 400.000-mal.


    Meine Meinung:
    Heinz Strunk nennt seinen Protagonisten Mathias Halfpape, so wie er selbst im wirklichen Leben heißt. Es ist also naheliegend anzunehmen, dass Strunk autobiografische Versatzstücke in diesem Roman verarbeitet hat.
    Erzählt wird Mathias‘ Kindheit in drei Teilen. Der Autor lässt seinen Protagonisten selbst zu Wort kommen und ihm gelingt das Kunststück, in jedem Teil den altersangemessenen Sprachduktus genau zu treffen.
    Da erzählt das Kindergartenkind im ersten Teil aus seiner sehr beschränkten Welt und Sichtweise zwischen Großelternhaus und Kindergarten. Der Grundschüler erweitert seinen Horizont und setzt sich intensiv mit der Beziehung zu seiner Mutter auseinander. Der pubertierende Mathias bewegt sich am Rande des Verbotenen und spricht die Sprache des heranwachsenden Außenseiters.
    Noch stärker schafft Strunk es, jenen Außenseitern einen Raum in seinem Buch zu verschaffen, die sonst nur als Statisten des Lebens wahrgenommen werden. Schonungslos und hemmungslos zeigt er den nervösen Klavierstimmer, der durch seine Nervosität zum Gespött der Leute, den rauchenden Gärtner, der mit steigendem Alkoholpegel zum Ekel wird.
    Fast zärtlich zeigt Strunk den inneren Verfall von Mathias‘ Mutter, einer Klavierlehrerin, die ihr Dasein zwischen talentlosen Schülern und den wenigen Konzerten fristet. Schleichend entzieht sich Mathias innerlich seiner Mutter, die ihren Sohn nur noch mit elendigen Hausaufgabenkontrollen an sich binden kann.
    Großen Raum erhalten die Alten in diesem Buch- die Großeltern, Oma Emmi, die Großtante, bei der Mathias seine Ferien verbringt, Frau Klippstein, Frau Donath- liebevoll beschreibt Strunk deren altersgemäßen Verfall und auch hier wird nichts beschönigt, sondern schonungslos ehrlich beschrieben.
    Besonders gut hat mir gefallen, dass es dem Autor gelingt, die ersten ungetrübten Kindheitserinnerungen langsam mit der grausamen Wirklichkeit zu durchziehen. In die muntere Kinderplauderei mischen sich ernste Untertöne, die der Leser irgendwann nicht mehr überlesen kann. Ich habe bei der Lektüre oft gelacht und ein paar Sätze weiter standen mir die Tränen in den Augen, so schnell wechselte die Stimmung, so authentisch habe ich diese Schwankungen empfunden. Dabei bleibt Strunks Sprache stets nüchtern, fast teilnahmslos. Ein Buch ohne Schnörkel, das ich gerne gelesen habe und das mich gut unterhalten hat.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin