Kühe würden Margarine kaufen - Sven David Müller

  • Titel: Kühe würden Margarine kaufen. Gesünder leben mit pflanzlichen Fetten und Ölen
    Autor: Sven-David Müller
    Verlag: Schlüttersche
    Erschienen: März 2015
    Seitenanzahl: 144 Seiten
    ISBN-10: 3899938577
    ISBN-13: 978-3899938579



    Über den Autor: (Rückumschlag)
    Der Gesundheitsexperte Sven-David Müller ist Bestseller-Autor von 170 Publikationen, die in zahlreichen Sprachen erschienen sind. 2005 erhielt er das Bundesverdienstkreuz für seine besonderen Verdienste um die Volksgesundheit, insbesondere im Bereich Ernährungsaufklärung sowie 2014 die Ehrenmedaille für Kunst und Wissenschaft der Österreichischen Albert Schweitzer Gesellschaft. Sven-David Müller hat angewandte Ernährungsmedizin studiert. Der staatlich anerkannte Diätassistent und Diabetesberater der Deutschen Diabetes Gesellschaft ist erster Vorsitzender des Deutschen Kompetenzzentrums Gesundheitsförderung und Diätetik.



    Kurzbeschreibung: (Buchumschlag)
    Die einen schwärmen vom Genuss, den ein Butterbrot bereiten kann, die anderen schwören auf die gesundheitlichen Vorteile von Margarine. Für den bekannten Ernährungsexperten Sven-David Müller ist eine Sache klar: Margarine ist in jeder Hinsicht besser als ihr Ruf!
    Über das richtige Fett wird seit Jahren diskutiert. Welches ist das beste Fett? Und wieviel darf es überhaupt sein? Doch wer kennt schon den Unterschied zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren? Was sind Transfettsäuren und Omega-3-Fettsäuren?


    Sven-David Müller ist diesen und anderen Fragen auf den Grund gegangen. Dafür hat er in einer großen Transfettsäuren-Studie die Zusammensetzung von Margarine untersuchen lassen. Der Ernährungsexperte klärt über die pflanzliche Herkunft von Margarine auf, beleuchtet ihre Geschichte und Herstellung und gibt Hinweise, für wen Margarine die bessere Wahl ist. Der Autor zeigt außerdem, wie man Margarine zuhause ganz eifnach selbst herstellen kann.



    Meine Meinung:
    So...jetzt, wenn ich die Fakten runtergeschrieben habe, wird es schwer. Ich hab das Buch in der Bücherei (wie viele Bücher) eher zufällig bei den Neuerscheinungen entdeckt. Ich fand das Thema interessant und nahm es - als Butterfan - mal zur "Horizonterweiterung" mit. Und jetzt versuche ich mich nach Ewigkeiten an einer Rezension. Oder so...


    Also, meine Meinung zu diesem Buch - okay, die eine Seite der Medaille ist ja in der "Kurzbeschreibung" ja ganz gut beschrieben.
    Müller erzählt was zur Geschichte der Margarine, liefert ein paar Fakten zu Fetten und Fettsäuren und anschließend folgt seine "Transfettsäuren-Studie", in der neun Butterprodukte und zehn Margarineprodukte bzgl. ihrer Zusammensetzung im Labor getestet wurden.
    Daraufhin wird die Margarine (die eindeutig besser abschnitt) genauer unter die Lupe genommen. Er widmet sich den Bestandteilen der Margarine, den gesundheitlichen und ökologischen Aspekten und nimmt auch das umstrittene Palmöl genauer ins Visier. Auch die Möglichkeit der Verwendung von Margarine werden näher erläutert (welche Sorte wofür geeignet usw.), es folgen sogar einige Rezepte, um Margarine und margarine-ähnliche Aufstriche selbst herzustellen. Abgeschlossen wird das Ganze mit einigen Tipps für gesundheitsbewusste Ernährung im Alltag samt eines Lexikons der Fette.
    Alles in allem klingt dies zumindest in meinen Ohren ganz nett. Ein sachlicher Ratgeber mit einem sehr nüchternen Blick, der zu dem Schluss kommt, dass Margarine besser und Butter schlechter ist als ihr Ruf.


