Antje Windgassen - Die Hexe von Hamburg

  • Broschiert: 401 Seiten
    Verlag: Gmeiner-Verlag
    erschienen am 5. August 2015


    zur Autorin: Quelle Gmeiner-Verlag
    Antje Windgassen ist in Hamburg geboren und aufgewachsen. Nach einem 14-jährigen Abstecher ins Nordrheinwestfälische lebt und arbeitet die Historikerin heute mit ihrer Tochter in einem kleinen Ort in Schleswig-Holstein. Seit 1986 schreibt sie vorrangig als freie Autorin und Fachjournalistin für Magazin- und Zeitschriftenverlage. Schwerpunktthemen ihrer bisher publizierten Bücher sind jedoch historische Frauenfiguren wie Alexandra David-Néel, Kasturbai Gandhi oder die Ehefrauen von Stalin, Mussolini, Mao Tse-tung und Co. Als echtes »Nordlicht« liebt Windgassen das Meer und dann und wann auch eine »steife Brise«. Ein scharfer Ostwind, so behauptet sie, ist wie geschaffen dafür, einem die nötige Standfestigkeit um die Ohren zu pfeifen.



    zum Inhalt:
    Für die angesehene Kaufmannsfamilie Claens aus Hamburg ändert sich alles, als ihre Tochter Anneke wegen Hexerei angeklagt wird. Eine ebenfalls als Hexe angeklagte Frau gesteht unter Folter, wie sie gemeinsam mit Anneke den Pakt mit dem Teufel eingegangen sei. Der Großnichte des Bürgermeisters wird nun zur Last gelegt, durch ein Amulett mit einer Teufelsfratze vier ehrbare Bürger ums Leben gebracht zu haben. Darunter sind ihr eigener Großvater und ihre Magd, die bei ihnen im Haus lebte. Nur ihre Mutter, ihr Bruder und ein befreundeter holländischer Kaufmann glauben an ihre Unschuld und wagen einen geschickt geplanten Befreiungsversuch.


    meine Meinung:
    Antje Windgassen nimmt eine Aufzeichnung aus dem Jahr 1622 zu Hilfe, um ihren spannenden historischen Roman zu kreieren. Die freie Stadt Hamburg fiel nie durch ihre Hexenprozesse auf, von denen es im Gegensatz zu Süddeutschland auch nur wenige gab. Der Fall liest sich wie ein Krimi, bei dem die Protagonistin unverschuldet in Gefahr geriet. Es explodieren Schiffsladungen, Räuberbanden stellen sich ihr in den Weg und immer wieder muss in die Trickkiste gegriffen werden, um die Vollstreckung der Strafe noch hinauszuzögern. Die einzige Chance scheint die Hexenwaage im fernen Holland. Die historisch belegten Eckdaten fügt die Autorin nun zusammen, passt sie sprachlich an, sodass daraus eine nachvollziehbare Handlung wird, die gut in die Zeit passen würde.


    Das alte Hamburg ist in den Beschreibungen ebenfalls erkennbar, auch wenn der alte Wall und einige Stadttore heutzutage nicht mehr vorhanden sind. Die Kulisse passt hervorragend zur Handlung und man spürt förmlich die Kälte, die Anneke in der Fronerey aushalten muss. Ebenso werden die Beziehungen der Personen untereinander beschrieben. Die aufkeimende Zuneigung zwischen Anneke und Maarten lässt sich genau so gut lesen wie die Mutterliebe zu ihren drei Kindern oder eben die Enttäuschung eines Vaters, wenn der Sohn doch nicht in seine Fußstapfen treten will. Hier erkennt man durch das tiefgezeichnete Gesellschaftsporträt die üblichen Regeln und Normen.


    Durch Annekes Bruder wird zudem noch ein weiterer Handlungsstrang um die Barbaren im nördlichen Afrika verwoben. Dieser wurde in Konstantinopel versklavt, wie es seinerzeit Tausenden von Menschen passierte. Auch diese orientalische Umgebung kann die Autorin bildhaft beschreiben und vermittelt eine Ahnung von den Gefahren, denen Reisende damals ausgesetzt waren.


    Intensiv und verstörend werden die Foltermethoden beschrieben. Hier schafft es Windgassen, dass man beim Lesen eine Gänsehaut bekommt, es aber erstaunlich unblutig zugeht. Die durch Aberglaube, Ängsten und fehlender Kombinationsgabe mancher Staatsdiener verhängten Strafen lassen heute nur noch den Kopf schütteln. Einmal begonnen, lässt sich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Der flüssige Schreibstil und die stetig steigende Spannung tragen dazu bei. Immer wieder musste ich mir ins Gedächtnis rufen, dass vor rund 400 Jahren jemand genau das in seinem Leben aushalten musste. Von daher bekommt das Buch von mir eine Leseempfehlung.

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