    Und doch hat mich dieses Buch beinahe von der ersten Seite an nur aufgeregt. Wäre es meins, ich hätte es wirklich an die Wand geklatscht! Ich glaube, irgendwann dachte ich wirklich, ich lese es nur noch, um einen Verriss zu schreiben. Okay, natürlich war ich neugierig, obwohl ich mit meinem bisherigen Wissen wenig von Margarine halte. Aber ich will ja nicht so verbohrt sein und Neugier dürfte nicht schaden. Und nein, bei dem folgenden "Verriss"-Teil geht es mir nicht darum, Butter als das Nonplusultra und Margarine als Teufelszeug hinzustellen (naja, obwohl ich das teilweise so sehe, aber das soll nicht viel zur Sache tun). Soll jeder selbst entscheiden, was ihm lieber ist. Und sicher gibt es auch Margarine-Sorten, die selbst ich "absegnen" würde und Butter-Nachteile, die mich auch zum Denken bringen (das war aber bereits vor diesem Buch der Fall). Und wenn jemand völlig auf tierische Bestandteile verzichten will, der ist bei der Butter nun mal falsch. Aber wie gesagt - mein Unmut stammt nicht von der "Schlussfolgerung" Müllers und seiner Margarine-Verehrung. Mein Unmut hat (zusätzlich?) noch ganz andere Ursachen und ja, ich hab mich tatsächlich nach Ewigkeiten eingeloggt, um diesen Verris hier schreiben zu können.
    :lache


    Also, was genau hat mich so wütend gemacht?
    - Bereits im Vorwort finde ich eine Passage, die mich an der Unabhängigkeit der ganzen Studie mehr als zweifeln lässt: "Die Durchführung der Transfettsäure-Untersuchung und der Zugang zu wissenschaftlichen Daten wurde in dankenswerter Weise von Unilever unterstützt". Aaaaha. Unter den 19 Produkten, die getestet wurden, schneiden die drei Unilever Produkte (Lätta Original, Rama und Becel Classic) gar nicht mal so schlecht ab. Das ist sicherlich ein Zufall, wie meine kleine Internetrecherche später noch so ergab...


    - Die "Theorieabschnitte" über Fettsäueren sind sicherlich nicht alle falsch, es finden sich auch hilfreiche Infos drunter, die auch mir nicht alle bekannt waren bzw. deren "Vertiefung" ich begrüße. Dennoch wird immer darauf schon regelrecht rumgeritten, dass und warum angeblich alles in der Butter ach so schlecht sein muss und die Margarine ach so gut. Zum Beispiel - weil es ja um die bösen Transfettsäuren geht - wird immer wieder darauf hingewiesen, dass diese ja auch in der Butter erhalten sind, sie entstehen nämlich durch die Verdauung der Kühe (simpel ausgedrückt). Und ja, diese mögen auch nicht sehr förderlich sein. Es fällt mir dennoch schwer zu glauben, dass es so gar keinen Unterschied macht, ob es sich um "natürliche" oder industriell hergestellte Transfettsäuren handelt. Soll ich wirklich glauben, es ist schnuppe, ob ne Kuh kaut oder Industrie "zwangsmäßig" Fett härtet? Hm, kann sein, aber widerstrebt meinem Glauben dennoch.


    - Wenn man schon sachlichen Ratgeber schreiben will, sollte man - trotz der vielen Fachbegriffe - vielleicht schon darauf achten, dass an wichtigen Stellen keine Fehler passieren. So steht auf Seite 20 im Buch: "Das Verhältnis von Omega-3 zu Omega-6-Fettsäuren sollte 5:1 betragen." Die Abbildung spricht von einem Verhältnis von 1:5. Na, was denn jetzt, Herr Müller? Ebenso ist es sehr sinnvoll, darauf hinzuweisen, dass Cholesterin durch Konsum gesättigter Fettsäuren steigen kann, dann aber einen Satz wie folgt zu verfassen: "Eine wichtige Ernährungsregel, um den Cholesterinspiegel zu senken, lautet: Ungesättigte Fettsäuren durch gesättigte ersetzen". Da war wohl jemand schon müde, oder? (Und ja, solche Fehler können passieren. Sind vielleicht das i-Tüpfelchen meiner Kritik)


    - Ich bin ja kein Ernährungsprofi, aber...er redet immer davon, dass in der Butter ja so viele gesättigte Fettsäuren sind, in der Margarine durch die pflanzlichen Öle eher die (mehrfach) ungesättigten überwiegen. Damit keine Fette gehärtet werden müssen (und somit möglichst keine Transfettsäuren entstehen), werden heutzutage angeblich feste Öle (Palm, Kokos) mit flüssigen Ölen (Raps, Sonnenblume) gemischt. Palmöl und Kokosöl haben jedoch unter den Ölen mit 46% bzw. 86% den größten Anteil gesättigter Fettsäuren unter den Fetten (die ja in der Butter so schlimm sind). Und Palmöl wird oft mit Palmkernöl vermischt, welches ja auch 83% gesättigter Fettsäuren unter den Fetten besitzt. Also kann da beim Mischen mit Raps- bzw. Sonnenblumenöl so viel an ungesättigten Fettsäuren ja nicht übrig bleiben. (Gut, die Studie sieht das natürlich anders, ich habe also umsonst Bedenken bei diesem Mischverfahren...)


    - Ach ja, Palmöl. Also, eine Palmöl-Diskussion möchte ich jetzt nicht starten. Interessant ist, dass Herr Müller doch ausführlicher darauf im Buch eingeht. Sicher, auch die letzten Bedenken gegen Margarine müssen ausgeräumt werden. Und wenn man schon keine Transfettsäuren hat, hat man immer noch das Problem mit dem Palmöl, was ja heute schon fast panikartig um sich greift. Wie gut, dass es den RSPO gibt. Diese Organisation setzt sich für nachhaltigen Palmöl ein. Diese Organisation, die vor allem aus Mitgliedern der Industrie besteht; die nicht ganz unumstritten ist; deren Vorsitz bei Jan Kees Vis offenbar liegt (oder lag?). Jan Kees Vis arbeitet für/bei Unilever. Zufälle gibt's...


    - Bezüglich der Bestandteile der Margarine geht Müller näher auf diese ein. Natürlich sind die Emulgatoren alle gesundheitlich unbedenklich. Schließlich entstehen diese auch im menschlichen Stoffwechsel. Außerdem ist Margarine sowieso länger haltbar als Butter, das nächste Argument für Margarine und gegen Butter. Er erwähnt auch Margarine, die mit Phytosterinen angereichert ist. Diese sollen ja den Cholesterinspiegel senken. Und diese waren auch der Streitpunkt zwischen Unilever und Foodwatch. Diesen Streit hat Foodwatch verloren (s.u.).


    - Auch sehr amüsant finde ich kurz vor der "großen Transfettsäure-Studie" den Hinweis, dass Studien fehlerhaft sein können (hier geht er auch auf bestimmte Studie bzw. Metaanalysen, die er meint, kurz ein). Ja, Herr Müller, das können sie durchaus sein. Und jeder, der mal ne Studie durchgeführt hat, weiß auch, wie gut man sich die Ergebnisse anpassen kann. Noch leichter dürfte dies einem fallen, wenn Unilever ein beträchtliches Sümmchen auf das eigene Konto überweist, aber dies ist natürlich reine Spekulation meinerseits.


    - Mein Zweifel an der Unabhängigkeit des Buches wurde durch kurze Internetrecherche nicht gerade verringert. Herr Müller hat ein Buch geschrieben, welches den niedrigen Obst- und Gemüsekonsum der Deutschen bemängelt. So weit, so gut. Aber bzgl. dieses Problems empfiehlt er den Konsum von Knorr Vie (Smoothie). (http://www.svendavidmueller.de…raucht-das-land-3495.html)
    Ok, ich mag Smoothies, aber fertige Smoothies als Ersatz für Obst zu empfehlen...nun ja. Und dass Knorr Vie aus dem Hause Unilever stammt, das muss sicherliich ein Zufall sein. :achtungironie


    - Ach ja, weiter fand ich einen Twitter-Beitrag von Herrn Müller, in dem er sich über den Sieg von Unilever gegen Foodwatch freut, Foodwatch nebenbei als "unsinnige Institution, die den Verbraucher verwirrt". In diesem Streit ging es meines Wissens um die angeblich cholesterinsenkende Margarine von Unilever, den ich ja bei Thema "Phytosterine" erwähnte. Ja dann...



    Ok, es ist an der Butter sicher nicht alles toll. Auch nicht an der Margarine alles nur schlecht. Mit der Aussage könnte ich leben. Es kann auch gut sein, dass Sven-David Müller genug verdient, keine weiteren Gelder nötig hat und einfach von Unilever, Margarine, RSPO usw. so überzeugt ist, dass er dies anderen näher bringen möchte. Und wer bin ich zu sagen, er liegt falsch und ich richtig? Vielleicht tue ich ihm ja Unrecht. Und vielleicht tue ich Unilever auch Unrecht. Mag ja sein. In meinen Augen unwahrscheinlich, ausschließen kann selbst ich dies nicht.
    Aber wenn einer ein Buch über Margarine schreibt, der schon Knorr Vie woanders empfiehlt, dann drei Unilever-Produkte testet und diese gut abschneiden und er auch noch zugibt (immerhin...), dass seine Studie dankenswerter Weise von Unilever unterstützt wurde - und das alles in Zeiten, in denen Unilever Streit wegen ihrer cholesterinsenkenden Margarine hat und Palmöl-Kritik (berechtigt oder nicht) wächst...nun, da liegt in meinen Augen der Gedanke nahe, dass Unilever Herrn Müller mit diesem Buch quasi beauftragt hat. Aber das ist natürlich reine Spekulation. Hm, darf man mir hier schon Verleumdung vorwerfen? Nun ja, ich hoffe nicht... :gruebel :rolleyes :bonk :grin

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • So stelle ich mir dich gerade vor, Gummi. Hast du genügend Dampf abgelassen, damit der Kessel nicht explodiert? :lache



    Danke für deine informative Rezi und die Internetrecherche zum Thema. Alles geldgeile Verbrecher, behaupte ich nur, die den gutgläubigen Verbraucher täuschen. Genau dafür braucht man Vereine wie foodwatch!!!

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Suzann ()

  • Zitat

    Original von Gummibärchen
    Mein Unmut hat (zusätzlich?) noch ganz andere Ursachen und ja, ich hab mich tatsächlich nach Ewigkeiten eingeloggt, um diesen Verris hier schreiben zu können.
    :lache


    Geile Rezi :grin


    Und ich finde ja, da darfst Du gerne ein büschen Unmut haben, wenn es dazu führt, Dich wieder öfter einzuloggen.
    Daß ich Dich hier vermisse, weißt Du ja :knuddel1


    Ich halte foodwatch auch für wesentlich seriöser, als eine Firma, die einem Autoren so wunderbare Studienergebnisse für sein Meisterwerk liefert.
    Wie man Statistiken so hinbiegt, daß sie einem passen, haben wir ja bereits im ersten Semester gelernt, ne :grin

  • Dass eine Firma Forschung unterstützt - aus nicht ganz uneigenützigen Motiven - ist ja nicht sehr selten. Leider ist es wohl auch nicht ganz so selten, dass dann die Forschung so ausfällt, wie es sich der Geldgeber wünscht. Es gibt da das Buch "Gekaufte Forschung" von Christian Kreiß, das einem echt die Augen öffnet. Von daher ist dein Misstrauen durchaus nachvollziehbar.


    Edit: Tippfehler